Vom Wachstumschancengesetz ins Kreditzweitmarktförderungsgesetz: Dringende steuerliche Änderungen in anderes Gesetzgebungsverfahren verschoben

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Der Gesetzgeber hat einige steuerliche Änderungen aus dem im Vermittlungsverfahren befindlichen Wachstumschancengesetz in das bereits laufende Gesetzgebungsverfahren zum Kreditzweitmarktförderungsgesetz verschoben, damit sie noch vor dem Jahreswechsel in Kraft treten können.

Das Gesetz ist am 14.12.2024 vom Deutschen Bundestag beschlossen worden (auf der Grundlage der Beschlussempfehlung, BT-Drucks. 2097/82). Der Bundesrat hat am 15.12.2024 zugestimmt (BR-Drucks.656/23).

Im Kreditzweitmarktförderungsgesetz sind einige zeitkritische Maßnahmen umgesetzt worden, die nur vergleichsweise geringe oder gar keine Haushaltsauswirkungen haben:

1. Anpassungen an das MoPeG

Zum 01.01.2024 treten wesentliche Änderungen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10.08.2021 (BGBl. 2021 I Satz 3436) in Kraft, insbesondere die weitgehende Aufhebung der Regelungen zur gesamthänderischen Vermögensbindung aus dem BGB.

Wie bei Kapitalgesellschaften erfolgt ab dem 01.01.2024 eine strikte Trennung der Vermögenssphären zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter.

Daraus soll sich aber keine Änderung der ertragsteuerlichen Behandlung von Personengesellschaften ergeben.

§ 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird wie folgt geändert: "Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft zustehen, werden den Beteiligten oder Gesellschaftern anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist.

Rechtsfähige Personengesellschaften gelten für Zwecke der Ertragsbesteuerung als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen."

An anderen Stellen der AO erfolgen Anpassungen an das MoPeG. So sind Personenvereinigungen i.S.d. neuen § 14a AO teilweise rechtsfähig.

In Zusammenhang damit wird auch die Einspruchsbefugnis (352 AO) ab 2024 neu geregelt: Bei rechtsfähigen Personenvereinigungen ist grundsätzlich allein die Personenvereinigung einspruchsbefugt und nicht mehr wie bisher der zur Vertretung berufene Geschäftsführer.

Der Anpassung an das MoPeG dient auch der neue § 14b AO. Soweit eine Körperschaft mit Sitz im Ausland und Ort der Geschäftsleitung im Inland nach den Steuergesetzen selbst Steuerschuldner ist, soll sie ungeachtet ihrer zivilrechtlichen Einordnung in Deutschland selbst Inhaltsadressat von diesbezüglichen Verwaltungsakten sein.

Sonderregelungen gibt es hingegen bei der Erbschaft- und der Grunderwerbsteuer:

  • Bei der Erbschaftsteuer sollen das Transparenzprinzip und das Gesamthandsprinzip fortgeführt werden. Bei einer Zuwendung an eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter nach dem neuen § 2a ErbStG als Erwerber. Bei einer Zuwendung durch eine rechtsfähige Personengesellschaft gelten deren Gesellschafter als Zuwendende.
  • Bei der Grunderwerbsteuer könnten die Steuervergünstigungen des § 5 Abs.1 und 2 GrEStG, des § 6 Abs.3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Abs.2 GrEStG, die auf die Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) abzielen, durch das MoPeG keinen Anwendungsraum mehr haben. Mit der Einführung eines neuen § 24 GrEStG wird der Status quo zunächst für drei Jahre befristet fortgeführt, indem Personengesellschaften weiterhin für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand fingiert werden.

2. Zinsschranke

Nach der in Deutschland bereits seit Jahren geltenden Zinsschranke (§ 4h EStG) sind die Nettozinsaufwendungen eines Betriebs (Zinsaufwendungen abzgl. Zinserträge) grundsätzlich nur bis zur Höhe von 30 % des um die Zinsen und Abschreibungen bereinigten maßgeblichen Gewinns ("verrechenbares EBITDA") abziehbar.

Nicht abziehbare Nettozinsaufwendungen werden in nachfolgende Wirtschaftsjahre vorgetragen (Zinsvortrag). Nicht genutztes EBITDA-Volumen wird in die folgenden fünf Wirtschaftsjahre vorgetragen (EBITDA-Vortrag).

Die Zinsschranke kommt bislang nur bei konzernzugehörigen Betrieben zur Anwendung (sog. Stand-alone-Klausel), deren Netto­zinsaufwendungen 3 Mio. € pro Wirtschaftsjahr übersteigen (Freigrenze).

Zudem sieht die Regelung den sog. Eigenkapital-Escape (EK-Escape) für konzernzugehörige Betriebe vor. Demnach kommt die Zinsschranke nicht zur Anwendung, wenn die Eigenkapitalquote des Betriebs am Ende des vorangegangenen Abschlussstichtages nicht niedriger ist als die des Konzerns (wobei ein unwesentliches Unterschreiten um bis zu 2 Prozentpunkte toleriert wird).

Neben einiger aufgrund der ATAD-Richtlinie der EU zwingend erforderlichen Änderungen werden weitere Korrekturen hinsichtlich des Zinsvortrags und des EBITDA-Vortrags vorgenommen (vgl. dazu auch Steuer-Telex 43/2023).

Insbesondere wird der Begriff der Zinsaufwendungen an die ATAD angepasst und erweitert (§ 4h Abs. 3 Satz 2 EStG). Zinsaufwendungen im Sinne der Zinsschranke sind zukünftig auch mit Vergütungen für Fremdkapital wirtschaftlich gleichwertige Aufwendungen und sonstige Aufwendungen im Zusammenhang mit der Beschaffung von Fremdkapital.

Die Änderungen sind erstmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die nach dem Tag des Gesetzesbeschlusses des Deutschen Bundestags (14.12.2023) beginnen und nicht vor dem 01.01.2024 enden (§ 52 Abs.8b EStG).

Tipp: Die wichtigste Änderung aus dem Gesetzentwurf zum Wachstumschancengesetz ist jedoch nicht übernommen worden. Die sog. Anti-Fragmentierungsregelung wird nicht umgesetzt. Sie sollte Gestaltungen bekämpfen, bei denen gezielt mehrere Tochterkapitalgesellschaften gegründet wurden, um die Freigrenze für jede dieser Tochtergesellschaften als eigenständigen Betrieb im Sinne der Zinsschranke und damit mehrfach in Anspruch zu nehmen.

Keine Besteuerung der Dezemberhilfe 2022

§ 123 Abs. 1 EStG regelte bisher, dass alle im Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz (EWSG) benannten Entlastungen der Besteuerung unterliegen sollten. Durch die komplexen Regelungen des § 124 EStG sollte ein sozialer Ausgleich sichergestellt werden, indem der Vorteil aus der Dezember-Soforthilfe in einem umso größeren Umfang dem zvE zugerechnet wird, je höher das zvE der Empfänger ist.

Auf die Besteuerung der Dezember-Soforthilfe für die hohen Kosten für Erdgas soll nun doch, insbesondere aufgrund der Komplexität, verzichtet werden. Die Regelungen werden daher ersatzlos und rückwirkend gestrichen.

Berücksichtigung von Pflegeversicherungsbeiträgen

Um die finanzielle Stabilität der Pflegeversicherung zu sichern und geplante Leistungsanpassungen zu ermöglichen, war u.a. eine Anhebung des Beitragssatzes zum 01.07.2023 erfolgt.

Gleichzeitig ist eine Differenzierung nach der Kinderzahl eingeführt worden. Das hat Auswirkungen auf den Lohnsteuerabzug.

Ab zwei Kindern muss - bezogen auf den Arbeitnehmeranteil - weniger gezahlt werden als bisher. Bei zwei Kindern beträgt der Arbeitnehmeranteil jetzt 1,45 %, bei drei Kindern 1,2 %, bei vier Kindern 0,95 % und bei fünf und mehr Kindern 0,7 %. Ist ein Kind älter als 25 Jahre, fällt der Abschlag weg, soweit er auf dieses Kind entfällt. Sind alle Kinder aus der Erziehungszeit, gilt dauerhaft der Ein-Kind-Beitrag.

Nach einer Änderung im Kreditzweitmarktförderungsgesetz wird bei der Lohnsteuerberechnung die Reduzierung des Beitragssatzes zur sozialen Pflegeversicherung aufgrund der Kinderzahl ab 2024 berücksichtigt (§ 39b Abs. 2 Satz 5 Nr. 3 Buchst. c EStG).

Die Änderung ist erstmals anzuwenden auf laufenden Arbeitslohn, der für einen nach dem 31.12.2023 endenden Lohnzahlungszeitraum gezahlt wird, und auf sonstige Bezüge, die nach dem 31.12.2023 zufließen.

Der Beitragsabschlag für zu berücksichtigende Kinder soll damit bei der Aufstellung des (geänderten) Programmablaufplans für die maschinelle Berechnung für 2024 berücksichtigt werden.

Der mit Datum vom 03.11.2023 veröffentlichte Programmablaufplan für die maschinelle Berechnung der vom Arbeitslohn einzubehaltenden Lohnsteuer für 2024 enthält die Änderung noch nicht.

Für die Zukunft ist eine maschinelle Kinderermittlung bei den Pflegekassen in Vorbereitung. Bis 2025 soll ein digitales Verfahren zur Erhebung und zum Nachweis der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entwickelt werden.

Datenaustausch Kranken- und Pflegeversicherung

Eigentlich sollte ab 2024 ein umfassender elektronischer Datenaustausch zwischen den Unternehmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern eingeführt werden. Die entsprechenden Regelungen wurden bereits vor Jahren beschlossen.

Wie bereits seit einigen Monaten bekannt, verschiebt sich der Termin um zwei Jahre auf den 01.01.2026. Dies wird nun gesetzlich über entsprechende Anwendungsregelungen flankiert (§ 52 Abs. 36 Satz 3, 4 EStG). Die bisher geltenden Regelungen sind bis zur Einführung des Datenaustauschs damit weiterhin anzuwenden.

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