Umsatzsteuer bei Autorenlesungen

Welche Veranstaltungen unterliegen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG? Eintrittskarten für Theater, Konzerte, Museen und vergleichbare Darbietungen werden hiernach lediglich mit 7 % besteuert. Nach einem jüngst veröffentlichten Urteil des BFH können auch Autorenlesungen zumindest als „theaterähnliche“ Veranstaltungen dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.

Eine Schriftstellerin hielt 2008 Lesungen aus ihrem zuvor erschienenen Buch. Die Einnahmen aus den Lesungen unterwarf sie - ebenso wie die Umsätze aus dem Buchverkauf - dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Infolge einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung des Finanzamts wurden die Einnahmen aus den Lesungen jedoch mit 19 % Umsatzsteuer angesetzt. Der BFH hat dem jetzt widersprochen, da er in der Autorenlesung vor Publikum eine theaterähnliche Leistung sah, so dass die Eintrittsgelder hierfür dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a) UStG unterliegen.

Welche Mischformen können Theatervorführungen sein?

Der BFH sieht auch „Mischformen“ von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen sowie kreative Kombinationen von Farb- und Klangelementen als begünstigte Veranstaltungen an. So konnten in der Vergangenheit unter anderem Kampfkunstshows und Feuerwerksveranstaltungen ermäßigt besteuert werden.

Für die Umsatzsteuervergünstigung ist es erforderlich, dass es sich um eine theater- oder konzertähnliche Veranstaltung handelt. Der BFH eröffnet damit einen großen Interpretationsspielraum. Denn dazu gehören alle Formen szenischer Darstellung sowie die künstlerische Kommunikation zwischen Darstellern und Zuschauern. Nach dieser Definition kann auch die Rezitation als eine Form der Kleinkunst verstanden werden.

Denn eine Rezitation macht literarische Werke mit Hilfe von Sprache hörbar, wobei Interpretationstechniken wie Atem-, Stimm- und Sprechtechnik besondere Ausdrucksmittel darstellen, weil der Vortragende hier mit Hilfe seiner Stimme, Sprache, Körperhaltung und Bewegung dem Publikum Emotionen und Gedanken vermitteln kann. Dem Zuschauer werden dadurch Inhalte in einer Form und auf einer Ebene näher gebracht, die eine Auseinandersetzung mit dem Stoff erlaubt, ihn zum Nachdenken anregt und ihn unterhält.

Allerdings stellt der BFH klar, dass das bloße Abspielen eines Tonträgers oder das reine Vorlesen eines Autors aus seinem Buch vor Publikum keine theater- oder konzertähnliche Veranstaltung ist. Auch eine Frage- oder Autogrammstunde erreicht nicht das hohe Niveau einer künstlerischen Aufführung und ist deshalb ebenfalls nicht begünstigt.

Ist das noch Lesung oder schon Theater?

Um die Frage zu beantworten, ob es sich im Streitfall um eine reine Autorenlesung oder eine darüber hinausgehende künstlerische Darbietung handelte, mussten die Richter also etwas genauer hinsehen. Nach ihrer Ansicht hatte die Schriftstellerin ihr literarisches Werk in Form einer künstlerischen Lesung vorgetragen, da sie häufig ihre Stimme zum Ausdruck besonderer Situationen veränderte bzw. zur Darstellung handelnder Personen Mimik, Körperhaltung oder Bewegung einsetzte und somit beim Publikum Emotionen hervorrief.

Die Autorin unterbrach das eigentliche Lesen des Buches immer wieder mit Erläuterungen und Ergänzungen, so dass die eigentliche Lesung oft in den Hintergrund geriet. Durch all diese künstlerischen Einlagen erreichte die Darbietung teilweise sogar kabarettistische Züge. Deshalb stufte der BFH diese besondere Autorenlesung als theaterähnlich ein, so dass der Umsatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a) UStG ermäßigt besteuert werden kann.

Vermarktungsinteresse und Kunst sind kein Widerspruch

Der BFH trat auch der Behauptung des Finanzamts entgegen, dass die Theatervorführung den eigentlichen Zweck der Veranstaltung ausmachen müsse. Denn schon das vorinstanzliche FG hatte festgestellt, dass die Vermarktung des Buchs nicht das prägende Element der Veranstaltung war. Das bloße Vermarktungsinteresse der Autorin spricht nicht gegen das Vorliegen einer theaterähnlichen Veranstaltung.

Praxishinweis: Dieser hochsensible Problemkreis zeigt deutlich, dass es für die Abgrenzung von ermäßigt besteuerten Umsätzen auf Emotionen ankommen kann und sogar Mimik, Stimme und Körperhaltungen steuerliche Auswirkungen haben können. Deshalb wird künftig mit etwas mehr theatralischem Einsatz des Vorlesenden die Eintrittskarte zu derartigen Veranstaltungen deutlich günstiger verkauft werden können.

BFH, Urt. v. 25.02.2015 - XI R 35/12

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