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Einkommensteuer, Steuerberatung -

Notrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistung

Können die Kosten eines Notrufsystems in einer betreuten Wohnanlage als haushaltsnahe Dienstleistungen berücksichtigt werden? Der BFH hat entschieden, dass für das Notrufsystem einer Seniorenresidenz, das durch eine Betreuungspauschale vergütet wird, die Steuerermäßigung beansprucht werden kann. Auch derartige Bereitschaftsdienste fallen demnach unter den räumlich-funktionalen Haushaltsbegriff.

Für haushaltsnahe Dienstleistungen kann im Rahmen der gesetzlichen Regelungen jährlich auf Antrag eine Steuerermäßigung i.H.v. 20 % der Aufwendungen bis zu der Obergrenze von 4.000 € in Anspruch genommen werden. Dies gilt auch für die Inanspruchnahme von Pflege- und Betreuungsleistungen sowie für Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen wegen der Unterbringung in einem Heim oder zur dauernden Pflege erwachsen. Die zugrundeliegenden Dienstleistungen müssen hierzu jedoch mit denen einer Hilfe im Haushalt – wie sie z.B. auch von im Haushalt lebenden Familienangehörigen geleistet werden könnte – vergleichbar sein.

Notrufsystem als haushaltsnahe Dienstleistung?

In dem vom BFH am 03.09.2015 entschiedenen Fall ging es um die Frage, ob die Kosten für ein Notrufsystem als eine haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht werden können. Der Kläger lebte in einer Seniorenresidenz und nahm die dort angebotene Dienstleistung eines Notrufsystems, dass eine 24-Stunden-Rufbereitschaft im Rahmen einer Betreuungspauschale beinhaltete, in Anspruch. Die gesamten Kosten der Betreuungspauschale entfielen zu 80 % auf das Notrufsystem.

Der Kläger setzte in seiner Einkommensteuererklärung 2011 insgesamt 76 % der gesamten Betreuungspauschale im Rahmen der haushaltsnahen Dienstleistungen an. Diese entfielen im Ergebnis voll auf die anteiligen Kosten des Notrufsystems. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Kosten jedoch ab, da es sich nur um eine Bereitstellung von Leistungen und keinen konkreten Leistungsbezug handeln würde. Nach seiner Ansicht ist das Notrufsystem auch keine Nebenleistung einer begünstigten Hauptleistung. Das angerufene Finanzgericht Nürnberg war dazu anderer Ansicht, gab mit Urteil vom 13.02.2014 dem Kläger Recht und ließ den Kostenabzug zu. Gegen das Urteil legte das Finanzamt Revision vor dem Bundesfinanzhof ein.

Rufbereitschaft steht im Zusammenhang mit dem Haushalt

Der BFH stellte fest, dass die Rufbereitschaft im Rahmen des Notrufsystems mit dem Haushalt des Steuerpflichtigen in Verbindung stand, da der Begriff des Haushalts in diesem Zusammenhang als räumlich-funktional anzusehen ist. Eine entsprechende über das System abgerufene Leistung wird demnach im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht, da der Leistungserfolg – dass der Bewohner in Not- und Bedarfsfällen Hilfe rufen kann – damit in der Wohnung des Steuerpflichtigen eintritt.

Vorgehaltene Leistungen sind auch im Familienverbund üblich

Die mit dem Notrufsystem verbundenen Leistungen sind ebenfalls auch im privaten Haushalt üblich. Typischerweise leisten in einer Haushaltsgemeinschaft zusammenlebende Familien- oder sonstige Haushaltsangehörige eine entsprechende Rufbereitschaft, die mit dem Notruf vergleichbar ist. Durch die anderen Haushaltsangehörigen wird im räumlichen Bereich des Haushalts sichergestellt, dass kranke und alte Haushaltsangehörige im Bedarfsfall Hilfe erhalten.

Praxishinweis

Der BFH stellt klar, dass auch Bereitschaftsleistungen als haushaltsnahe Dienstleistungen anerkannt werden, zumindest wenn sie in Verbindung mit grundsätzlich begünstigten Dienstleistungen stehen. Dies dürfte allerdings voraussetzen, dass in den Abrechnungen der entsprechenden Seniorenwohnung eine klare Aufteilung vorgenommen wurde, damit der Abzug auch quantifizierbar ist. Ist dies nicht der Fall, so dürfte i.d.R. durch Anfrage beim Anbieter eine entsprechende Aufteilungsquote in Erfahrung zu bringen sein. Gerade im Hinblick auf die kommenden Veranlagungsarbeiten 2015 ist das Urteil von Interesse, aber für die Vorjahre kann eine nachträgliche Geltendmachung in Frage kommen, soweit die Veranlagung noch änderbar ist.

BFH, Urt. v. 03.09.2015 – VI R 18/14
FG Nürnberg, Urt. v. 13.02.2014 – 6 K 1026/13

Quelle: StB, Diplom-Wirtschaftsjurist Thorsten Wagemann