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Einkommensteuer -

Kapitalertragsteuer: Zinsen auf Erstattungsbeträge?

Besteht nach einer verweigerten bzw. verzögerten Erstattung von Kapitalertragsteuer ein Anspruch auf Zinsen? Der BFH hat klargestellt, dass zu Unrecht nicht erstattete Kapitalertragsteuerbeträge gemäß EU-Recht zu verzinsen sind. Der Zinslauf beginnt grundsätzlich drei Monate nach der Einreichung eines formal korrekten Erstattungsantrags und endet mit dem Tag der Auszahlung des Erstattungsbetrags.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 25.02.2025 (VIII R 32/21) entschieden, dass Erstattungsbeträge zur Kapitalertragsteuer nach dem Unionsrecht zu verzinsen sind, wenn dem Anteilseigner/Steuerzahler vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die Erstattung der Kapitalertragsteuer unter Bezugnahme auf § 50d Abs. 3 EStG a.F. ohne Anhaltspunkte, die auf eine missbräuchliche Gestaltung im Einzelfall hindeuten, vorenthalten wird.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin, eine österreichische Kapitalgesellschaft, war an einer deutschen Aktiengesellschaft beteiligt und beantragte beim BZSt die Freistellung von der deutschen Kapitalertragsteuer gem. § 43b EStG. 

Das BZSt lehnte dies unter Verweis auf § 50d Abs. 3 EStG a.F. ab, da es einen steuerlichen Gestaltungsmissbrauch vermutete. 

Die Einsprüche gegen die Ablehnung der Anträge wurden wegen laufender Musterverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ausgesetzt.

Nach den EuGH-Entscheidungen vom 20.12.2017 (C-504/16 und C-613/16) zur Unionsrechtswidrigkeit des § 50d Abs. 3 EStG a.F. erstattete das BZSt die einbehaltene Kapitalertragsteuer. 

Die österreichische Gesellschaft beantragte daraufhin die Festsetzung von Zinsen für den Zeitraum vom Steuereinbehalt bis zur Auszahlung der Erstattungsbeträge. Das BZSt lehnte die Zinszahlung ab. 

Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob die Klägerin eine Untätigkeitsklage, welcher das Finanzgericht nur teilweise stattgab. Der BFH sah die Revision der Klägerin als begründet an.

Verzinsung von Kapitalertragsteuererstattungen

Steueransprüche werden grundsätzlich nur verzinst, soweit dies durch Bundesrecht oder Recht der Europäischen Union vorgeschrieben ist. 

Nach nationalem Recht kommt eine Verzinsung von erstatteten Abzugsteuerbeträgen, wie der Kapitalertragsteuer, gem. § 233a Abs. 1 AO nicht in Betracht. 

Allerdings besteht nach der Rechtsprechung des EuGH ein Anspruch auf Rückzahlung unrechtmäßig nach EU-Recht erhobener Steuern zzgl. Zinsen. 

Die genauen Bedingungen für die Verzinsung entsprechender Erstattungsbeträge sind jedoch nicht im EU-Recht festgelegt, sondern richten sich nach den jeweiligen nationalen Gesetzen.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Der BFH bestätigt mit seinem Urteil, dass bei unionsrechtswidriger Anwendung des § 50d Abs. 3 EStG a.F. ein Anspruch auf Verzinsung von Kapitalertragsteuererstattungen besteht. Voraussetzung ist, dass keine Hinweise auf eine missbräuchliche Gestaltung vorliegen. 

Der Zinslauf beginnt laut BFH drei Monate nach Einreichung eines ordnungsgemäßen Erstattungsantrags und endet mit der Auszahlung des Erstattungsbetrags. 

Die Zinsen sind tagesgenau zu berechnen. Als angemessener Zinssatz sind 6 % jährlich anzusetzen. Wird eine Freistellungsbescheinigung zu Unrecht widerrufen, so beginnt der Zinslauf bereits mit dem Steuerabzug.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH betrifft insbesondere Altfälle des § 50d Abs. 3 EStG a.F. Es ist fraglich, ob die Grundsätze des BFH-Urteils auch auf die neue Rechtslage übertragen werden können, da § 50d Abs. 3 EStG inzwischen geändert wurde. 

Auch für diese Erstattungsbeträge könnte sich aus den Grundsätzen des Unionsrechts ein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer ableiten lassen. 

Angesichts der oftmals langen Bearbeitungszeiten beim BZSt für die Rückerstattung von Quellensteuer kommt der Verzinsung in der Praxis eine erhebliche Bedeutung zu.

BFH, Urt. v. 25.02.2025 - VIII R 32/21

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