Gesellschafterdarlehen: Abgeltungsteuer anwendbar?

Welcher Steuersatz gilt für Zinsen aus Gesellschafterdarlehen? Der BFH hat das für die Rechtslage vor dem Jahressteuergesetz 2020 geklärt. Zinsen aus Darlehen an eine ausländische Kapitalgesellschaft sind demnach bei einer mittelbaren Beteiligung von mindestens 10 % mit dem regulären tariflichen Steuersatz zu besteuen - eine Anwendung des gesonderten Abgeltungsteuertarifs ist ausgeschlossen.

Mit Beschluss vom 27.06.2023 (VIII R 15/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Zinsen aus einem Darlehen eines Steuerpflichtigen an eine ausländische Kapitalgesellschaft, an der er mittelbar zu mindestens 10 % beteiligt ist, gem. § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b Satz 2 EStG a.F. von der Anwendung des Abgeltungsteuertarifs nach § 32d Abs. 1 EStG ausgeschlossen sind. 

Sachlage im Streitfall

Der Kläger war Alleingesellschafter einer im Ausland ansässigen Kapitalgesellschaft, welche wiederum an einer ausländischen Kapitalgesellschaft beteiligt war. Er hatte der Tochtergesellschaft ein Darlehen gewährt, aus welchem ihm Darlehenszinsen i.H.v. 410.000 € im Streitjahr gezahlt wurden. 

In seiner Steuererklärung gab der Kläger die Zinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen an, die nach dem Abgeltungsteuertarif gem. § 32d Abs. 1 EStG zu besteuern sind. 

Das Finanzamt veranlagte zunächst erklärungsgemäß, änderte jedoch später den Bescheid und berücksichtigte die Zinseinnahmen unter Verweis auf § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG mit dem tariflichen Einkommensteuertarif.

Der Einspruch gegen den Änderungsbescheid sowie das anschließende Klageverfahren blieben ohne Erfolg. Der BFH sah die Revision des Klägers als unbegründet an und wies diesen daher zurück.

Anwendung des Einkommensteuertarifs für Zinsen aus Gesellschafterdarlehen

Der gesonderte Abgeltungsteuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 32d Abs. 1 EStG i.H.v. 25 % ist nicht anzuwenden, wenn Kapitalerträge i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG von einer Kapitalgesellschaft an einen Anteilseigner gezahlt werden, der zu mindestens 10 % an der Gesellschaft beteiligt ist. 

Dies gilt auch, wenn der Gläubiger der Kapitalerträge eine dem Anteilseigner nahestehende Person ist. 

Ein Näheverhältnis zwischen Gläubiger und Kapitalgesellschaft kann demnach angenommen werden, wenn der Gläubiger aufgrund seiner Beteiligung über die Mehrheit der Stimmanteile der Gesellschaft verfügt, welche mindestens zu 10 % an dem Schuldner der Kapitalerträge beteiligt ist. 

Dadurch kann der Gläubiger auch mittelbar Einfluss auf die Kapitalgesellschaft ausüben, der er das Darlehen gewährt hat. 

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Nach Auffassung des BFH waren diese Voraussetzungen im Streitfall gegeben. Der Kläger konnte über die Anteilsmehrheit an der Muttergesellschaft Einfluss auf deren Tochtergesellschaft ausüben. 

Dass die Tochtergesellschaft weder Sitz noch Geschäftsleitung im Inland hat, ist für die Anwendung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG a.F. irrelevant. Das Tatbestandsmerkmal „Kapitalgesellschaft“ besagt nach Ansicht des BFH nicht, dass eine Anwendung auf inländische Kapitalgesellschaften beschränkt ist. 

Vielmehr soll insgesamt die Nutzung von Steuersparmodellen durch die Nutzung von Steuersatzunterschieden genutzt werden. Dies gilt somit ebenfalls für Darlehen, die an ausländische Kapitalgesellschaften gewährt wurden.

Praxishinweis: § 32d Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 Buchst. b EStG wurde mit dem JStG 2020 neu gefasst. Darlehen, die vor dem 01.01.2021 gewährt worden sind, unterliegen weiterhin der alten Rechtslage. 

 

Für nach dem 01.01.2021 gewährte Darlehen gilt jedoch die neue Fassung des § 32d Abs. 1 Nr. 1 EStG. Der Berücksichtigung der Zinszahlung stünde dabei nicht entgegen, dass die Zinszahlungen bei der ausländischen Kapitalgesellschaft als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Demnach sind die Zinsen aus einem Gesellschafterdarlehen stets mit dem Abgeltungsteuersatz zu besteuern.

BFH, Beschl. v. 27.06.2023 - VIII R 15/21

Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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