Franz Pfluegl © fotolia.de

Grunderwerbsteuer -

Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids bei gesenktem Kaufpreis?

Welche Folgen hat die nachträgliche Herabsetzung des Grundstückskaufpreises? Wann kann der Grunderwerbsteuerbescheid noch geändert werden? Nach dem BFH stellt die Herabsetzung des Kaufpreises kein „rückwirkendes Ereignis“ nach § 175 AO dar. Demnach ist in diesen Fällen eine Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids nur über die spezialgesetzliche Regelung im Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) möglich.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 22.07.2020 (II R 15/18) entschieden, dass ein Grunderwerbsteuerbescheid nicht mehr rückwirkend geändert werden kann, wenn die Zweijahresfrist gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG abgelaufen ist oder wenn die Herabsetzung des Kaufpreises nicht gem. § 437 BGB i.V.m. § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG erfolgte.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger erwarb im Jahr 2007 eine Immobilie, die er anschließend an diverse Parteien vermieten wollte. Der Verkäufer verpflichtete sich auch nach Abschluss des Kaufvertrags, Mieter für weitere Teile des Grundstücks zu suchen. Zur Einhaltung der Verpflichtung wurde zunächst nur ein Teil des Kaufpreises ausgezahlt. Der restliche Betrag des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises wurde auf ein Notaranderkonto überwiesen.

Da der Verkäufer die vereinbarten Ziele für die Suche neuer Mieter nicht erfüllen konnte, verlangte der Käufer einen Teil des Kaufpreises zurück. Nach dem Abschluss eines Vergleichs wurden dem Verkäufer wesentliche Teile des Kaufpreises zurückerstattet.

Der Käufer stellte daraufhin einen Antrag auf Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids aufgrund des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Das Finanzamt lehnte den Antrag sowie den darauffolgenden Einspruch ab.

Die vor dem Finanzgericht erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Der BFH wies die Revision ebenfalls als unbegründet zurück.

Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses

Ein rückwirkendes Ereignis liegt nach der Ansicht des BFH im Streitfall nicht vor, da die Änderung des Kaufpreises nicht auf einem tatsächlichen Lebensvorgang oder einem bedeutsamen Vorgang basiert, aufgrund dessen ändert sich der Sachverhalt tatsächlich.

Dies ist ausschließlich nach der jeweiligen Steuerart zu beurteilen. Dass z.B. ein rückwirkendes Ereignis im einkommensteuerrechtlichen Sinne vorliegt, ist daher unerheblich.

Zudem ist nach der Gesetzessystematik durch die Herabsetzung des Kaufpreises kein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO anzunehmen, da ansonsten § 16 Abs. 3 und § 16 Abs. 4 GrEStG leerlaufen würden.

Nach dieser spezialgesetzlichen Korrekturvorschrift ist eine Änderung bei Herabsetzung des Kaufpreises nur innerhalb von zwei Jahren nach Entstehung der Steuer gem. § 16 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG oder bei der Herabsetzung eines Kaufpreises gem. § 437 BGB, wie z.B. bei der Feststellung eines Mangels, gem. § 16 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG möglich.

Nach § 16 Abs. 4 GrEStG beginnt die Festsetzungsfrist gem. §§ 169 ff. AO bei einer Änderung nach § 16 Abs. 3 GrEStG erneut. Diese Vorschrift wäre bei der Feststellung eines rückwirkenden Ereignisses im Streitfall obsolet. Nach der Gesetzessystematik ist somit außerhalb von § 16 Abs. 3 GrEStG aufgrund der Herabsetzung des Kaufpreises keine Änderung möglich.

Praxishinweis

Steuerpflichtige sollten besondere Vorsicht bei Kaufverträgen walten lassen, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Herabsetzung des Kaufpreises auch nach dem Ablauf einer Frist von zwei Jahren bewirken können, auch wenn kein Mangel o.Ä. i.S.d. § 437 BGB festgestellt wird. In diesen Fällen ist es ratsam, gegen den bei einem Erwerb des Grundstücks ergangenen Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch einzulegen oder die Aufnahme einer Vorläufigkeit zu beantragen.

Die Anwendung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO wurde dahingegen vom BFH u.a. bei Kaufpreisanpassung in Bezug auf § 8b KStG, bei der Rückgängigmachung des Kaufvertrags einer wesentlichen Beteiligung i.S.d. § 17 EStG sowie bei nachträglichen Anschaffungskosten einer Beteiligung bejaht.

BFH, Urt. v. 22.07.2020 - II R 15/18

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH)