Gesamtplan bei unentgeltlichen Übertragungen: BMF nimmt Stellung

Bei Umstrukturierungen insbesondere zum Zweck der Unternehmensnachfolge im Bereich der mittelständischen Unternehmen spielt § 6 Abs. 3 EStG eine wichtige Rolle. Durch die Anordnung der Buchwertfortführung können Übertragungen von Betrieben, Teilbetrieben sowie Mitunternehmeranteilen steuerneutral übertragen werden.

Übertragungen von einzelnen Wirtschaftsgütern können entsprechend nach § 6 Abs. 5 EStG steuerneutral durchgeführt werden. Entscheidend hierbei ist, wie § 6 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 5 EStG im Zusammenspiel funktionieren, insbesondere ob die buchwertneutrale Übertragung im nahen zeitlichen Zusammenhang mit einer Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG möglich ist. Hier spielt die Frage eines schädlichen Gesamtplans eine zentrale Rolle.

Das BMF hat nun in einem überarbeiteten Schreiben vom 20.11.2019 (IV C 6 - S 2241/15/10003) zu Rechtsprechungsentwicklungen auf BFH-Ebene Stellung zu Zweifelsfragen der Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG genommen.

Anwendungsbereich und Ausgangsbeispiele

Grundlage für die aktuellen Äußerungen des BMF ist das bereits mehrmals geänderte Schreiben zur Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG (erstmalig BMF v. 03.03.2005 - IV B 2 - S 2241 - 14/05, BStBl I 2005, 458).

Übertragende und Aufnehmende bei der buchwertneutralen Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen können natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Kapitalgesellschaften sein.

Werden lediglich Teile eines Mitunternehmeranteils übertragen oder erfolgt eine unentgeltliche Aufnahme in ein Einzelunternehmen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz und Satz 2 EStG, ist die buchwertneutrale Übertragung nur auf natürliche Personen zulässig.

Bei der Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen auf eine Kapitalgesellschaft ist die Anwendung von § 6 Abs. 3 EStG nicht möglich.


Übertragungen auf eine Stiftung sind jedoch ggf. zu Buchwerten möglich; dies stellt das BMF mit weiter differenzierten Beispielen dar.

Zu unterscheiden ist hier die Übertragung auf eine steuerpflichtige und eine steuerbefreite Stiftung. Bei der steuerbefreiten Stiftung ist die buchwertneutrale Übertragung eines Mitunternehmeranteils nur möglich, wenn mit dem Mitunternehmeranteil auch ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb begründet wird. Daher reicht in diesen Fällen die Übertragung des Anteils an einer lediglich gewerblich geprägten und ansonsten nur vermögensverwaltenden GmbH & Co. KG für die Buchwertübertragung nicht aus.

Keine Gesamtplanbetrachtung bei Anwendung von § 6 Abs. 3 und Abs. 5 EStG

Das BMF stellt nun klar, dass das zeitliche Nebeneinander der Übertragung von funktional wesentlichem Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Satz 1, Satz 2 oder Satz 3 EStG zum Buchwert in ein anderes Betriebsvermögen/Sonderbetriebsvermögen und der Übertragung des entsprechend reduzierten Anteils nach § 6 Abs. 3 EStG auf eine weitere Person grundsätzlich unschädlich ist.

Zur Verdeutlichung das Beispiel unter Rdnr. 14 des BMF-Schreibens:

Beispiel:

Der Vater V war Kommanditist bei der X-KG, an die er ein Grundstück (wesentliche Betriebsgrundlage) vermietet hatte. Das Grundstück befand sich im Sonderbetriebsvermögen des Vaters bei der X-KG. Im März 2018 hat V das Grundstück auf eine von ihm neu gegründete GmbH & Co. KG nach § 6 Abs. 5 Satz 3 Nr. 2 EStG übertragen. Dann überträgt V im Juli 2018 den gesamten Anteil an der X-KG auf seinen Sohn.

Lösung:

Ein schädlicher Gesamtplan, der ggf. die Buchwertfortführung der Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG oder ggf. nach § 6 Abs. 5 EStG gefährdet, liegt nach der BFH-Rechtsprechung nicht vor (BFH, Urt. v. 02.08.2012 - IV R 41/11, DStRE 2012, 1414; v. 12.05.2016 - IV R 12/15, BFH/NV 2016, 1376). Die gleichzeitige Anwendung der beiden Buchwertprivilegien ist möglich.

Nach Ansicht des BMF können die Übertragungen nach § 6 Abs. 3 EStG und § 6 Abs. 5 EStG sogar zeit- oder taggleich vollzogen werden, ohne dass dies die jeweilige Buchwertfortführung gefährden würde.

Dies gilt jedoch nicht für steuerpflichtige Entnahmen oder Veräußerungen des Betriebsvermögens; diese dürfen nicht tag- oder zeitgleich erfolgen, sonst ist die Buchwertfortführung für die Anteilsübertragung gefährdet. Somit kann auch zeitnah eine steuerpflichtige Veräußerung oder Entnahme von Betriebsvermögen erfolgen, ohne dass ein schädlicher Gesamtplan unterstellt wird, eben nur nicht zeit- oder taggleich.

Problematik der Betriebszerschlagung

Eine Anwendung der Buchwertfortführung ist nach § 6 Abs. 3 EStG nicht möglich, wenn hierdurch eine Betriebszerschlagung im Unternehmen des zu übertragenden Mitunternehmeranteils stattfindet. Auch nach der Auslagerung des Betriebsvermögens bzw. Sonderbetriebsvermögens muss weiterhin eine funktionsfähige betriebliche Einheit bestehen und die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt sein.

Allerdings ist es nicht notwendig, dass der Betrieb im vorherigen Umfang weitergeführt wird, auch bei der Weiterführung eines durch Übertragungen nach § 6 Abs. 5 EStG entsprechend verkleinerten Betriebs sieht das BMF die Buchwertfortführung als möglich an (vgl. Rdnr. 12), wenn eine funktionsfähige betriebliche Einheit vorliegt.

Hinweis: Der Prüfung der Lebensfähigkeit des "Restbetriebs" kommt somit entscheidende Bedeutung zu. Diese muss nach Ansicht der Finanzverwaltung durchgehend bestehen, auch nach der Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG. Maßnahmen, die erst nach der Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern vor der Übertragung des Restanteils wieder eine funktionsfähige betriebliche Einheit herstellen, retten also nicht die Buchwertfortführung.

Zeitlich gestreckte Betriebsaufgabe

Die Aufgabe einer betrieblichen Einheit und damit auch eines Mitunternehmeranteils kann in mehreren Schritten zeitlich gestreckt als einheitlicher, steuerbegünstigter Vorgang nach §§ 16, 34 EStG erfolgen. Ein einheitlicher Vorgang liegt dann noch vor, wenn zwischen dem Entschluss zur Aufgabe und der letztendlichen Veräußerung oder Entnahme nicht mehr als 18 Monate liegen (Rdnr. 15).

Das BMF stellt klar, dass in den Fällen einer zeitlich gestreckten Betriebsaufgabe auch weiterhin noch der Gedanke des Gesamtplans im Rahmen eines zeitlich gestreckten Aufgabevorgangs anzuwenden ist.

Der Gesamtplangedanke dient in diesem Bereich der Verwirklichung des Zwecks der Vergünstigungen nach den §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG, die zusammengeballte Realisierung der während vieler Jahre entstandenen stillen Reserven nicht ungemildert dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen.

Die Abkehr vom Gesamtplan bei der kombinierten Anwendung der §§ 6 Abs. 5, 6 Abs. 3 EStG strahlt also nicht auf den Gesamtplangedanken im Rahmen einer zeitlich gestreckten Betriebsaufgabe aus.

Auch im Zusammenhang mit der Anwendung der Vergünstigung nach §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG muss darauf geachtet werden, dass bei vorherigen Übertragungen nach § 6 Abs. 5 EStG eine funktionsfähige betriebliche Einheit erhalten bleibt, da ansonsten die Anwendung der Vergünstigungen nicht möglich ist.

Nießbrauchsvorbehalt und Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils

Die Übertragung eines Mitunternehmeranteils unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts steht der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen, wenn der Unternehmer Mitunternehmer wird.

Die unentgeltliche Übertragung eines im Ganzen verpachteten gewerblichen Einzelunternehmens unter Vorbehalt eines Nießbrauchsrechts ist allerdings kein von § 6 Abs. 3 EStG erfasster Vorgang (BFH, Urt. v. 25.01.2017 - X R 59/14).

Entsprechendes gilt auch für die Übertragung des Teils eines Mitunternehmeranteils unter Nießbrauchsvorbehalt.

Im BMF-Schreiben wurde außerdem noch der Bereich der Mitübertragung von funktional-wesentlichen Sonderbetriebsvermögen ergänzt und an Rechtsprechungsentwicklungen angepasst.

Fazit: Mehr Sicherheit bei der Unternehmensnachfolgeplanung

Die Klarstellung, dass der Gedanke eines schädlichen Gesamtplans bei kombinierten Vorgängen nach den §§ 6 Abs. 5, 6 Abs. 3 EStG nicht anzuwenden ist, nimmt insbesondere im Bereich der Unternehmensnachfolgeplanung der Umstrukturierungen in mittelständischen Personengesellschaftskonzernen einige Unsicherheiten in der Planung.

Das Erfordernis, dass nach der Übertragung von Betriebsvermögen noch ein lebensfähiger Betrieb bestehen muss, ist entsprechend zu beachten.

BMF -Schreiben v. 20.11.2019 - IV C 6 - S 2241/15/10003

Thorsten Wagemann, Steuerberater, Dipl.-Wirtschaftsjurist

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