Abgeltungsteuer: Forderungsverzicht als steuerlicher Verlust

Welche Folgen hat der Verzicht eines Gesellschafters auf eine Forderung gegen die Gesellschaft nach Einführung der Abgeltungsteuer? Kann dies als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt werden? Der BFH hat entschieden, dass der Verzicht auf eine Darlehensforderung steuerlich zu Verlusten führen kann, wenn der Gesellschafter insoweit auch Anschaffungskosten getragen hat.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie sich der Forderungsverzicht eines Gesellschafters nach Einführung der Abgeltungsteuer steuerlich auswirkt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Mit notariellen Verträgen erwarb der GmbH-Gesellschafter A Forderungen gegen die GmbH von Gesellschaftsgläubigern und entrichtete dafür lediglich einen Teilbetrag des Nennwerts der Forderungen. Hinsichtlich der abgetretenen Forderungen schloss A mit der GmbH einen Darlehensvertrag mit einer Verzinsung von 7 % p.a. 

Der Zinsanspruch sollte erst entstehen, wenn in der Bilanz der GmbH erstmals kein „nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag“ mehr ausgewiesen wurde. A verzichtete in der Vereinbarung auf einen Teilbetrag seiner Darlehensforderung, ohne dass ein Rangrücktritt vereinbart wurde.

Gleichzeitig wurde in derselben Höhe eine Zuführung in die Kapitalrücklage der GmbH beschlossen. In der Bilanz der GmbH zum 31.12.2010 wurde das verbleibende Gesellschafterdarlehen des A ausgewiesen.

In der Einkommensteuererklärung belegte A in der Anlage KAP lediglich Zinsaufwendungen im Zusammenhang mit der Finanzierung des Kaufpreises für den Forderungserwerb und beantragte die Günstigerprüfung für sämtliche Kapitalerträge sowie die Überprüfung des Steuereinbehalts für bestimmte Kapitalerträge und die Anwendung der tariflichen Einkommensteuer.

Bei der Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr erkannte das Finanzamt die Finanzierungskosten zunächst nur teilweise an. A legte gegen den Einkommensteuerbescheid aus verschiedenen Gründen Einspruch ein, welcher teilweise ohne Erfolg blieb. A machte erstmals im Klageverfahren geltend, dass ihm aufgrund des Teilverzichts auf seine Forderung aus dem Gesellschafterdarlehen ein Veräußerungsverlust entstanden ist.

Er habe die Darlehensforderungen gegen die GmbH teilentgeltlich erworben und im Zusammenhang mit dem Darlehensverzicht Anschaffungskosten aufgewandt. Dieser Verlust aus dem Forderungsverzicht sei als negative Kapitaleinkunft zu berücksichtigen und mit tariflich zu besteuernden Einkünften zu verrechnen.

Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen, der BFH folgte dem.

Behandlung eines Forderungsverzichts des Gesellschafters

Zwar kann der Forderungsverzicht eines Gesellschafters zu negativen Einkünften aus Kapitalvermögen führen, die mit positiven Einkünften anderer Einkunftsarten verrechnet werden können. Allerdings muss der Forderungsverzicht dabei zu einer (verdeckten) Einlage führen, welche nach Einführung der Abgeltungsteuer unter § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG fällt. Dies setzt voraus, dass der Gesellschafter auf den werthaltigen Teil seiner Forderung verzichtet.

Denn nach Einführung der Abgeltungsteuer kann der Verzicht auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung zu negativen Kapitaleinkünften führen, da der Verzicht einer Abtretung der Forderung gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG gleichsteht. Sollte die erlassene Forderung jedoch nicht mehr vollwertig sein, beschränkt sich die Einlage auf den werthaltigen Teil.

Beim endgültigen Verzicht in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung liegt ein Forderungsausfall vor, welcher nach der Einführung der Abgeltungsteuer gem. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG steuerlich zu berücksichtigen ist.

Jedoch hat A nach Ansicht des BFH auf den nicht werthaltigen Teil der Forderung verzichtet und insoweit keine Aufwendungen getragen. Infolge dessen liegt kein steuerlich zu berücksichtigender Verlust vor. Eine Einstellung in die Kapitalrücklage der GmbH ändert ebenfalls nichts, weil der verzichtende Gesellschafter im Rahmen des § 20 Abs. 2 EStG keine Dispositionsbefugnis hat.

Soweit die Forderung nicht mehr werthaltig ist, bewirkt der Forderungsverzicht einen Forderungsausfall und steht so einer Abtretung gleich. Nach Ansicht des BFH ist dies unabhängig davon, ob der Verzicht freiwillig erfolgt. Steuerliche Auswirkungen hat der Forderungsverzicht aber nur, wenn der Steuerpflichtige für den nicht werthaltigen Teil der Forderung Anschaffungskosten getragen hat. Daran fehlt es im vorliegenden Fall allerdings, so dass der BFH die Klage abgewiesen hat.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Finanzierungshilfen eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft weiter konkretisiert. Der Verzicht auf eine Forderung kann steuerlich zu Verlusten führen, allerdings nur dann, wenn der Gesellschafter Anschaffungskosten getragen hat. Insoweit hat der BFH nun für Rechtssicherheit und Klarheit gesorgt.

BFH, Urt. v. 06.08.2019 - VIII R 18/16

RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht

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