Problem

Autorin: Diplom-Finanzwirtin Rabea Schwarz

Der Unternehmer muss erhaltene Zahlungen - unabhängig von deren Bezeichnung als Prämie, Zuschuss, Beihilfe, Verlustausgleich o.Ä. - umsatzsteuerlich wie folgt unterscheiden:

umsatzsteuerbares Entgelt für eine vom Unternehmer an den Zahlenden erbrachte Leistung im Rahmen eines Leistungsaustauschs,

umsatzsteuerbares (zusätzliches) Entgelt des Zahlenden als Dritten für eine vom Unternehmer an einen anderen erbrachte Leistung,

nicht umsatzsteuerbarer echter Zuschuss.

Unter Entgelt wird alles erfasst, was der Leistungsempfänger für den Erhalt der Leistung aufwendet und was ein anderer dem leistenden Unternehmer für die Leistung gewährt. Mit der neuen Legaldefinition des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG zum 01.01.2019 ("Entgelt ist alles, was den Wert der Gegenleistung bildet, die der leistende Unternehmer vom Leistungsempfänger oder von einem anderen als dem Leistungsempfänger für die Leistung erhält oder erhalten soll, einschließlich der unmittelbar mit dem Preis dieser Umsätze zusammenhängenden Subventionen, jedoch abzüglich der für diese Leistung gesetzlich geschuldeten Umsatzsteuer.") sollen sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers keine materiellen Änderungen ergeben, da bereits die bisherige Vorschrift europarechtskonform ausgelegt worden sei. So dürfte der Begriff "Subvention" deckungsgleich mit dem im deutschen Umsatzsteuerrecht benutzten Begriff "echter Zuschuss" sein.

Insbesondere Zahlungen der öffentlichen Hand bereiten bei der umsatzsteuerlichen Beurteilung Schwierigkeiten und stellen trotz gemeinschaftsrechtlicher grundsätzlicher Klärung durch den EuGH (EuGH, Urt. v. 22.11.2001 - Rs. C-184/00, Office des produits wallons) oft streitige Einzelfallentscheidungen dar. Da die juristischen Personen des öffentlichen Rechts (z.B. die Kreise und Gemeinden) vermehrt zur Entlastung ihrer Haushalte öffentliche Aufgaben auf Unternehmer übertragen, stellt sich die Problematik der Zahlungen der öffentlichen Hand immer häufiger (BMF-Schreiben v. 15.08.2006, BStBl I, 502).

Leistungen eines Fremdenverkehrsvereins an eine Stadt und einen Regionalverband gegen einen "Sachkostenzuschuss", "Mietkostenzuschuss" und "allgemeinen Zuschuss" können gemäß dem Urteil des BFH vom 18.12.2019 - XI R 31/17 (HFR 2020, 555) steuerbare Leistungen sein, auch wenn die Allgemeinheit Vorteile aus den streitgegenständlichen Leistungen ziehen soll.

Praxistipp

Werden dem leistenden Unternehmer "Zuschüsse" in Aussicht gestellt, muss er diese richtig eingruppieren können, um ansonsten nicht einkalkulierte, zusätzliche Umsatzsteuerbeträge abzuwenden.

Echter Zuschuss

Zahlungen werden nicht als Entgelt, sondern als echter nicht umsatzsteuerbarer Zuschuss erfasst, wenn der Zahlungsempfänger durch die Zahlung ganz allgemein in die Lage versetzt wird, überhaupt tätig werden zu können. Bei Zahlungen eines echten nicht steuerbaren Zuschusses fehlt es an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit den Leistungen des Unternehmers. Ebenso sind Förderungen aus strukturpolitischen oder volkswirtschaftlichen Gründen als echte Zuschüsse zu werten, z.B. Beihilfen in der Landwirtschaft zu Struktur- oder Verhaltensänderungen:

Verpflichtung eines Landwirts zur Aufgabe der Milcherzeugung gegen Zahlung aufgrund einer EG-Verordnung (EuGH, Urt. v. 29.02.1996 - Rs. C-215/94, Mohr),

Kartoffelerntebeschränkung gegen Entschädigung (EuGH, Urt. v. 18.12.1997 - Rs. C-384/95, Landboden-Agrardienste),

Rodungsprämie für Apfelbäume zur Entlastung des übersättigten Apfelmarkts (FG Brandenburg, Urt. v. 09.03.1993 - 1 K 147/92 U).

Die Zahlungen dürfen nicht aufgrund eines Leistungsaustauschverhältnisses erbracht werden, sie müssen unabhängig von einer bestimmten Leistung gewährt werden und dürfen nicht an bestimmte Umsätze anknüpfen. Der Zahlungsempfänger hat bei einem echten, leistungsunabhängigen Zuschuss einen Anspruch auf die Zahlung bzw. erhält diese in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung (BFH, Urt. v. 25.11.1986 - V R 109/78). Der echte Zuschuss bestimmt sich nach der Person des Bedachten und des Förderungsziels, dient der Förderung des leistenden Unternehmers und wird nicht überwiegend im Interesse des Leistungsempfängers bewirkt (BFH, Urt. v. 08.03.1990 - V R 67/89 betreffend Versendungsfrachthilfen zur Subventionierung von Unternehmern im Zonenrandförderungsgebiet).

In seinem Urteil vom 19.05.2010 - XI R 35/08 hat der BFH die Beitragszuschüsse einer Rundfunkanstalt (als Auftraggeber und Leistungsempfänger) zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung eines freien Journalisten nicht als umsatzsteuerliches Entgelt klassifiziert.

Echte Zuschüsse sind beispielsweise

Lernmittelzuschüsse an Schulbuchlieferanten,

Abwrackprämien,

Filmförderungshilfen,

Zuschüsse zur Winterbauförderung (der Unternehmer soll zum Erhalt der Arbeitsplätze der Bauarbeiter im Winter angeregt werden, dies liegt im öffentlichen Interesse),

Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit nach dem Arbeitsförderungsgesetz u.a. für die Förderung der beruflichen Bildung, der Arbeits- und Berufsförderung Behinderter und für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen (die pauschalen Zuwendungen der Bundesagentur an den jeweiligen Unternehmer zu den Sach-, Personal- und Beförderungskosten bei der Betreuung behinderter Menschen sind dagegen Entgelt; Anspruch auf diese Zahlungen hat der einzelne Behinderte, die leistungsabhängige Zahlung an den Unternehmer erfolgt lediglich im Wege des abgekürzten Zahlungswegs),

Zuschüsse für die Errichtung von Windkraftanlagen,

Prämien für die Stilllegung von Ackerflächen.

Entgelt

Umsatzsteuerbares Entgelt ist immer dann gegeben, wenn der Zahlende eine Leistung im weitesten Sinne - auch in Form eines Vorteils - erhält und somit ein Verbrauch i.S.d. Mehrwertsteuerrechts vorliegt. Dieser Verbrauch kann beim Zahlenden selbst eintreten oder auch erst im weiteren Verlauf der Verbrauchskette. Der Zahlungsempfänger, d.h. der Unternehmer, handelt konkret, um die Zahlung zu erhalten, seine Leistung und die Zahlung sind wirtschaftlich miteinander verknüpft. Dies kann sich aus den geschlossenen Verträgen oder auch aus Vergaberichtlinien ergeben. In diese Kategorie fallen auch unechte steuerbare Zuschüsse.

Praxistipp

Bei sogenannten "Zuschüssen" sind die zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen sorgfältig auf die Verknüpfung von Leistung des Unternehmers und den Zahlungserhalt zu prüfen, da allein bereits ein auf Seiten des Zahlenden entstehender Vorteil die Umsatzsteuerpflicht beim zahlungsempfangenden Unternehmer auslöst.

Beispielsweise handelt es sich um umsatzsteuerbares und umsatzsteuerpflichtiges Entgelt, wenn

eine Wasserversorgungs- und Abwasserbeseitigungs-GmbH von der am Stammkapital beteiligten Stadt eine Investitionszahlung für den Bau einer Kläranlage erhält (FG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 11.11.2004 - 2 K 373/03, Rechtskraft durch Rücknahme der Revision durch die GmbH als Klägerin, V R 29/05),

ein öffentliches Nahverkehrsunternehmen (in Form einer GmbH) auf zwei defizitären Teilstrecken die Betriebsführung von der Deutschen Bundesbahn übernimmt und dafür eine "Starthilfe" erhält (BFH, Urt. v. 21.04.2005 - V R 11/03),

Vergütungen einer Gebietskörperschaft an eine private Tierkörperbeseitigungsanstalt geleistet werden (BFH, Urt. v. 04.06.1992 - V R 22/90; v. 04.06.1992 - V R 31/88 und v. 04.06.1992 - V R 33/89),

Tankstellenunternehmer von der Mineralölindustrie für den Aufbau und die Erweiterung von Tankstellenanlagen Zahlungen erhalten,

eine im Bereich der Abfallentsorgung tätige GmbH von der abfallentsorgungspflichtigen Körperschaft Zahlungen erhält, die in direktem Zusammenhang mit einer Leistung in Form der Übernahme der Abfallentsorgungsverpflichtung des Kreises steht (BFH, Urt. v. 05.12.2007 - V R 63/05),

ein Verein für die jährliche Durchführung eines Stadtfests von der Stadt Zahlungen erhält. Der BFH hat in seinem Urteil vom 18.12.2008 - V R 38/06 die innere Verknüpfung von Leistung in Form der Organisation und Durchführung des Stadtfests und der Zahlung der Stadt bejaht und als echtes umsatzsteuerbares Entgelt beurteilt.

Hinsichtlich der Klassifizierung der pauschalen Zahlung des Arbeitgebers an den Betreiber der Betriebskantine hat der BFH in seinem Urteil vom 29.01.2014 (XI R 4/12) diese nicht als zusätzliches Entgelt eines Dritten i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 3 UStG angesehen, aber trotzdem den geltend gemachten Vorsteuerabzug des Arbeitgebers verneint (Vorinstanz FG Nürnberg, Urt. v. 22.11.2011 - 2 K 1408/2008). Das vorinstanzliche Finanzgericht war dem Vortrag des Klägers gefolgt und hatte einen Leistungsaustausch zwischen dem Kantinenbetreiber und dem Kläger als zahlenden Arbeitgeber bejaht sowie diesem hiermit den gewünschten Vorsteuerabzug aus den Rechnungen des Kantinenbetreibers ermöglicht. Aus Sicht des BFH hat der Kantinenbetreiber dem Arbeitgeber gegenüber eine sonstige Leistung in Form einer "Bewirtschaftungsleistung" erbracht. Der Arbeitgeber erhält hierdurch einen Wettbewerbsvorteil bei der Suche nach qualifizierten Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt und zahlt dafür ein entsprechendes Entgelt. Hierfür hat der Arbeitgeber allerdings keinen Anspruch auf Vorsteuerabzug, da die "Bewirtschaftungsleistung" bereits im Bezugszeitpunkt nicht für die wirtschaftliche Tätigkeit des Arbeitgebers, sondern ausschließlich und unmittelbar für eine unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG zu verwenden beabsichtigte. Das BFH-Urteil widerspricht der in Abschn. 1.8. Abs. 12 Nr. 3 Beispiel 3 UStAE seitens der Finanzverwaltung vertretenen Rechtsauffassung.

Mögliche Fallgestaltung (umsatzsteuerbares Entgelt als auch echter nicht umsatzsteuerbarer Zuschuss) bei zwei Beteiligten (Zahlender und Unternehmer)

Entgelt von dritter Seite

Auch Zahlungen, die von einem anderen als dem Leistungsempfänger an den leistenden Unternehmer getätigt werden, können entweder nicht umsatzsteuerbarer echter Zuschuss als auch umsatzsteuerbares Entgelt (von dritter Seite) sein.

Zusätzliches Entgelt eines Dritten ist anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger einen Rechtsanspruch auf die Zahlung hat, diese in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung gewährt oder zumindest in seinem Interesse geleistet wird. Es liegt insoweit lediglich ein abgekürzter Zahlungsweg vor.

Umsatzsteuerbares Entgelt bei drei Beteiligten

Existiert kein Rechtsanspruch des Leistungsempfängers bzw. wird die Zahlung nicht in seinem Interesse geleistet, kann die Zahlung des Dritten als nicht umsatzsteuerbarer Zuschuss zu qualifizieren sein.

Möglicher echter nicht umsatzsteuerbarer Zuschuss bei drei Beteiligten

Unter diese Sachverhaltsgestaltung fallen auch Zahlungen mit preisauffüllendem Charakter, die das Entgelt für die Leistung des Unternehmers an den Leistungsempfänger auf die nach Kalkulationsgrundsätzen erforderliche Höhe bringen. Diese Zuwendungen sichern überhaupt erst das Zustandekommen des Leistungsaustauschs bzw. erleichtern dies und sind als Entgelt von dritter Seite beim Unternehmer zu erfassen. Das vom Leistungsempfänger aufgebrachte Entgelt wird durch diese Zahlung ergänzt, dies kann auch in pauschalierter Form erfolgen (z.B. die Erstattung von Fahrgeldausfällen nach dem Schwerbehindertengesetz für die unentgeltliche Beförderung von Schwerbehinderten, wobei die Berechnung nach einem Prozentsatz der tatsächlichen Fahrgeldeinnahmen berechnet wird).

Praxistipp

Bei Gewährung derartiger Zuwendungen sind nach den o.a. Grundsätzen immer die jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgebend!