Wann greift die Steuerbefreiung nach § 5 GrEStG? Der BFH hat für ein Grundstück, das vor Insolvenzeröffnung in eine Gesamthandsgemeinschaft eingebracht worden war und für das der Erwerbsvorgang steuerfrei war, klargestellt: Die Änderung der Beteiligung des Einbringenden wirkt materiell auf den Zeitpunkt vor der Insolvenzeröffnung zurück. Damit bestätigte der BFH das Vorgehen des Finanzamts.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 27.08.2025 (II R 50/21) die Rechtsprechung zur Steuerbefreiung bei Grundstücksübertragungen auf Gesamthandsgemeinschaften weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
An der K-GmbH & Co. KG (KG) war die B-GmbH als Komplementärin ohne Kapitaleinlage beteiligt; alleiniger Kommanditist war D. Kurz nach der Gründung brachte D grunderwerbsteuerfrei ein Grundstück in die KG ein.
Rund zwei Jahre später wurde im Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG im Insolvenzplan geregelt, dass 94,9 % der Kommanditanteile des D auf die neue Kommanditistin, die C-GmbH, übertragen werden. Zugleich sollten die Insolvenzgläubiger quotal befriedigt werden.
Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens setzte das Finanzamt (FA) die Grunderwerbsteuer fest. Streitig war, ob die Quote auf die Steuerforderung ausgezahlt werden durfte.
Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der BFH bestätigte diese Entscheidung.
Begründung im Besprechungsfall
Durch die Übertragung von 94,9 % der Anteile auf die C-GmbH verringerte sich die Beteiligung des D an der KG innerhalb der schädlichen Frist von fünf Jahren auf 5,1 % und löste insoweit rückwirkend Grunderwerbsteuer aus. Zwar entsteht die Grunderwerbsteuer erst mit Wegfall der Voraussetzungen für die Steuerbefreiung.
Gleichwohl handelt es sich um eine (nachträglich) begründete Insolvenzforderung. Entsprechend ist auch die festgesetzte Grunderwerbsteuer eine Insolvenzforderung.
Nach Ansicht des BFH steht auch der Insolvenzplan der Festsetzung der Grunderwerbsteuer nicht entgegen.
Soweit Insolvenzforderungen - einschließlich Steuerforderungen - aufgrund der Regelungen in einem Insolvenzplan als erlassen gelten oder ein sogenannter Verzicht auf sie fingiert wird, sind sie nicht erloschen, sondern bestehen fort und können weiterhin erfüllt, aber nicht erzwungen werden.
Die durch den Insolvenzplan bewirkte teilweise Befreiung der KG von ihren Verbindlichkeiten, die auch das FA gegen sich gelten lassen muss, führt nur zu einem Vollstreckungs- und Aufrechnungsverbot, ermöglicht jedoch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens deren Festsetzung.
Da nach Ansicht des BFH auch keine Verjährung eingetreten war, konnte die Grunderwerbsteuer noch festgesetzt werden.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung geklärt, dass bei einer vor Insolvenzeröffnung grunderwerbsteuerfreien Einbringung eines Grundstücks in eine Gesamthandsgemeinschaft die Änderung der Beteiligung an der Gesamthand aufgrund der Erfüllung eines Insolvenzplans und der dadurch bewirkte Wegfall der Begünstigung auf den vor der Insolvenzeröffnung begründeten Erwerbsvorgang zurückwirkt.
Der nachträglich ausgelöste Wegfall der Steuerbegünstigung begründet eine (nachträglich entstandene) Insolvenzforderung, die der einjährigen insolvenzrechtlichen Verjährungsfrist unterliegt.
BFH, Urt. v. 27.08.2025 - II R 50/21