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Einkommensteuer -

Darlehen: Nutzungsersatz nach Widerruf steuerpflichtig?

Stellen Ersatzzahlungen nach dem Widerruf von Kreditverträgen steuerpflichtige Kapitaleinkünfte dar? Der BFH hat klargestellt, dass ein Nutzungsersatz, den eine Bank bei der Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags für erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen zahlt, keine Einkommensteuer auslöst. Demnach liegen in solchen Fällen auch keine sonstigen Einkünfte nach § 22 Nr. 3 EStG vor.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 07.11.2023 (VIII R 7/21) die Grundsätze zur einkommensteuerlichen Behandlung des Nutzungsersatzes nach Rückabwicklung eines widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrags konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Eheleute K schlossen einen Darlehensvertrag mit der X-Bank zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie. 

Die X-Bank zahlte das Darlehen aus. Die K leisteten daraufhin monatliche Zins- und Tilgungsleistungen sowie Sondertilgungen. Nach rund elf Jahren widerriefen die K den Darlehensvertrag und lösten die noch offene Restvaluta ab.

In einem zivilgerichtlichen Verfahren gegen die X-Bank klagten sie auf Zahlung von Nutzungsersatz und schlossen im Folgenden mit der X-Bank einen Vergleich. Die X-Bank zahlte den Vergleichsbetrag nach Abzug von Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer an die K.

Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob die Zahlung der X-Bank der Kapitalertragsteuer unterliegt. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der K ab. Der BFH folgte jedoch nicht den Ansichten des FG und hob das Urteil auf.

Entscheidung im Besprechungsfall

Das FG hatte die Zahlung als sonstige Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG eingeordnet. 

Nach dieser Vorschrift zählen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt wurde, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. 

Einkünfte aus Kapitalvermögen in diesem Sinne erzielt, wer Kapitalvermögen gegen Entgelt zur Nutzung überlässt.

Der Rechtsgrund der Kapitalüberlassung ist dabei ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, ob die zugrundeliegende Kapitalforderung selbst steuerbar ist. Auch eine nicht freiwillige, sondern erzwungene Kapitalüberlassung kann zu Einnahmen aus Kapitalvermögen führen. 

Zu Einnahmen aus Kapitalvermögen können ferner grundsätzlich auch Nutzungen als nach gesetzlichen Ansprüchen geleistete Zahlungen gehören.

Nach Ansicht des BFH fällt der Nutzungsersatz, der aufgrund des Rückgewährschuldverhältnisses nach dem Widerruf des Darlehensvertrags an die K gezahlt wurde, nicht innerhalb der Erwerbsphäre an. 

Die Rückabwicklung des Darlehensvertrags ist aus der Perspektive der K keine erwerbsgerichtete Tätigkeit. Denn die im Rahmen des Rückabwicklungsverhältnisses von den Darlehensnehmern vereinnahmten Leistungen liegen für sie jedenfalls dann außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre, wenn es sich um ein reines Rückabwicklungsverhältnis handelt.

Ob das der Fall ist, ist auf Grundlage der Umstände des Einzelfalls festzustellen. Der BFH ging vorliegend von einem reinen Rückgewährschuldverhältnis aus. 

Der von der X-Bank geschuldete Nutzungsersatz ist für den BFH auch nicht den Einkünften aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG zuzurechnen. Diese Vorschrift erfasst - ergänzend zu den übrigen Einkunftsarten - das Ergebnis einer erwerbsgerichteten Tätigkeit und setzt wie diese die allgemeinen Merkmale des Erzielens von Einkünften voraus. 

Dies liegt nach Ansicht des BFH im vorliegenden Sachverhalt aber gerade nicht vor, weil die bei der gebotenen Einheitsbetrachtung aus der Rückabwicklung des Darlehensvertrags vereinnahmten Einzelleistungen nicht in der Erwerbssphäre angefallen sind. Daher gab der BFH der Klage statt.

Praxishinweis

Unter Bezugnahme auf noch andere am 07.11.2023 ergangene Urteile stellte der BFH klar, dass der Bezug eines Nutzungsersatzes im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf keinen steuerbaren Kapitalertrag begründet, da er nicht auf einer erwerbsgerichteten Tätigkeit beruht und mithin nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre erzielt wird. 

Das infolge des Widerrufs entstandene Rückgewährschuldverhältnis ist bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln. Der bezogene Nutzungsersatz ist auch nicht gem. § 22 Nr. 3 EStG steuerbar.

BFH, Urt. v. 07.11.2023 - VIII R 7/21

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