Felix Jork © fotolia.de

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BMF gibt Basiszins für das vereinfachte Ertragswertverfahren bekannt

Das BMF hat am 02.01.2013 den Basiszins für das vereinfachte Ertragswertverfahren bekanntgegeben. Die Deutsche Bundesbank hat aufgrund der Zinsstrukturdaten den Basiszins mit 2,04 % festgesetzt - so niedrig wie nie. Damit steigt der Kapitalisierungsfaktor für vererbte oder verschenkte Firmenanteile.

Sinkt das allgemeine Marktzinsniveau für deutsche Staatsanleihen wie derzeit angesichts der Finanz- und Eurokrise, erhöht sich im Gegenzug automatisch der Wert des Betriebsvermögens - als Bemessungsgrundlage für unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden und im Todesfall. Dies ist das Ergebnis der neuen Regeln des Erbschaftsteuerreformgesetzes 2009, wenn die Ermittlung des Verkehrswerts von Betriebsvermögen unter Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens zum Einsatz kommt. Das ist aktuell besonders relevant, weil der Bund als bonitätsstarker Schuldner derzeit kaum noch Zinsen zu verlangen braucht und der Basiszins sogar ein negatives Vorzeichen aufweist.

Der Betrag für das vereinfachte Ertragswertverfahren ist im laufenden Jahr 2013 der bisher beträchtlichste, weil die Deutsche Bundesbank den Basiszins mit 2,04 % festgesetzt hat - so niedrig wie nie. Damit steigt der Kapitalisierungsfaktor für vererbte oder verschenkte Firmenanteile. Das BMF hat jetzt den neuen Basiszins für das vereinfachte Ertragswertverfahren 2013 bekanntgegeben. Dieser Prozentsatz von 2,04 % ist für die Wertermittlungen bei verschenktem oder vererbtem Betriebsvermögen im laufenden Jahr 2013 anzuwenden, während der Satz bei unentgeltlichen Zuwendungen in 2010 mit 3,98 % noch rund zwei Prozentpunkte höher lag. Der Basiszins leitet sich aus der langfristig erzielbaren Rendite öffentlicher Anleihen ab und wird auf den ersten Börsentag eines neuen Jahres errechnet.

Dieser Basiszins ist als Grundlage für das vereinfachte Ertragswertverfahren beim Kapitalisierungsfaktor relevant. Der Kapitalisierungszinssatz nach dem BewG setzt sich aus Basiszins und pauschalem Zuschlag von 4,5 % zusammen. Das kommt in Betracht für den gemeinen Wert des Betriebsvermögens, wenn dies nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt oder das Finanzamt Zweifel an der Anwendbarkeit hat. Es handelt sich dabei um ein Wahlrecht und keine Pflicht.
Durch das Ertragswertverfahren kann - für alle Unternehmen unabhängig von ihrer Größe - ein objektiver Wert von Betriebsvermögen oder Anteilen an Gesellschaften auf der Grundlage der Ertragsaussichten ermittelt werden. Es soll die Möglichkeit bieten, dass auch Großbetriebe ohne hohen Ermittlungsaufwand oder Gutachterkosten eine allgemein verwendbare Bemessungsgrundlage nutzen können, und gilt rechtsformneutral sowohl für Kapital- und Personengesellschaften als auch für Einzelunternehmen.

Maßgebend ist dabei der Durchschnittsertrag aus den Betriebsergebnissen der letzten drei abgelaufenen Wirtschaftsjahre (Gewinnermittlung aufgrund der Steuerbilanz oder bei Einnahmenüberschussrechnung). Außergewöhnliche Ereignisse wie etwa hohe Verkaufsgewinne oder Sonderabschreibungen werden dabei eliminiert; es dürfen pauschal 30 % als fiktive Steuerlast abgezogen werden. Der Durchschnittsertrag wird mit dem Kapitalisierungsfaktor multipliziert. Dieser Faktor setzt sich zusammen aus dem variablen Basiszinssatz und einem pauschalen Risikozuschlag von 4,5 %. Der Kapitalisierungsfaktor liegt i.d.R. im Bereich zwischen 11 und 13, in Phasen niedriger Zinsen auch noch darüber und in Hochzinsphasen darunter.

Ermittlung des Jahresertrags

Summe des Gewinns der vergangenen drei Jahre, korrigiert um zeitraumfremde Erträge und Aufwendungen
/    3
=   Durchschnittsertrag
=   zukünftiger Jahresertrag
x   Kapitalisierungsfaktor
=   Ertragswert
-    30 % Abschlag für Steuerbelastung
=   Durchschnittsertrag

Der Kapitalisierungsfaktor ergibt sich, indem der Kehrwert zum Ansatz kommt. Da der Kapitalisierungszinssatz für 2013 nun 2,04 % beträgt, beläuft sich der Faktor auf 15,29 (100 / 6,54 = 2,04 + 4,5 % Risikozuschlag). Der Multiplikator erhöht sich also, je geringer der Marktzins ist.

Historie des Kapitalisierungsfaktors

Jahr       Kapitalisierungsfaktor
2007     11,74
2008     11,01
2009     12,33
2010     11,79
2011     12,61
2012     14,41
2013     15,29

Tipp: Fällt der vereinfachte Ertragswert zu hoch aus, kann durch ein Gutachten ein niedrigerer und häufig auch eher der Realität entsprechender Verkehrswert nachgewiesen werden.

Praxishinweis

Dieses vereinfachte Ertragswertverfahren nach dem BewG kommt nur in Betracht, wenn es nicht zu offensichtlich unzutreffenden Ergebnissen führt oder das Finanzamt keine Zweifel an der Anwendbarkeit hat.

Erkenntnisse über eine offensichtlich unzutreffende Wertermittlung können beispielsweise nachstehende Fälle liefern:

  • Vorliegen zeitnaher Verkäufe nach dem Todes- oder Schenkungsdatum (Bewertungsstichtag),
  • Verkäufe mehr als ein Jahr vor dem Bewertungsstichtag,
  • Erbauseinandersetzungen; hier ermöglicht die Verteilung der Erbmasse Rückschlüsse auf den gemeinen Wert.

Begründete Zweifel bestehen bei:

  • komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen,
  • neu gegründeten Unternehmen; bei diesen kann der künftige Jahresertrag noch nicht aus den Vergangenheitserträgen abgeleitet werden, insbesondere bei Gründungen innerhalb eines Jahres vor dem Bewertungsstichtag,
  • Branchenwechsel eines Unternehmens,
  • besonderen Umständen, durch die der künftige Jahresertrag nicht aus den Vergangenheitserträgen abgeleitet werden kann - z.B. Wachstumsunternehmen, branchenbezogene oder allgemeine Krisensituationen, absehbare Änderungen des künftigen wirtschaftlichen Umfelds, 
  • grenzüberschreitenden Sachverhalten, sofern der andere Staat nicht die Ergebnisse des vereinfachten Ertragswertverfahrens seiner Besteuerung zugrunde legt.

BMF-Schreiben v. 02.01.2013 - IV D 4 - S-3102/07/10001
BMF-Schreiben v. 02.01.2012 - IV D 4 - S 3102/07/10001, BStBl 2012 I 13
Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz - ErbStRG) v. 24.12.2008, BGBl 2008 I 3018

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 15.01.13