Franz Pfluegl © fotolia.de

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Erbschaft und Schenkung: Durch Nachweis des Immobilienwerts Steuern sparen

Wer für Immobilien Erbschaft- oder Schenkungsteuer entrichten muss, kann durch den Nachweis des Immobilienwerts die oft ungünstige allgemeine Wertfeststellung durch den Fiskus vermeiden und Steuern sparen. Sowohl der tatsächlich erzielte Kaufpreis als auch ein Sachverständigengutachten können hierfür die Grundlage sein. Unter welchen Voraussetzungen bestandskräftige Feststellungsbescheide gem. § 173 AO korrigiert werden können, hat jetzt die OFD Karlsruhe in einer aktuellen Verfügung erläutert.


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Seit der Erbschaftsteuerreform 2009 wird die vom Finanzamt angesetzte Bemessungsgrundlage für eine Immobilie, um den aktuellen Marktpreisen möglichst nahezukommen, nach geänderten Vorschriften ermittelt. In diesem Zusammenhang gibt es drei alternative Rechenmethoden: das Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren.

Abweichend von dieser Pauschalermittlung kann gegenüber dem Finanzamt aber auch ein niedrigerer Wert für die vererbte oder verschenkte Immobilie durch ein Verkehrswertgutachten eines Immobiliensachverständigen oder durch den örtlich zuständigen Gutachterausschuss nachgewiesen werden. Steuerzahler haben hierauf nach § 198 des Bewertungsgesetzes (BewG) einen Rechtsanspruch.

Alternativ kann ein realistischer Verkehrswert aber auch mit einem innerhalb eines Jahres im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielten Kaufpreises belegt werden; allerdings nur, wenn es sich nicht um ein Geschäft unter Verwandten handelt.
Der Nachweis des Kaufpreises hat zwei entscheidende Vorteile:

  1. Die Erben oder Beschenkten sparen sich entsprechende Mühen und die Kosten für einen Gutachter.
  2. Die Angabe eines tatsächlich erzielten Kaufpreises sorgt oft für eine günstigere steuerliche Bemessungsgrundlage. Denn Erbengemeinschaften erzielen häufig geringere Marktwerte, weil sie die Veräußerung möglichst kurzfristig abwickeln wollen.

Vor diesem Hintergrund hat die OFD Karlsruhe jetzt erläutert, wann bestandskräftige Bescheide noch geändert werden können, wenn der Nachweis eines niedrigeren Verkaufserlöses verspätet eingeht.

Aufgrund eines Referatsbeschlusses aus dem Jahre 2001 wurde bislang auch die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Änderung bestandskräftiger Feststellungsbescheide nach § 173 AO vorliegen, wenn der Hausbesitzer durch Nachweis eines Verkaufserlöses einen niedrigeren gemeinen Wert nachweist, positiv beantwortet. Mit Urteil vom 25.06.2012 hat das FG Baden-Württemberg jedoch eine andere Rechtsauffassung vertreten.

Wann ist eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO möglich?

Fall 1: Der Betroffene hat erst nach Eintritt der Bestandskraft des Feststellungsbescheids ein Gutachten erstellen lassen bzw. legt es erst danach beim Finanzamt vor. Daraufhin beantragt er, ausgehend von dem hierdurch ermittelten Wert, eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.

Ein Gutachten, das erst nach Bestandskraft des Feststellungsbescheids in Auftrag gegeben wird, erfüllt nicht die Anforderungen an ein Beweismittel. Grund: Das Gutachten war bei Erlass des Bescheides noch nicht vorhanden.
Zudem würde die Änderung in derartigen Fällen am groben Verschulden des Steuerpflichtigen scheitern.

Das ist regelmäßig anzunehmen, wenn jemand ausdrückliche Hinweise in den Vordrucken oder Merkblättern nicht beachtet: In der „Anlage Grundstück zur Feststellungserklärung" wird gefragt, ob der Ansatz eines niedrigeren gemeinen Werts durch Nachweis eines Gutachtens beantragt wird. Ferner enthält die „Anleitung zur Feststellung des Grundbesitzwerts" zum Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts entsprechende Hinweise.

Den Betroffenen wird daher regelmäßig ein grobes Verschulden daran treffen, dass er das Gutachten verspätet in Auftrag gegeben bzw. nicht wenigstens Einspruch gegen den Feststellungsbescheid eingelegt hat.

Wenn der Hausbesitzer ein bereits zum Zeitpunkt des Bescheids bestehendes Gutachten verspätet vorlegt, wären zwar die Anforderungen an ein Beweismittel erfüllt, ein entsprechendes grobes Verschulden läge jedoch auch in diesem Fall vor. Eine Änderung wegen neuer Tatsachen ist folglich auch dann ausgeschlossen.

Fall 2: Das Grundstück wird erst nach Eintritt der Bestandskraft des Feststellungsbescheids verkauft.

2001 hatten die Referatsleiter AO beschlossen, dass die Voraussetzungen einer Änderung bestandskräftiger Feststellungsbescheide nach § 173 AO vorliegen, wenn jemand anhand eines Verkaufserlöses einen niedrigeren gemeinen Wert nachweist.

Zwar ist der Wert eines Gegenstands keine Tatsache, da er nur das Ergebnis von Schlussfolgerungen aus den wertbegründeten Eigenschaften ist. Diese wertbegründeten Eigenschaften sind ihrerseits aber derartige Tatsachen.

Bei einer Veräußerung zu einem unter dem Grundstückswert liegenden Kaufpreis ist der niedrigere Kaufpreis eine wertaufhellende Tatsache bzw. ein Beweismittel in Bezug auf den am Bewertungsstichtag bestehenden Verkehrswert.

Ferner hat das FG Berlin-Brandenburg im Jahre 2010 rechtskräftig entschieden, dass ein rund 14 Monate nach Erbschaft oder Schenkung im normalen Geschäftsverkehr zustande gekommener Kaufpreiserlös, mit dem ein niedriger Verkehrswert nachgewiesen wird, als neue Tatsache anzusehen sein kann.

Zwar waren im Urteilsfall weder das Sachverständigengutachten noch der Kaufvertrag als neue Beweismittel anzusehen, denn beide Urkunden sind bei Erlass des Bescheids noch nicht vorhanden gewesen. Beide Urkunden belegen aber nachträglich bekanntgewordene (neue) Tatsachen im Sinne der Änderungsvorschrift.

Obwohl der Verkauf noch innerhalb der Rechtsbehelfsfrist des Feststellungsbescheids erfolgte, hat das FG grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden wegen eines entschuldbaren Rechtsirrtums verneint. Denn die Erbin ging zunächst davon aus, dass einem Kaufvertrag, der außerhalb des 1-Jahreszeitraums zustande gekommen war, keine Bedeutung beizumessen sei. Ein Hinweis auf die neue BFH-Rechtsprechung war zum damaligen Zeitpunkt nicht in der amtlichen Anleitung enthalten.

Eine andere Auffassung vertritt jedoch das FG Baden-Württemberg mit einem Urteil aus 2012. Es hat die Änderung im Fall der Veräußerung nach Bestandskraft verneint. Demnach findet der Verkehrswert selbst als bloße Schlussfolgerung aus dem Kaufvertrag von vornherein keine Berücksichtigung.

Der Kaufvertrag hingegen sei zwar ein Beweismittel i.S. der Vorschrift. Kommt er jedoch erst nach Erlass des Feststellungsbescheids über den Wert des Grundstückes zustande, sei dieses Beweismittel nicht nachträglich bekanntgeworden.

In der Besprechung AO-Land 2013 vom 06.02.2013 kamen die Teilnehmer zu dem Ergebnis, dass ein nach Bestandskraft des Feststellungsbescheides erstelltes bzw. vorgelegtes Gutachten keine Änderung rechtfertigt. Die Voraussetzungen für eine Änderung bestandskräftiger Feststellungsbescheide liegen aber vor, wenn jemand durch einen Verkaufserlös einen niedrigeren gemeinen Wert nachweist. Das dieser Rechtsauffassung entgegenstehende Urteil des FG Baden-Württemberg vom 25.06.2012 wird als Einzelfallentscheidung betrachtet und ist nicht zu befolgen.

Praxishinweis

Ist der nach dem Stichtag durch Veräußerung an einen fremden Dritten erzielte Kaufpreis niedriger als der vom Gutachter errechnete Wert, stellt die Finanzverwaltung den Grundbesitzwert grundsätzlich in Höhe des erzielten Kaufpreises fest, soweit sich die maßgeblichen Verhältnisse nicht verändert haben.

Liegen Erbschaft oder Schenkung bei der Veräußerung schon mehr als zwölf Monate zurück, zählt der Veräußerungserlös; zumindest dann, wenn die bis dahin maßgeblichen Verhältnisse in etwa gleichgeblieben sind.

Dies betrifft

  • den Wert und die Ausstattung der Immobilie,
  • die erzielten Mieten und
  • den Preis für den Grund und Boden.

In diesem Fall erfolgt der Ansatz des erzielten Kaufpreises ohne eine weitergehende Prüfung und ohne dass ein weiteres Gutachten benötigt wird. Der Nachweis des günstigeren Verkehrswertes muss vom Erben oder Beschenkten geführt werden. Dieser trägt auch die Gebühren für den eingeschalteten Experten.

Liegt das Ergebnis des Gutachters über dem errechneten Betrag des Finanzamts, wird das Gutachten nicht berücksichtigt. Somit gehen die neuen Hausbesitzer - abgesehen von den anfallenden Kosten - kein Risiko ein.

Es kann ratsam sein, im Rechtsbehelfsverfahren anzukündigen, dass man einen Sachverständigen mit der Begutachtung beauftragen bzw. das Grundstück veräußern will. Finanzbeamte lassen dann regelmäßig das Einspruchsverfahren für einen Zeitraum von sechs Monaten (bei geplanter Begutachtung) bzw. zwölf Monaten (bei geplantem Verkauf) ruhen.

OFD Karlsruhe, Vfg. v. 05.09.2013 - S-3000/23/S 4606/2
FG Baden-Württemberg, Urt. v. 25.06.2012 - 8 K 3603/11
FG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.03.2010 - 3 K 3258/06 B

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 08.10.13