Steuergesetze 2023: Liquiditätssicherung einerseits - Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz andererseits?

Mit den Steuergesetzen für das Jahr 2023 ist einerseits ein umfangreiches steuerliches Entlastungspaket zur Liquiditätssicherung geplant. Andererseits soll ein umfassendes Wachstumspaket die Wettbewerbsfähigkeit und zukünftige Resilienz der deutschen Wirtschaft stärken.

Die Steuergesetze 2023 sind damit Reaktion auf die derzeit herrschenden wettbewerbsschädigenden Rahmenbedingungen. Erhebliche Mehrkosten sind für Bürger und Wirtschaft vor allem durch folgende Faktoren entstanden:

  • deutlich gestiegene Energiepreise,
  • anhaltende Störungen der Lieferketten 
  • außerordentlich hohe Inflation

Dabei spielten externe Einflüsse, wie die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine, eine zentrale Rolle. Zielgenaue Maßnahmen des Steuerrechts sollen die Folgen nun abmildern. Konkret geplant sind derzeit das

  • Zukunftsfinanzierungsgesetz,
  • das Wettbewerbsstärkungsgesetz
  • das Steuerfairnessgesetz und das
  • Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz

Bereits umgesetzt mit Auswirkungen auf 2023 ist das Jahressteuergesetz 2022. Lesen Sie im folgenden Beitrag die Einzelheiten zu den aktuellen Steuergesetzesvorhaben der Bundesregierung.

 

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz – Basis für Investitionen, wirtschaftlichen Wohlstand, Digitalisierung und Klimaschutz?

Geplant ist ein Zukunftsfinanzierungsgesetz, das die Leistungsfähigkeit des Kapitalmarktes steigern und diesen moderner, internationaler und weniger bürokratisch machen soll. Es dient der Mobilisierung privaten Kapitals für Zukunftsinvestitionen in Klimaschutz und Digitalisierung sowie der Förderung des privaten Vermögensaufbaus. Zudem sollen der deutsche Finanzmarkt und Deutschland als Standort für nationale und internationale Unternehmen und Investoren attraktiver werden. Die Aktienkultur in Deutschland soll angeregt werden, um Nachfrage- und Angebotsseite zu stärken. Dafür sollen die Bedingungen für Start-ups verbessert, der Zugang zum Kapitalmarkt erleichtert und Möglichkeiten der Mitarbeiterkapitalbeteiligung ausgebaut werden.

Diese Maßnahmen soll das Zukunftsfinanzierungsgesetz derzeit konkret vorsehen:

  • Absenkung des Mindestkapitals für den Börsengang von aktuell 1,25 Millionen auf 1 Million Euro
  • Erleichterung von Anlagen institutioneller Investoren in den Bereichen Start-ups, Wachstumsunternehmen und kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie bessere Bedingungen für moderne Transaktionsformen (z.B. Special Purpose Acquisition Companies)
  • Digitalisierung des Kapitalmarktes: insb. Schaffung von Möglichkeiten zur Emission elektronischer Wertpapiere für Aktien (z.B. Blockchain-Technologie)
  • Prüfung einer verbesserten nationalen und europäischen Übertragbarkeit von Kryptowerten
  • Zulassung von Mehrstimmrechtsaktien (dual class shares) unter Gewährleistung des Schutzes der Investoren
  • Stärkere Digitalisierung und Internationalisierung von Aufsicht und Aufsichtsrecht
  • Änderungen bei der Arbeitnehmer-Sparzulage zur Schaffung von Anreizen zum Vermögensaufbau mittels Anlage in Aktien
  • Erleichterung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung durch steuerliche Novellierung

 

Das Zukunftsfinanzierungsgesetz soll noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode in Kraft treten.

 

Das Wettbewerbsstärkungsgesetz – Unser Weg zu gestärkter Wettbewerbsfähigkeit und zukünftiger Resilienz?

Derzeit wird im Bundesministerium für Finanzen (BMF) an einem „Wettbewerbsstärkungsgesetz“ gearbeitet. Geplant ist ein umfassendes Entlastungspakt, dass eine Investitionsprämie, verbesserte Forschungsförderung und großzügigere Verlustrechnung beinhalten soll.

Das Wettbewerbsstärkungsgesetz soll zunächst eine Investitionsprämie zur Förderung von Unternehmen, die in Klimaschutz und Energieeffizienz investieren, einführen. Im Koalitionsvertrag ist statt einer Prämie eine sog. „Superabschreibung“ vorgesehen. Derzeit zeichnet sich jedoch eine Tendenz zur steuerlichen Prämie ab, von der auch solche Unternehmen profitieren würden, die derzeit Verluste verzeichnen. Wie die Förderung konkret ausgestaltet wird, bleibt abzuwarten.

Auch die Forschungsförderung soll verbessert werden. Der Umfang der Förderung könnte sich damit auf 1,4 Milliarden Euro pro Jahr verdoppeln.

Der derzeit herrschende strukturelle Besteuerungsnachteil für Personengesellschaften - Gewinne von GmbHs und AGs werden derzeit nur etwa halb so hoch belastet, wie die von Personengesellschaften - soll durch eine durch eine Begünstigung in der Thesaurierungsbesteuerung (§ 34a EStG) sowie eventuelle Verbesserungen am Optionsmodell (§ 1a KStG) aufgehoben werden. Gewinne, die im Unternehmen verbleiben und für Nachhaltigkeitsinvestitionen sowie den Erhalt von Fachkräften genutzt werden können, sollen dadurch steuerlich begünstigt werden.

Das geplante Gesetz folgt damit Plänen des Koalitionsvertrags. Dort sind unter anderem die Investitionsprämie sowie die Verlängerung der erweiterten Verlustverrechnung vorgesehen.

Die Maßnahmen könnten 2024 eingeführt werden.

 

Das Steuerfairnessgesetz - So möchte die Koalition Steuerbetrug bekämpfen

Das Bundesfinanzministerium hat mit dem Steuerfairnessgesetz einen Gesetzentwurf mit Maßnahmen zur verbesserten Bekämpfung von Steuerbetrug angekündigt. Vorgesehen seien restriktive Maßnahmen, wie z.B. eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen und die Ausweitung von Quellensteuern. Zudem seien Maßnahmen gegen Gewerbesteueroasen und Gestaltungen in Familienstiftungen geplant. Auch eine nationale Steueroasenliste, die eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Steueroasen-Abwehrgesetzes ermöglichen soll, sei vorgesehen.

Überdies könnte die im Jahressteuergesetz 2022 enthaltene Teilabschaffung der Registerfallbesteuerung für das Jahr 2023 fortgesetzt werden. Die Besteuerung der sog. Registerfälle ist mit einem erheblichen Verwaltungs- und Befolgungsaufwand verbunden, wobei in vielen Fällen aufgrund von DBA-Befreiungen keine Steuereinnahmen zu verzeichnen sind. Eine Fortsetzung der Teilabschaffung ist daher angezeigt und kann zur Effizienz von Steuerverfahren beitragen.

Auch die zuletzt vom Bundesrat geforderte Verschärfung der Sperrfristtatbestände in § 6 Abs. 5 EStG könnte Bestandteil des Steuerfairnessgesetzes werden. Zudem könnte das BMF im Frühjahr 2023 die zweite Stufe der Umsetzung des Multiliteralen Instruments (MLI) auf den Weg bringen. Unter Berücksichtigung des bereits 2017 unterzeichneten MLI sollen damit insgesamt 14 deutsche Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf den Stand des internationalen OECD-BEPS-Projekts gebracht werden.

Das Steuerfairnessgesetz wurde für das erste Halbjahr 2023 angekündigt. Die genauen Inhalte sind derzeit noch nicht bekannt.

 

Mindestbesteuerungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz: Die bisher größte Reform der internationalen Besteuerung von Unternehmen?

So soll die Umsetzung der Mindestbesteuerungsrichtlinie in Deutschland aussehen:

Einserseits sind Maßnahmen für mehr Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Staaten geplant. Derzeit werden die hohen Gewinne, die Digitalkonzerne, welche z.B. durch Internetverkäufe oder Einnahmen aufgrund von Werbeklick in solchen Staaten erzielen, in denen sie keine Niederlassung haben, in erster Linie dort versteuert, wo die Unternehmen vor Ort sind. Dadurch sind neue Regeln notwendig, die der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft Rechnung tragen. Unternehmen sollen künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Gewinne erwirtschaften. 

Andererseits soll sichergestellt werden, dass alle Unternehmen einen fairen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten. Damit ist die globale effektive Mindestbesteuerung der zweite Eckpfeiler der angestrebten Reform. Mit der Einführung eines Mindeststeuerniveaus soll der "Steuerkuchen" für alle Staaten größer und aggressiver Steuergestaltung entgegengewirkt werden. Damit soll unter anderem die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die solche Gestaltungen nicht nutzen, gestärkt werden.

Von der Mindestbesteuerung sind alle international tätigen Unternehmen und große inländische Gruppen betroffen, die einen Umsatz von über 750 Millionen Euro erwirtschaften. Sämtliche Gewinne, die solche internationale Konzerne weltweit erwirtschaften, sollen künftig mit 15 Prozent versteuert werden, unabhängig davon, wo sie entstehen. Damit soll einer Verschiebung von Gewinnen in Steueroasen effektiv entgegengewirkt werden. Nach derzeitigen Berechnungen soll die Mindestbesteuerung zu einer Erhöhung der Steuereinnahmen in Deutschland führen. 

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im März 2023 bereits einen Diskussionsentwurf für das Mindestbesteuerungsrichtlinien-Umsetzungsgesetz zur Gewährleistung einer globalen Mindestbesteuerung für multinationale Unternehmensgruppen sowie großer inländischer Gruppen in der Union veröffentlicht.

 

Das Jahressteuergesetz - Diese steuerlichen Änderungen wurden für 2023 beschlossen:

Das Jahressteuergesetz wurde vom Finanzausschuss bereits im Dezember 2022 beschlossen. Es sieht eine Fülle steuerlicher Änderungen vor, die wir Ihnen im Folgenden vorstellen:

Ein wesentlicher Inhalt des Gesetzes ist die Schaffung eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer. Damit soll die Auszahlung staatlicher Leistungen, wie Nothilfen und Klimageldern in der Vergangenheit, künftig erleichtert werden.

Weiter sollen kleine Photovoltaikanlagen künftig steuerfrei betrieben werden können.

Auch steuerliche Erleichterungen bei Vorliegen eines häuslichen Arbeitszimmers sollen vereinfacht werden. Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sollen künftig auch dann abziehbar sein, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Zudem sollen Steuerzahler einen pauschalen Abzug wählen können. Die Befristung der Homeoffice-Pauschale wird aufgehoben und auf sechs Euro pro Tag erhöht.

Zudem umfasst das Gesetz Erhöhungen des Sparer-Pauschbetrags, des Arbeitnehmerpauschbetrags sowie des Entlastungsbetrags für Alleinerziehende.

Auch bei der Altersvorsorge wird es Änderungen geben. Im Jahr 2023 soll der vollständige Sonderausgabenabzug für Altersvorsorgeaufwendungen umgesetzt werden, um künftig eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Der Grundrentenzuschlag soll rückwirkend ab Januar 2021 steuerfrei werden. Zudem wird der Ausbildungsfreibetrag für volljährige Kinder erhöht, die sich in Berufsausbildung befinden und auswärts untergebracht sind.

Verbesserungen für die Abschreibung von Immobilien sind ebenfalls Inhalt des Jahressteuergesetzes. Der lineare AfA-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden soll bereits zum Jahreswechsel 2023 von zwei auf drei Prozent erhöht werden. Verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten gelten auch für den Mietwohnungsausbau.

Die Energiepreispauschale soll für Rentner und Versorgungsbezieher steuerpflichtig werden. Dadurch werden im Jahr 2023 Mehreinnahmen von 520 Millionen Euro erwartet. Ebenfalls steuerpflichtig werden soll die Gas- und Wärmepreisbremse (sog. Dezemberhilfe). Dabei ist ein sozialer Ausgleich vorgesehen, wonach sich das zu versteuernde Einkommen nur bei den Steuerzahlern um die Entlastungen durch die Gaspreisbremse erhöhen soll, die zur Zahlung des Solidaritätsbeitrags verpflichtet sind.

Wichtiger Bestandteil des Jahressteuergesetzes ist auch die Umsetzung der EU-Verordnung zur Einführung eines Energiekrisenbeitrags. In den Wirtschaftsjahren 2022 und 2023 sollen die erzielten Gewinne von Unternehmen der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft, die im Verhältnis zu den Jahren 2018 bis 2021 den Durchschnittsgewinn um 20 Prozent übersteigen, zu einem Steuersatz von 33 Prozent besteuert werden. Die dadurch erzielten Steuereinnahmen sollen wiederum wesentlich zur Finanzierung der Strompreisbremse beitragen.

Diese Inhalte der Steuergesetze 2023 sind derzeit bekannt. Wir halten Sie über künftige Konkretiserungen auf dem Laufenden. 

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