Lange erwartet: BMF veröffentlicht Schreiben zur Ertragsbesteuerung von virtuellen Währungen und sonstigen Token

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Token, Mining, Kryptowährung: Die rasante Entwicklung von digitalen Währungen wie Bitcoin oder Ether sorgte lange Zeit für Rechtsunsicherheit bei ertragsteuerlichen Fragen. Nun ist erstmals mit dem BMF-Schreiben vom 10.5.2022 eine lange erwartete verbindliche Verwaltungsanweisung veröffentlicht worden.

 

Das BMF-Schreiben behandelt unterschiedliche Sachverhalte rund um Kryptowährungen, die zum einen technisch erläutert und zum anderen ertragsteuerrechtlich eingeordnet werden. Themen sind:

  • An- und Verkauf von Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ether
  • Blockerstellung (bei Bitcoin Mining genannt)
  • Staking, Lending, Hard Forks, Airdrops
  • Ertragsteuerrechtliche Besonderheiten von Utility und Security Token
  • Token als Arbeitnehmereinkünfte

Kontroverse um Zehnjahresfrist

In einer Anhörung im Sommer 2021 hatten sich Verbände und Praktiker mit Stellungnahmen als Reaktion auf den ersten Entwurf eines BMF-Schreibens an das Finanzministerium gewandt.

Heiß diskutiert wurde darüber, ob Vorgänge wie Lending und Staking zu einer Verlängerung der Frist führen können, innerhalb derer ein privater Verkauf der hierfür genutzten virtuellen Währung als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Einkommensteuergesetz steuerpflichtig ist. Bereits im Anschluss ließ die Regierung durchblicken, dass im finalen BMF-Schreiben zur Besteuerung von Kryptowährungen die Haltefrist bei Staking/Lending nicht auf 10 Jahre verlängert werden soll, wie noch ursprünglich beabsichtigt – was in der „Kryptoszene” natürlich für Freude sorgte.

BMF-Schreiben bestätigt: Keine Verlängerung auf Zehnjahresfrist bei Staking oder Lending

Das vorliegende BMF-Schreiben bestätigt dies nun. Privatpersonen können Kryptowährungen also nach einem Jahr steuerfrei verkaufen – auch dann, wenn zuvor Lending oder Staking betrieben wurde.

Die Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel betonte, dass das BMF sich auch weiterhin in enger Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder und unter Einbindung der Verbände mit ertragsteuerrechtlichen Fragen rund um virtuelle Währungen und Token befassen werde. Dies erscheint sinnvoll, da im Bereich der Kryptowährungen immer wieder neue Entwicklungen aufkommen, die durch derzeitige Regelungen nicht abgedeckt sind.

Die Themenschwerpunkte des BMF-Schreibens vom 10.5.2022 im Detail

Wirtschaftsgutqualität

Im Rahmen der Beschreibung der ertragsteuerrechtlichen Einordnung stellt das BMF zunächst fest, dass die einzelnen Einheiten von virtuellen Währungen und sonstigen Token Wirtschaftsgüter sind. Sie sind handelbar, ein Marktpreis ist zu ermitteln und sie sind einer selbständigen Bewertung zugänglich.

Proof of Work (Mining) und Proof of Stake (Forging)

Sowohl das Mining als auch das Forging stellen Anschaffungsvorgänge dar und können je nach den Umständen des Einzelfalls der privaten oder der betrieblichen Sphäre zugerechnet werden. Sowohl die Blockbelohnung als auch die erhaltenen Transaktionsgebühren stellen dabei Einnahmen dar.

Einkünfte nach § 15 EStG

Es gelten die allgemeinen Regeln. Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 Abs. 2 EStG liegen dann vor, wenn die Voraussetzungen des Gewerbebetriebs erfüllt sind. Die Erstellung ist dann eine nachhaltige Tätigkeit, wenn sie auf Wiederholung angelegt und auf Dauer geeignet ist, Gewinne zu erzielen. Die Blockerstellung ist nach Ansicht des BMF keine private Vermögensverwaltung.

Betriebsvermögen

Virtuelle Währungen und sonstige Token stellen im steuerlichen System nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter materieller Art dar. Die Anschaffungskosten sollen dem Marktkurs zum Anschaffungszeitpunkt entsprechen.

Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG

Im Zeitpunkt des Zugangs stellen die virtuellen Währungen und sonstigen Token aufgrund eines tauschähnlichen Vorgangs bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG Betriebseinnahmen dar. Die Anschaffungskosten sind bei einer Veräußerung oder bei einer Entnahme als Betriebsausgaben abzuziehen.

Sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG

Können Einkünfte aus der Blockerstellung keiner anderen Einkunftsart zugerechnet werden, beispielsweise weil mangels Nachhaltigkeit keine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, sind die Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG als sonstige Einkünfte steuerbar. Gleiches gilt im Übrigen für Einnahmen aus Staking durch Bereitstellung eines Stakes, ohne selbst als Forger an der Blockerstellung beteiligt zu sein.

Einkünfte aus der Veräußerung

Werden virtuelle Währungen und sonstige Token im Betriebsvermögen gehalten, stellen die Veräußerungserlöse Betriebseinnahmen dar. Bei wiederholtem An- und Verkauf kann eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen. Virtuelle Währungen und sonstige Token sind ein "anderes Wirtschaftsgut" i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, und deshalb unterliegen Gewinne aus der Veräußerung aus dem Privatvermögen den Regelungen des privaten Veräußerungsgeschäfts gem. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG, wenn der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr beträgt.

Hinweis: Bei virtuellen Währungen kommt eine Verlängerung der Veräußerungsfrist (vgl. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG) nicht zur Anwendung.

Ermittlung des Veräußerungsgewinns

Der Veräußerungsgewinn bzw. -verlust ermittelt sich aus dem Veräußerungserlös abzgl. der Anschaffungs- und Werbungskosten. Werbungskosten sind beispielsweise Transaktionsgebühren.

Hinweis: Werden virtuelle Währungen und sonstige Token gegen Einheiten anderer virtueller Währungen getauscht, ist der Wert des Marktkurses am Tauschtag anzusetzen. Kann ein Marktkurs der erhaltenen virtuellen Währung oder der sonstigen Token nicht ermittelt werden, darf der Marktkurs der hingegebenen Einheiten angesetzt werden.

Grundsätzlich ist für die Bestimmung der Verwendungsreihenfolge eine Einzelbetrachtung vorzunehmen. Ist dies nicht möglich, darf für Vereinfachungszwecke unterstellt werden, dass die zuerst angeschafften Token zuerst veräußert werden (FiFo-Methode).

Lending von virtueller Währung und sonstigen Token

Erträge aus der Überlassung (Lending) von virtuellen Währungen und sonstigen Token stellen steuerpflichtige Einnahmen dar. Werden die Währungen und sonstigen Token im Betriebsvermögen gehalten, sind diese Betriebseinnahmen. Für die Nutzungsüberlassung erhaltene Währungen und sonstige Token werden im Zeitpunkt der Zuflusses angeschafft und entsprechend bewertet. Werden die virtuellen Währungen und sonstigen Token im Privatvermögen gehalten, sind die Einkünfte für das Lending als sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG steuerbar.

Erhalt von virtueller Währung durch Hard Forks

Entstehen aufgrund von Hard Forks neue virtuelle Währungseinheiten und wurden die Ursprungseinheiten im Betriebsvermögen gehalten, stellen die neuen Einheiten ebenfalls Betriebsvermögen dar. Aufgrund der verschiedenen Währungen handelt es sich auch um unterschiedliche Wirtschaftsgüter.

Als Inhaber einer virtuellen Währung besteht stets die Möglichkeit, im Rahmen einer Hard Fork der zugrundeliegenden Blockchain zusätzliche Einheiten einer neuen anderen virtuellen Währung zu erhalten. In diesem Vorgang liegt regelmäßig ein Anschaffungsvorgang der neu entstandenen virtuellen Währung.

Die Hard Fork führt im Privatvermögen nicht zu Einkünften aus § 22 Nr. 3 EStG. Erst bei der Veräußerung der neuen virtuellen Währung werden bei einem Gewinn Einkünfte aus einem privaten Veräußerungsgeschäft (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) erzielt, wenn zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als ein Jahr liegt.

Airdrops

Liegt eine betriebliche Veranlassung bezüglich des Erhalts zusätzlicher Einheiten einer virtuellen Währung und sonstigen Token vor, stellen diese Betriebseinnahmen dar. Im Privatvermögen kann der Erhalt von Airdrops zu sonstigen Einkünften gem. § 22 Nr. 3 EStG führen. In der Regel hat der Airdrop einen Marketingcharakter, der zum Erhalt der virtuellen Währung geführt hat, allerdings ist von dem Interessenten häufig zusätzlich auch ein aktives Tun für den Erhalt notwendig. Beispielsweise werden Beiträge in sozialen Medien erwartet oder persönliche Daten zur Verfügung gestellt. Zudem erbringen die Steuerpflichtigen eine Leistung nach § 22 Nr. 3 EStG, wenn sie im Interesse des Projektinitiators bzw. der -initiatorin Bilder, Fotos oder Videos auf einer Plattform hochladen und dafür den Airdrop erhalten. Es liegt damit eine Anschaffung vor, die bei einem späteren Verkauf zu einer Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft führen kann.

Initial Coin Offering (ICO)

Werden ICOs vom Emittenten selbst herausgegeben, können diese bei ihm im Betriebsvermögen sowohl Eigenkapital (Kapitalüberlassung auf Dauer) als auch Fremdkapital (Kapitalüberlassung auf Zeit) darstellen. Die ertragsteuerliche Behandlung erfolgt dabei nach den allgemeinen Grundsätzen. Bei den Token handelt es sich um selbsthergestellte Wirtschaftsgüter, die mit den Herstellungskosten zu aktivieren sind.

Hinweis: Werden durch die Ausgabebedingungen der Token vertragliche Verpflichtungen eingegangen, können diese als Verbindlichkeiten oder Rückstellungen auszuweisen sein.

Utility Token

Die ertragsteuerliche Beurteilung ist abhängig davon, ob die Token den Inhaberinnen und Inhabern eine besondere Rechtsposition einräumen. Deshalb können die Wirtschaftsgüter als Finanzanlage oder als Forderung zu bilanzieren sein. Im Übrigen gelten die allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze. Werden die Token im Privatvermögen gehalten und veräußert, können Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften vorliegen.

Security Token

Die Security Token können je nach Ausgestaltung Wertpapiere oder andere Finanzinstrumente sein. Wertpapiere liegen vor, wenn die entsprechenden Voraussetzungen des § 2 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 WpHG vorliegen.

Hinweis: Die Voraussetzungen für Wertpapiere werden im Schreiben des BMF vom 20.02.2018 - WA 11-QB 4100-2017/0010 erläutert. Sind die Security Token als Wertpapiere zu klassifizieren, können die laufenden Einkünfte solche aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 7 EStG und der Veräußerungsgewinn einen solchen aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 7 EStG darstellen.

Token als Einkünfte aus § 19 EStG

Die verbilligte oder unentgeltliche Überlassung von Token kann im Einzelfall auch als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit steuerpflichtig sein. Die Bewertung erfolgt gem. § 8 EStG nach den allgemeinen Grundsätzen. Zufluss liegt regelmäßig im Zeitpunkt der Einbuchung auf der Wallet vor.

Fazit zum BMF-Schreiben vom 10.5.2022

Das BMF-Schreiben soll den Steuerpflichtigen den steuerlichen Umgang mit virtuellen Währungen und sonstígen Token erleichtern. Gleichzeitig versucht das BMF dadurch, die Gewinne aus den Geschäften der Besteuerung zuzuführen. Wenn in der Vergangenheit z.B. der Bitcoin als Währung eher einen zweifelhaften Ruf besaß, ist er mittlerweile in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Keiner sollte dem Trugschluss unterliegen, dass Erträge aus virtuellen Währungen anonym erzielt werden und deshalb der Besteuerung nicht zugänglich gemacht werden müssen. In jeder Blockchain kann jede Transaktion nachverfolgt und können somit Käufer und Verkäufer ermittelt werden, auch durch das Finanzamt.

Dr. Peter Steinberg, Rechtsanwalt, FAStR, FAStrafR, Dipl. Finanzwirt (FH)

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