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Grunderwerbsteuer -

Umwandlungen: Steuerbefreiung nach der Konzernklausel

Wann greift die Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern im Rahmen der Grunderwerbsteuer? Der BFH hat mit mehreren Urteilen die Voraussetzungen für die Anwendung der sog. Konzernklausel nach § 6a GrEStG geklärt. Demnach ist diese grundsätzlich weit auszulegen - das gilt insbesondere für die fünfjährigen Vor- und Nachbehaltensfristen. Das BMF will nun diese Rechtsprechung anwenden.

Mit Schreiben vom 09.06.2020 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) die Anwendung der im August 2019 ergangenen Entscheidungen des BFH bekanntgegeben. Der BFH hatte mit diesen Entscheidungen die Anforderungen an die Konzernklausel gem. § 6a GrEStG näher definiert.

Sachlage im Streitfall

In gleich sieben Urteilen hat der BFH am 21. und 22.08.2019 (II R 21/19; II R 20/19; II R 19/19; II R 18/19; II R 17/19; II R 16/19; II R 15/19) zu der Anwendung der Konzernklausel gem. § 6a GrEStG Stellung genommen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zuvor am 19.12.2018 entschieden, dass die Konzernklausel keine unionsrechtswidrige Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV darstelle.

Die noch offenen Rechtsfragen, die der BFH nach der Entscheidung des EuGH noch zu klären hatte, waren im Wesentlichen, wer als herrschendes Unternehmen i.S.d. § 6a Abs. 3 GrEStG und was als schädliches Ereignis für die Vor- und Nachbehaltensfristen gem. § 6a Satz 4 GrEStG anzusehen ist.

Der BFH legte den Anwendungsbereich des § 6a GrEStG abweichend von der Auffassung der Finanzverwaltung sehr weit aus und gab in sechs von sieben Entscheidungen dem Steuerpflichtigen recht.

Anwendungsbereich des § 6a GrEStG

Die Konzernklausel gem. § 6a GrEStG ist lediglich auf privilegierte Rechtsvorgänge i.S.d. § 6a Satz 1 GrEStG anzuwenden. Dazu gehören Verschmelzungen, Abspaltungen, Aufspaltungen, Ausgliederungen und Vermögensübertragungen i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 UmwG sowie Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge.

Wird durch einen derartigen Vorgang die Grunderwerbsteuer durch die Ersatztatbestände gem. § 1 Abs. 2 bis Abs. 3a GrEStG oder durch § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG ausgelöst, dann soll gem. § 6a GrEStG die dadurch entstehende Steuer innerhalb von Konzernstrukturen verhindern, um konzerninterne Umstrukturierungen zu begünstigen.

Eine begünstigungsfähige Konzernstruktur gem. § 6a GrEStG liegt vor, wenn ausschließlich ein herrschender Unternehmer und ein von diesem abhängiges Unternehmen oder zwei abhängige Unternehmen untereinander beteiligt sind.

Als ein abhängiges Unternehmen wird dabei gem. § 6a Satz 4 GrEStG definiert, wenn eine Gesellschaft mindestens fünf Jahre vor und nach dem Rechtsvorgang unmittelbar oder mittelbar 95 % der Anteile an der Tochtergesellschaft hält.

Herrschendes Unternehmen

Die Finanzverwaltung sah bisher nur einen Gesellschafter als herrschendes Unternehmen an, wenn dieser auch umsatzsteuerlicher Unternehmer i.S.d. § 2 UStG war. Dies hat der BFH in zwei der o.g. Urteile zurückgewiesen.

Es reicht nach der Auffassung des BFH daher aus, wenn ein Rechtsträger i.S.d. GrEStG wirtschaftlich tätig ist, was laut dem BFH auch bereits bei einem Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft gegeben ist.

Vor- und Nachbehaltensfristen

Der BFH legt in den o.g. Urteilen die Voraussetzungen für die fünfjährigen Vor- und Nachbehaltensfristen weit aus. Einheitlich mit der herrschenden Auffassung in der Literatur sollen auch Vorgänge begünstigt sein, bei denen die Fristen dem Grunde nach nicht eingehalten werden können, da z.B. ein neuer Rechtsträger durch eine Abspaltung oder Aufspaltung entsteht. Eine nach der Auffassung der Finanzverwaltung durchzuführende Verbundprüfung hat der BFH ebenfalls abgelehnt.

Praxishinweis

Dass das BMF die Urteile des BFH zur Konzernklausel nun vollständig anwendet, ist zu begrüßen. Um noch weitere Zweifelsfragen zu klären, wäre jedoch ein darüber hinausgehendes BMF-Schreiben wünschenswert. Dies würde in der Praxis weitere Rechtssicherheit bei einer Vielzahl an weiteren Umwandlungsvorgängen schaffen. Nach der Sichtweise des BFH ist die Konzernklausel jedoch grundsätzlich weit auszulegen, damit sie eine echte Steuerbegünstigung darstellen kann.

BFH, Urt. v. 21.08.2019 - II R 21/19
BFH, Urt. v. 21.08.2019 - II R 20/19
BFH, Urt. v. 21.08.2019 - II R 19/19
BFH, Urt. v. 22.08.2019 - II R 18/19
BFH, Urt. v. 22.08.2019 - II R 17/19
BFH, Urt. v. 21.08.2019 - II R 16/19
BFH, Urt. v. 21.08.2019 - II R 15/19

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, Diplom-Finanzwirt (FH)