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Einkommensteuer -

Darlehensverträge unter Angehörigen und zulässige Abzinsung

Der BFH hat klargestellt, dass Verträge zwischen verschwägerten Personen als Angehörigenverträge steuerlich dem Fremdvergleich standhalten müssen. Bilanzsteuerrechtlich gilt: Eine rückwirkend nach dem Bilanzstichtag vereinbarte Verzinsung eines zunächst unverzinslichen Darlehens ist unbeachtlich. Nach Ansicht des BFH war zudem die Höhe des Abzinsungssatzes im Jahr 2010 noch verfassungsgemäß.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie Darlehensverträge zwischen verschwägerten Personen gestaltet werden müssen, damit sie steuerlich anerkannt werden.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Klägerin (A) errichtete ein Wohn- und Geschäftshaus, welches teilweise für betriebliche und private Zwecke genutzt wird. Zur Finanzierung dieser Immobilie wurden A auch mehrere Darlehen aus dem Familien- und Bekanntenkreis gewährt. Des Weiteren erhielt die A auf dem betrieblichen Konto zwei Überweisungen aus Russland von ihrem Schwager (K) und von einem Dritten (G), zu welchem kein Verwandtschaftsverhältnis besteht.

Den Zahlungen liegen Darlehensverträge zugrunde, welche den Beginn der Rückzahlung nach rund 20 Jahren innerhalb von 15 Jahren in gleichmäßigen Raten vorsehen. Die erforderliche und vom Vertragsformular vorgesehene Passage „Zinssatz und Zinszahlungen“ wurde jeweils gestrichen.

A setzte beide Darlehen zum Nominalbetrag an. Später legte A dem Finanzamt (FA) zwei Nachtragsvereinbarungen vor, in denen unter Bezugnahme auf die ursprünglichen Darlehensverträge eine nach dem Streitzeitraum beginnende Verzinsung von 2 % festgelegt wurde. Später reichte A Vereinbarungen nach, welche eine rückwirkende Verzinsung auf den Vertragsschluss von 1 % vorsahen.

Gleichwohl ging das FA davon aus, dass die Darlehen als unverzinsliche Verbindlichkeiten nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG abzuzinsen sind. Einspruch und Klage blieben erfolglos, der BFH folgte dem zum Teil nicht.

Zuordnung eines Darlehens zum Betriebsvermögen

Darlehensverbindlichkeiten stellen ein Betriebsvermögen dar, wenn die zur Verfügung gestellten Kreditmittel für betriebliche Zwecke, insbesondere zum Erwerb von Wirtschaftsgütern, verwendet werden. Die Person des Gläubigers oder dessen Beweggründe für die Darlehenshingabe sind regelmäßig unbeachtlich.

Dies ist anders, sobald ein Darlehen von einem nahen Angehörigen gewährt wird. In diesem speziellen Fall erfordert die Zuordnung zum Betriebsvermögen im Hinblick auf den bei Angehörigen vielfach fehlenden natürlichen Interessengegensatz darüber hinausgehend, dass der zugrundeliegende Vertrag unter Fremdvergleichsaspekten steuerrechtlich anzuerkennen ist.

Dabei wird vorausgesetzt, dass die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart werden und ebenso dem entsprechend Vereinbarten durchgeführt werden. Jedoch schließt nicht jede geringfügige Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom Üblichen eine steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses aus.

Vielmehr sind einzelne Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung unter dem Gesichtspunkt zu würdigen, inwiefern sie den Rückschluss auf eine privat veranlasste Vereinbarung zulassen.

Indiz für eine solche Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich ist insbesondere, inwieweit der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist.

In diesem Zusammenhang erlangt der Umstand, wie die Vertragschancen und -risiken in fremdüblicher Weise verteilt sind, eine wesentliche Bedeutung. Speziell bei Darlehensverträgen hängt die Intensität der jeweiligen Prüfung des Fremdvergleichs vom Anlass der Darlehensaufnahme ab.

Hierbei unterliegen Vertragsbeziehungen, bei welchen das Darlehen einer Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern dient, einer eher großzügigen Fremdvergleichsprüfung. Nach Ansicht des BFH gelten diese Grundsätze grundsätzlich auch für Vertragsbeziehungen zwischen verschwägerten Personen.

Letztendlich konnte der BFH nicht anhand der vom FG getroffenen Feststellungen beurteilen, ob jene Darlehensgewährung durch K fremdüblich war. An dieser Einschätzung ändert für den BFH auch die Tatsache nichts, dass A zeitgleich einen vereinbarungsidentischen Vertrag mit G geschlossen hat.

Denn es ist insoweit unklar, ob dieser Vertrag als objektiver Fremdvergleichsmaßstab für die Vertragsbeziehung zu K dienen kann. Daher verwies der BFH den Rechtsstreit zurück an das FG.

Abzinsung der Darlehensverbindlichkeit gegenüber G

Steuerrechtlich sind Verbindlichkeiten grundsätzlich mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Das Abzinsungsgebot gilt nicht für Verbindlichkeiten, welche u.a. verzinslich sind. Die Abstandnahme vom Abzinsungsgebot erfordert allerdings keine durchgängige Verzinsung.

Eine Abzinsung selbst kann dann entfallen, wenn die Verzinsung nur für einen kurzen Teil der Gesamtlaufzeit vorgesehen ist. In diesem Fall besteht keine Abzinsungspflicht, wenn ein Darlehen zunächst unverzinslich hingegeben wurde und erst später eine Verzinsung vereinbart wird.

Denn die Abzinsung berücksichtigt auch zukünftige Zinsaspekte, so dass der Vorteil einer Unverzinslichkeit bei geänderter Vereinbarung nicht mehr besteht. Die Vereinbarung mit einer Verzinsung von 2 % soll erst nach den Streitjahren gelten und lässt die Abzinsung erst zum Bilanzstichtag nach der Vereinbarung - aufwandswirksam - entfallen.

Ferner können lediglich werterhellende Umstände steuerliche Rückwirkung haben. Wertaufhellend sind aber nicht solche Umstände, welche entweder erst nach dem Bilanzstichtag eingetreten sind oder erst im Anschluss an die Bilanzaufstellung erkennbar sind.
Unerheblich ist hierbei, inwieweit einer späteren Änderungs- oder Aufhebungsvereinbarung zivilrechtliche Rückwirkungen zukommen sollen oder nicht.

Demzufolge kann die rückwirkend vereinbarte Verzinsung bilanzsteuerrechtlich erst zu dem Stichtag Berücksichtigung finden, welcher der zivilrechtlichen Gestaltung folgt, mithin erst nach den Streitjahren. Denn eine steuerliche Rückwirkung ist ausgeschlossen, wenn die Vertragsparteien im Wege freier Parteivereinbarung rückwirkend schuldrechtliche Vertragsverhältnisse aufheben, ändern oder begründen.

Höhe des Zinssatzes für eine Abzinsung

Der BFH bestätigt seine bisherige Ansicht, dass die Höhe des Zinssatzes von 5,5 % im Jahr 2010 verfassungsgemäß ist. Im Jahr 2010 hat sich noch kein strukturelles niedriges Marktzinsniveau verfestigt. Aufgrund dessen hat der Gesetzgeber unter Berücksichtigung einer angemessenen Beobachtungsphase, im Interesse der Praktikabilität und Verwaltungsvereinfachung an dem statisch-typisierenden Zinssatz von 5,5 % festzuhalten.

Trotz einer bereits längerfristig zu verzeichnenden Absenkung des gesamten Zinsniveaus gilt zu berücksichtigen, dass der gemessen am Normzweck des § 6 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 EStG relevante Fremdkapitalmarktzinssatz im Dezember 2010 für die vorliegend einschlägigen Parameter (Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften bis 1 Mio. € bei mehr als fünfjähriger Laufzeit/Neugeschäft) sich im Gegensatz zum aktuellen Niveau (1,85 %; Dezember 2018) noch nicht als dramatischer Abfall zum gesetzlichen Zinssatz darstellt.

Ferner war der Rückzahlungsanspruch für G nicht besichert. Hinzu kommt, dass der von der Deutschen Bundesbank nach Maßgabe der Rückstellungsabzinsungsverordnung ermittelte und monatlich bekanntgegebene Abzinsungssatz bei einer Laufzeit von 34 bis 35 Jahren im Dezember 2010 noch ca. 5,10 % betrug (Dezember 2018: 2,51 %) und somit ein nach wie vor durchaus realitätsgerechtes Vergleichsbild zum gesetzlichen Zinssatz von 5,5 % gezeichnet wurde.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH schafft Klarheit hinsichtlich geschlossener Verträge zwischen verschwägerten Personen: Auch für diese gelten die Grundsätze zwischen nahen Angehörigen und müssen also dem Fremdvergleich standhalten. Zudem können zivilrechtliche rückwirkende Vereinbarungen grundsätzlich steuerlich keine Rückwirkung entfalten.

Schließlich hat der BFH den Zinssatz für die Abzinsung von 5,5 %, jedenfalls für 2010, als rechtmäßig eingestuft. In der Praxis sollten diese Grundsätze bei bestehenden Verträgen zwischen Verschwägerten geprüft werden, um künftigen Ärger mit dem Finanzamt zu vermeiden.

BFH, Urt. v. 22.05.2019 - X R 19/17

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht