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Verfahrensrecht -

Zinsanspruch bei Steuererstattungen aus EU-Recht

Steuern, die unter Verstoß gegen das EU-Recht erhoben worden sind, müssen bei der Erstattung verzinst werden. Das hat der BFH nach einer EuGH-Vorlage klargestellt. Im Streitfall waren Vorauszahlungen auf die Stromsteuer (StromStG) geleistet worden - ohne Berücksichtigung einer nach Unionsrecht fakultativen Steuerbegünstigung. Die Verzinsung der Erstattungsbeträge hatte das Hauptzollamt abgelehnt.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 15.11.2022 (VII R 29/21 (VII R 17/18)) seine Grundsätze zur Verzinsung von Steuern konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Der Kläger A machte Vorauszahlungen auf die Stromsteuer, die ihm später teilweise erstattet wurden. Auf den Erstattungsbetrag beantragte A die Festsetzung von Zinsen, die das zuständige Hauptzollamt (HZA) ablehnte. Das Finanzgericht (FG) folgte dem HZA, der BFH hingegen nicht.

Grundsätze und Entscheidung im Besprechungsfall 

Eine Verzinsung für die Stromsteuer ist nicht vorgesehen. Allerdings folgt der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, die unter Verstoß gegen das Unionsrecht erhobenen Steuerbeträge zzgl. Zinsen zu erstatten, aus dem Unionsrecht. 

In Ermangelung einer unionsrechtlichen Vorschrift regeln die einzelnen Mitgliedstaaten die Bedingungen für die Zahlung solcher Zinsen, insbesondere den Zinssatz und die Berechnungsmethode für die Zinsen, selbst. 

Dabei ist der zu Unrecht erhobene Betrag der Steuer zu verzinsen, weil der Wirtschaftsbeteiligte auch in diesem Fall nicht über die Steuer verfügen konnte und dadurch Einbußen erlitten hat. Hieraus folgt, dass der zu Unrecht erhobene Steuerbetrag ab Zahlung der Steuer zu verzinsen ist. 

Insbesondere dürfen die Zinszahlungsmodalitäten nicht dazu führen, dass dem Betreffenden eine angemessene Entschädigung für die erlittenen Einbußen vorenthalten wird.

Der Berechnung des Zinsbetrags ist der Zeitraum zwischen der überhöhten Zahlung und der Erstattung der nicht geschuldeten Stromsteuer zugrunde zu legen. Der Zinslauf beginnt mit der Entrichtung der Vorauszahlungen, wenn bereits diese zu hoch angesetzt waren, weil der Berechnung zu Unrecht der Regelsteuersatz anstelle des ermäßigten Steuersatzes zugrunde gelegt wurde. 

Durch die Vorauszahlungen wird die Fälligkeit der Steuer gleichsam vorverlegt, weil dadurch Abschlagszahlungen auf eine eigentlich erst später fällig werdende Steuerschuld verlangt werden. Auf eine Festsetzung der Jahressteuer oder den Zeitpunkt der Aufrechnung mit den Vorauszahlungen kommt es dagegen nicht an. 

Der Berechnung des Zinsbetrags ist der gesamte Zeitraum ab Leistung der jeweiligen Vorauszahlung bis zur Erstattung der überzahlten Stromsteuer zugrunde zu legen. 

Eine entsprechende Beschränkung des zu verzinsenden Zeitraums auf volle Zinsmonate entsprechend § 238 AO widerspräche dem Effektivitätsgrundsatz, da die Geltendmachung eines Teils des Zinsanspruchs im Ergebnis unmöglich gemacht würde. 

Da die Zahlungen 2014 erfolgten, wendet der BFH den Zinssatz gem. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO a.F. an, also 0,5 % pro Monat. Der Zinssatz i.H.v. 0,5 % steht im Einklang mit den unionsrechtlichen Vorgaben, weil er auch im Fall der Verzinsung eines Erstattungsanspruchs aus nationalem Recht anzuwenden ist und somit keine Benachteiligung des A vorliegt. 

Da das FG nicht geklärt hatte, wann A die Vorauszahlungen auf die Stromsteuer geleistet hat und in welcher Höhe diese gegen Unionsrecht verstoßen haben, verwies der BFH die Sache zur weiteren Verhandlung an das FG zurück.

Praxishinweis

Der BFH hat mit der Entscheidung seine Grundsätze zur Verzinsung wie folgt konkretisiert: Wurde eine nach Unionsrecht fakultative Steuerbegünstigung zu Unrecht nicht gewährt, so dass der Steuerpflichtige Vorauszahlungen geleistet hat, ist ein daraus resultierender Erstattungsanspruch zu verzinsen. 

Der Verzinsungszeitraum beginnt mit der Leistung der jeweiligen Vorauszahlung und endet mit der Erstattung des unter Verstoß gegen Unionsrecht festgesetzten Steuerbetrags. Die Pflicht zur Verzinsung erstreckt sich auf den gesamten Zeitraum, in dem der Betrag dem Steuerschuldner nicht zur Verfügung stand, nicht nur auf volle Zinsmonate gem. § 238 Abs. 1 Satz 2 AO.

BFH, Urt. v. 15.11.2022 - VII R 29/21 (VII R 17/18)

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