Erbfall: Abzug bei Ablösung eines Immobiliendarlehens?

Stellt eine Vorfälligkeitsentschädigung, die bei einem abgelösten Darlehens fällig wird, eine Nachlassverbindlichkeit dar? Der BFH hat entschieden: Wird nach dem Erbfall ein Darlehen des Erblassers vorzeitig abgelöst, ist die Vorfälligkeitsentschädigung mit Zinsanteil nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehbar. Ausschlaggebend ist, ob Kosten der Nachlassregelung oder -verwaltung zuzuordnen sind.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 02.12.2020 (II R 17/18) entschieden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigung, welche durch die vorzeitige Ablösung eines Darlehens aufgrund der Veräußerung der dazugehörigen Grundstücke angefallen ist, nicht als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abgezogen werden kann. Vielmehr stellen sie Kosten der Verwaltung des Nachlasses dar und sind daher steuerlich nicht abziehbar.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger ist an einer Erbengemeinschaft mit insgesamt 29 Erben beteiligt. Da die Erben zunächst nicht bekannt waren und der Nachlass sicherungsbedürftig war, wurde eine Nachlasspflegerin vom Amtsgericht bestellt. 

Zum Nachlass gehörten insgesamt vier Immobilien, von denen drei noch mit einem Darlehen belastet waren. 

Mit Zustimmung der Erben veräußerte die Nachlasspflegerin die Grundstücke unter der Verpflichtung zur Ablösung der Darlehen. Durch die vorzeitige Ablösung entstand eine Vorfälligkeitsentschädigung. 

Nachdem sämtliche Erben ermittelt worden waren, setzte das Finanzamt gegen alle Erben entsprechende Erbschaftsteuer fest.

Die als Nachlassverbindlichkeit geltend gemachte Vorfälligkeitsentschädigung erkannte das Finanzamt nicht an, da es sich um nichtabziehbare Kosten der Verwaltung des Nachlasses handele. 

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage hiergegen statt und zog die Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeit ab. Der BFH dagegen sah die Revision als begründet an und hob das Urteil des FG wieder auf.

Kosten der Verwaltung des Nachlasses

Der Erbschaftsteuer unterliegt der steuerpflichtige Erwerb i.S.d. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG. Dieser ermittelt sich aus der Summe des gesamten Vermögensanfalls abzgl. der Nachlassverbindlichkeiten gem. § 10 Abs. 3 bis 9 ErbStG. 

Dazu gehören u.a. die Schulden des Erblassers. Aufwendungen für die Tilgung von Erblasserschulden sind jedoch nur als Nachlassregelungskosten steuerlich geltend zu machen, wenn diese weder eine vorweggenommene Zins- oder Tilgungsleistung darstellen noch den Nachlassverwaltungskosten zuzuordnen sind.

Die Vorfälligkeitsentschädigung enthält neben einer vorweggenommenen Zinszahlung auch einen Kosten- und Gebührenanteil. Dieser ist nach der Maßgabe abziehbar, ob die vorzeitige Kündigung der Nachlassregelung oder der Nachlassverwaltung zuzuordnen ist.

Der BFH sah die Vorfälligkeitsentschädigung insgesamt als nicht abziehbar an. Der Zinsanteil aus den vorzeitig getilgten Darlehen kann konsequenterweise nicht abgezogen werden, da auch die späteren Zinszahlungen nicht als Nachlassverbindlichkeiten hätten abgezogen werden können. 

Die Kosten und Gebühren ordnete der BFH der Nachlassverwaltung und somit den nicht abziehbaren Kosten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG zu.

Praxishinweis

Die Rechtsprechung des BFH im Streitfall ist nachvollziehbar. Eine Abgrenzung zwischen Nachlassregelungs- und Nachlassverwaltungskosten dürfte im Einzelfall schwierig sein. Grundsätzlich ist der Begriff der Nachlassregelungskosten jedoch weit auszulegen. Es fallen darunter alle Kosten, die entstehen, um die Erbschaft in den Besitz der Erben zu bringen. Steuerpflichtige und Steuerberater sollten auf eine genaue Abgrenzung achten, um etwaige Kosten steuerlich geltend machen zu können.

BFH, Urt. v. 02.12.2020 - II R 17/18

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)