Problem

Autorin: Diplom-Finanzwirtin Rabea Schwarz

Die Bemessungsgrundlage eines steuerpflichtigen Umsatzes kann sich aus unterschiedlichen Gründen mindern oder erhöhen, beispielsweise bei

Abzug von Skonti, Rabatten, Preisnachlässen o.Ä. durch den Leistungsempfänger,

Beseitigung von Mängeln durch den Erwerber bei Weiterberechnung der Kosten an den Veräußerer,

Gewährung von Prämien,

Forderungsverzicht,

Anwendung einer vertraglich festgelegten Preisgleitklausel (Preisgleitklauseln finden allgemein Anwendung, wenn die im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht absehbaren Marktrisiken auf beide Vertragspartner in objektiver und angemessener Weise verteilt werden sollen),

Uneinbringlichkeit des Entgelts,

Nichtausführung der vereinbarten Leistung, wenn das Entgelt bereits entrichtet wurde, vgl. Schlagwort "Steuerentstehung",

Rückgabe, Rücknahme oder Umtausch,

Aufwendungen i.S.d. § 15 Abs. 1a UStG (ertragsteuerliches Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1-4, Nr. 7, Abs. 7 oder § 12 Nr. 1 EStG).

Bei steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferungen ist bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage § 17 UStG sinngemäß anzuwenden (§ 18b Satz 3 UStG).

Der BFH hat in seinem Urteil vom 05.06.2014 (XI R 25/12) entschieden, dass beim letzten inländischen Unternehmer C einer Lieferkette (der steuerpflichtig von einem anderen inländischen Unternehmer B beliefert wurde) keine Vorsteuerkorrektur erfolgt, wenn der im anderen Mitgliedstaat ansässige "Erstlieferer" A dem letzten Unternehmer in der Lieferkette C einen Preisnachlass gewährt. Der "Erstlieferer" A mindert dadurch nur die Bemessungsgrundlage seiner steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung an B. Die (im Inland steuerpflichtige) Weiterlieferung von B an den letzten inländischen Unternehmer C wird hiervon allerdings nicht berührt. Ebenso hat dies keine Auswirkungen auf den steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb von B, den er im Inland erfassen muss (so auch BFH, Urt. v. 04.12.2014 - V R 6/13). Folglich ist auch der Vorsteuerabzug bei dem durch den Preisnachlass bzw. die Preiserstattung begünstigten Unternehmer nicht zu mindern. Zur Gewährung grenzüberschreitender Preisnachlässe bzw. Preiserstattungen hat das BMF mit der aktuellen Fassung des Abschn. 17.2 UStAE ausführlich Stellung genommen.

Nach § 17 Abs. 1 Satz 6 UStG - eingeführt durch das JStG 2020 - soll eine Minderung der Bemessungsgrundlage bei Preisnachlässen und Preiserstattungen in einer Leistungskette an einen nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer nur dann vorliegen, wenn der Leistungsbezug des Abnehmers im Inland steuerpflichtig ist.

Praxistipp

Keine Entgeltminderung liegt bei Vertragsstrafen vor, die der leistende Unternehmer wegen nicht gehöriger Erfüllung zu leisten hat. Die Umsatzsteuer für die vereinbarte Leistung bleibt unverändert bestehen.

Eine Änderung der Bemessungsgrundlage bewirkt bei dem leistenden Unternehmer eine Berichtigung des geschuldeten Umsatzsteuerbetrags und bei dem Leistungsempfänger - soweit er Unternehmer ist - eine entsprechende Korrektur der Vorsteuer. Diese Korrekturen sind bereits in den jeweiligen Voranmeldungen vorzunehmen, nicht erst in der Umsatzsteuerjahreserklärung. Die Berichtigungspflicht nach § 17 UStG besteht auch dann, wenn sich die durchzuführenden Korrekturen der Umsatzsteuer und Vorsteuer im Ergebnis ausgleichen. Hinsichtlich des Zeitpunkts der Erfassung der Änderung der Bemessungsgrundlage sind zwei Fälle grundsätzlich zu unterscheiden:

1.

Bei Entgeltänderungen im Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung entstehen Umsatzsteuer und Vorsteuer von vornherein auf Basis der veränderten Bemessungsgrundlage.

2.

Bei Entgeltänderungen in einem späteren Voranmeldungszeitraum als der Leistungserbringung bzw. bei Ausfall der vereinbarten Leistung entstehen Umsatzsteuer und Vorsteuer zunächst auf Basis der ursprünglichen Bemessungsgrundlage. Die Berichtigung erfolgt erst in dem Voranmeldungszeitraum, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage tatsächlich eintritt.

Dies ist beispielsweise der Fall bei

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Kaufpreisminderung aufgrund einer Mängelrüge im Zeitpunkt der Auszahlung bzw. Gutschrift an den Kunden,

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Rückvergütungsansprüchen des Leistungsempfängers (z.B. Boni) erst bei tatsächlicher Realisierung u.a. in Form der Gutschrift durch den leistenden Unternehmer auf dem Kundenkonto (bei Nichtinanspruchnahme durch den Leistungsempfänger erfolgt keine Minderung der Umsatzsteuer beim Leistenden),

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Inanspruchnahme von Skonti erst im Zeitpunkt der Zahlung durch den Leistungsempfänger,

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Rabattgewährung im Zeitpunkt der Rechnungserstellung.

In seinem Urteil vom 16.01.2020 (V R 42/17) entschied der BFH über den Zeitpunkt der Minderung der Bemessungsgrundlage bei Gutschriften im Rahmen eines Bonus- und Rabattsystems. Es ging um Folgendes: Ein Kunde kauft beim "ersten Einkauf" mit Kundenkarte ein. Dafür werden ihm Punkte gutgeschrieben. Diese kann er u.a. beim "zweiten Einkauf" einlösen. Der BFH entschied, dass die Bemessungsgrundlage der ausgeführten Leistung sich nachträglich mindert; aber erst dann, wenn der Kunde die Punkte tatsächlich einlöst. Allein in der Gutschrift der jeweiligen Punkte beim "ersten Einkauf" sei noch keine Entgeltminderung zu sehen.

Mit Urteil vom 10.04.2019 (XI R 4/17) entschied der BFH Folgendes: Bei der Deaktivierung von Prepaid-Verträgen stellt das endgültig beim Provider verbliebene Restguthaben nachträgliches Entgelt i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG dar. Der Kunde erbringe das nachträgliche Entgelt dafür, dass der Mobilfunkanbieter ihm seine Infrastruktur zunächst unentgeltlich gewährt habe.

Praxistipp

Ertragsteuerlich zulässige Wertberichtigungen (Delkredere) führen für sich allein gesehen nicht zu einer Korrektur nach § 17 UStG.

Ein Belegaustausch ist nach § 17 Abs. 4 UStG nur vorgeschrieben, wenn sich die gemeinsame Änderung der Bemessungsgrundlage eines bestimmten Zeitabschnitts auf Umsätze bezieht, die unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen (z.B. bei Gewährung eines einheitlichen Jahresbonus für Lieferungen, die teils dem Regelsteuersatz als auch dem ermäßigten Steuersatz unterliegen).

Wurde ein zu hoch ausgewiesener Rechnungsbetrag bereits vereinnahmt und steht dem Leistungsempfänger aus der Rechnungsberichtigung ein Rückforderungsanspruch zu, ist die Berichtigung des geschuldeten Mehrbetrags erst nach einer entsprechenden Rückzahlung an den Leistungsempfänger zulässig, Abschn. 14c.1 Abs. 5 Satz 4 UStAE. Diese Auffassung der Finanzverwaltung wurde mit Urteil vom 16.05.2018 - XI R 28/16 bestätigt. Zu beachten ist, dass in diesen Fällen keine rückwirkende Rechnungsberichtigung möglich ist.

Praxistipp

Die Rückzahlung kann auch im Wege der Abtretung bzw. der Verrechnung erfolgen, ist allerdings nur bei einer Nettopreisvereinbarung vorzunehmen.

Die Zahlung einer Baufirma an den Bauherrn für Mängel- und Wertminderungskosten im Rahmen eines Vergleichsverfahrens stellt eine echte Entgeltminderung mit entsprechender Vorsteuerkorrektur beim Bauherrn dar (BFH, Urt. v. 17.12.2009 - V R 1/09). Umsatzsteuerlich macht es keinen Unterschied, ob der Leistungsempfänger statt einer Minderung des vereinbarten Entgelts zivilrechtlichen Schadenersatz verlangt oder ob die Minderung der Bemessungsgrundlage (wie im vorliegenden Fall) auf einem Vergleich beruht. Die aufgrund des Vergleichs geleistete Zahlung der Baufirma steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der zuvor von dieser erbrachten Bauleistung und führt daher zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage. Unmaßgeblich ist hierbei die bereits erfolgte vollständige Entrichtung des Entgelts durch den Bauherrn. Es handelt sich hier nicht um eine Entschädigung für eine unterbliebene Leistung (in Form eines mangelfreien Gebäudes), sondern um eine Entgeltminderung für eine von dem Bauherrn bezogene Leistung.

Die ebenfalls im Rahmen eines Vergleichsverfahrens geleistete Zahlung eines Verkäufers einer Gewerbeimmobilie an den Käufer aufgrund einer vereinbarten Mietgarantie ist auch als Minderung der Bemessungsgrundlage und nicht als nichtsteuerbarer Schadenersatz zu beurteilen (BFH, Urt. v. 11.02.2010 - V R 2/09). Der Verkäufer hatte dem Käufer aus den bereits abgeschlossenen Mietverträgen Sollmieterträge garantiert, deren Höhe durch die tatsächlich erzielten Mieten jedoch nicht erreicht werden konnten. Die daraufhin vom Verkäufer aufgrund dieses "Minderwerts" des Gebäudes geleistete Zahlung steht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Lieferung des Gebäudes und mindert daher die Bemessungsgrundlage für diesen Umsatz. Wären die tatsächlich zu erzielenden Jahresmieten der Gewerbeimmobilie im Zeitpunkt des Verkaufs bekannt gewesen, wäre von vornherein ein niedrigerer Kaufpreis zugrunde gelegt worden.

Soweit ein der Sollbesteuerung unterliegender Unternehmer seinen Entgeltanspruch aufgrund eines vertraglichen Einbehalts zur Absicherung von Gewährleistungsansprüchen über einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren nicht verwirklichen kann, ist er laut BFH-Urteil vom 24.10.2013 (V R 31/12) bereits für den Voranmeldungszeitraum der Leistungserbringung zur Steuerberichtigung nach § 17 UStG berechtigt.

Hinweis

Auf Vorlage des BFH (V R 29/15) hat der EuGH entschieden, dass bei Ausbleiben einer vereinbarten Leistung der Vorsteuerabzug nur dann versagt werden kann, wenn der Anzahlende im Zeitpunkt der Anzahlung wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Leistung unsicher ist (EuGH, Urt. v. 31.05.2018 - Rs. C-660/16 und C-661/16, Kollroß und Wirtl). Erlangt der Anzahlende später Kenntnis, muss er den Vorsteuerabzug nur dann berichtigen, wenn er auch die geleistete Anzahlung zurückerhalten hat.

Eine Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 3 UStG wird bei einer erbrachten sonstigen Leistung, die sich als reine Dienstleistung darstellt, nicht vorgenommen. Eine derartige Dienstleistung wird mit ihrer Erbringung verbraucht und kann deshalb nicht mehr "rückgängig" gemacht werden.

Die Umsatzsteuer auf den innergemeinschaftlichen Erwerb fällt bei der Anwendung des § 3d Satz 2 UStG zunächst doppelt an: Zum einen in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung bzw. Versendung endet, als auch in dem Mitgliedstaat, dessen USt-IdNr. der Erwerber verwendet hat. Bei Nachweis der Besteuerung in dem Mitgliedstaat, in dem die Beförderung bzw. Versendung endete, ist die Umsatzsteuer nach § 17 Abs. 2 Nr. 4 UStG in dem anderen Mitgliedstaat - dessen USt-IdNr. der Erwerber verwendet hat - aufzuheben.

Praxistipp

Nur der vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer korrigiert bei einer Änderung der Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen innergemeinschaftlichen Erwerb oder einen Umsatz, für den er als Leistungsempfänger die Umsatzsteuer schuldet, gleichzeitig den Umsatz- und den Vorsteuerabzug. Nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Leistungsempfänger korrigieren nur den Umsatzsteuerbetrag.