Beraterpraxis, Steuerberatung, Steuerfachangestellte -

Gewerbesteuer: Sind von Reiseveranstaltern erworbene Hotelleistungen gem. § 8 GewStG dem Gewinn hinzuzurechnen?


Gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. e Gewerbesteuergesetz (GewStG) müssen Teile der Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter, die im Eigentum eines anderen stehen, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb hinzugerechnet werden. Wenn Reiseveranstalter Paketleistungen anbieten, die erworbene Hotelleistungen umfassen, stellt sich die Frage: Unterliegen diese Kosten auch dieser gewerbesteuerlichen Hinzurechnung? Die OFD Nordrhein-Westfalen hat nun die Rechtsauffassung des Fiskus erläutert.

Nach dem Gewerbesteuergesetz (GewStG) müssen Teile der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) für die Benutzung unbeweglicher Wirtschaftsgüter (z.B. Immobilien des Anlagevermögens), die im Eigentum eines anderen stehen, dem Gewinn hinzugerechnet werden.

Oft bieten Reiseunternehmen dem Kunden Reiseleistungen als Gesamtpaket an. So stellt sich bei der Verbindung von Komponenten wie Beförderung, Unterbringung, Verpflegung oder Ausflüge, die Frage, ob Hotelkosten der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung unterliegen.

In diesen Fällen erbringt der Gewerbetreibende die Einzelleistungen (Beförderung, Unterbringung, Verpflegung, Ausflüge, Wellness etc.) typischerweise nicht vollständig selbst, sondern ganz oder teilweise durch Subunternehmer. Für Unterbringung und Verpflegung werden dabei regelmäßig im Voraus Hotelkontingente erworben und vom Reiseveranstalter im Laufe des Jahres abgerufen.

Im Anschluss an eine Erörterung auf Bund-/Länderebene, soll nach der OFD Nordrhein-Westfalen hierzu durch die Steuerbehörden folgende Rechtsauffassung vertreten werden:

Aufwendungen eines Reiseveranstalters im Zusammenhang mit der bloßen Reservierung eines Zimmerkontingents (Reservierungsvertrag) unterliegen nicht der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.

Bei der Buchung von Hotelunterkünften durch den Reiseveranstalter liegt zwischen ihm und dem jeweiligen Hotelbetreiber ein gemischter Vertrag vor. Die zwischen Reiseveranstalter und Hotelbetreiber geschlossenen Verträge stellen - unabhängig vom Umfang des Leistungspakets - keine Verträge besonderer Art dar, weil sie weder durch die Raumüberlassung noch durch eine sonstige Leistung entscheidend geprägt sind. Vielmehr sind die einzelnen Leistungskomponenten getrennt zu betrachten.

Demnach handelt sich nicht um ein einheitliches und unteilbares Ganzes. Somit unterliegen sämtliche der Hotelunterkunft zuzurechnenden Entgelte der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.

Hinsichtlich der in der Hotelbranche üblicherweise vorkommenden Paketvereinbarungen werden folgende Leistungen von dieser Hinzurechnung mit umfasst:

  • die unmittelbar mit der Überlassung der Unterkunft einhergehenden Nebenleistungen, z.B. Zimmerreinigung und Rezeption,
  • die als Nebenleistung mit der Hotelunterkunft verbundene Nutzungsberechtigung hoteleigener Anlagen, z.B. Schwimmbad, Sauna oder Sportstätten.

Nicht hinzuzurechnen sind Leistungsentgelte, denen ein eigener wirtschaftlicher Gehalt beizumessen ist und denen regelmäßig eine gesonderte Vereinbarung und Vergütung zugrunde liegt. Diese Leistungen stehen also nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Hotelunterkunft. Dazu zählen insbesondere

  • Verpflegungsleistungen im Hotelrestaurant,
  • spezielle Wellnessleistungen, 
  • Ausflüge.

Wenn die Aufwendungen hierfür nicht gesondert im Vertragspaket ausgewiesen werden, wird der hierauf entfallende Anteil geschätzt.

Beim FG Münster ist momentan ein Klageverfahren zu der Frage anhängig, ob der „Hoteleinkauf" eines Reiseveranstalters der Hinzurechnung unterliegt (Aktenzeichen: 9 K 1472/12 G). Unstrittig ist dabei die Aufteilung der Entgelte. Im Verfahren wird aber geltend gemacht, dass es sich bei den Hotelleistungen dem Grunde nach nicht um hinzurechnungspflichtige Entgelte handele, da die Anpachtung von Hotelkontingenten lediglich kurzfristig erfolge (nicht länger als ein halbes Jahr).

Zudem könnten die angepachteten Hotelkontingente nicht zum (fiktiven) Anlagevermögen gehören, da sich die Nutzungsmöglichkeit an dem jeweiligen Hotelzimmer in der Zeit der Nutzung durch den Endkunden verbrauche.
Das Verfahren wird als Musterverfahren geführt. Einsprüche von Reiseveranstaltern können unter Bezugnahme auf dieses Urteil mit Zustimmung des Einspruchsführers nach § 363 Abs. 2 S. 1 AO ruhen. Eine Aussetzung der Vollziehung wird aber nicht gewährt.

Praxishinweis

Entgelte für die Nutzung von unbeweglichem Anlagevermögen werden nur hinzugerechnet, wenn die Tatbestände des GewStG erfüllt sind. Enthält ein Vertrag Vereinbarungen über mehrere Leistungskomponenten (gemischter Vertrag) und sind diese trennbar, ist jede Komponente für sich zu beurteilen. Das Entgelt ist - ggf. durch Schätzung - auf die verschiedenen Leistungskomponenten aufzuteilen.

  • Stellt bei einem gemischten Vertrag das Vertragsverhältnis ein einheitliches und unteilbares Ganzes dar, scheidet eine Aufteilung des Vertrags aus.
  • Steht bei einem gemischten Vertrag im Einzelfall eine Leistung, die keinen Tatbestand des GewStG erfüllt, im Vergleich zu einer Leistung, die den Tatbestand erfüllt, derart im Vordergrund, dass sie dem Gesamtvertrag das Gepräge gibt, fällt der Gesamtvertrag regelmäßig nicht unter die Hinzurechnung. So scheidet z.B. bei Vereinbarungen zur fortlaufenden Reinigung bzw. zum fortlaufenden Austausch beschädigter Teile regelmäßig eine Hinzurechnung aus. 
  • Gibt demgegenüber eine Leistung, die einen Tatbestand des GewStG erfüllt, dem Gesamtvertrag das Gepräge, unterliegt der Gesamtvertrag der Hinzurechnung.

OFD Nordrhein-Westfalen, Vfg. v. 25.09.2013 - G 1422 - 2013/0023 - St 161
FinMin Nordrhein-Westfalen, Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zu Anwendungsfragen zur Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen nach § 8 Nummer 1 GewStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 v. 02.07.2012 - G 1422 - 95 - V B 4
FG Sachsen, Urt. v. 28.09.2011 - 8 K 239/11
BFH, Beschl. v. 01.08.2012 - IV R 55/11

Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - vom 15.10.13