Online-Spiele: Wann wird Einkommensteuer fällig?

Wann müssen Gewinne aus Online-Spielen versteuert werden? Das hat der BFH im Fall eines Online-Pokerspielers geklärt. Demnach ist Online-Poker kein reines Glücksspiel, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet. Ob gewerbliche Einkünfte oder noch ein privates Hobby anzunehmen sind, hängt von der strukturellen Vergleichbarkeit mit einem Gewerbetreibenden bzw. Berufsspieler ab.

Mit Urteil vom 22.02.2023 (X R 8/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass ein Online-Pokerspieler eine gewerbliche Tätigkeit ausübt, wenn er nicht mehr nur sein privates Spielbedürfnis befriedigt, sondern in der Gesamtschau strukturell-gewerbliche Aspekte entscheidend in den Vordergrund seiner Tätigkeit treten. 

Ein solcher Aspekt ist insbesondere das planmäßige Ausnutzen eines Markts unter Einsatz der eigenen beruflichen Erfahrungen.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger spielte seit dem Jahr 2007 Online-Pokerspiele insbesondere in der Variante „Texas Hold’em/Fixed Limit“ mit Einsätzen von 0,25 US-$ bis 1.000 US-$. 

Im Jahr 2008 nahm er zudem an zwei Online-Turnieren unter Verwendung einer Analysesoftware über das Spielverhalten der gegnerischen Spieler teil. Der monatliche Zeitaufwand belief sich auf fünf bis zehn Stunden. 

Seine Gewinne betrugen im Jahr 2007 insgesamt 250 US-$ und im Folgejahr 1.000 US-$. Im Jahr 2009 steigerte er seinen Gewinn auf insgesamt 82.826,05 €. Diesen Gewinn hatte er ausschließlich durch das Spielen auf mehreren Online-Portalen erzielt. Die Gesamtspielzeit belief sich im Jahr 2009 auf 673 Stunden. In den folgenden Jahren steigerte er seine Gewinne auf bis zu 735.000 €.

Der Kläger setzte die Gewinne in der Steuererklärung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb an. 

Das Finanzamt (FA) veranlagte jeweils erklärungsgemäß. Gegen die Steuerfestsetzungen erhob der Kläger jedoch Einspruch, da er die Auffassung vertrat, bei der von ihm gespielten Online-Pokervariante handele es sich um ein Glücksspiel, so dass die Gewinne nicht einkommensteuerbar seien. 

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Online-Pokerspielers als teilweise unbegründet zurück, erkannte jedoch die Tätigkeit im Jahr 2009 teilweise als nicht gewerblich qualifiziert an, da hier das erwerbswirtschaftliche Verhalten fehlte. Der BFH sah die Revision des Klägers als unbegründet an und wies sie daher zurück.

Voraussetzung für eine gewerbliche Tätigkeit

Unter einem Gewerbebetrieb ist gem. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG jede selbständige nachhaltige Betätigung zu verstehen, die mit der Absicht der Gewinnerzielung unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. 

Eine nachhaltige Tätigkeit ist anzunehmen, wenn diese mit Absicht auf Wiederholung ausgerichtet ist, um daraus eine Erwerbsquelle zu erschließen.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Diese Voraussetzungen sind nach Ansicht des BFH im Streitfall erfüllt. Aufgrund der enormen Spielzeit des Klägers von insgesamt 5.500 Stunden in den Streitjahren und über 784.000 Spielen sei die Wiederholungsabsicht klar belegt. Auch eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr liege vor.

Ebenso wie bei Spielern, die regelmäßig „physischen“ Kartenspielen nachgehen, liegt auch bei Online-Poker eine Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr vor. Die Leistungen werden auf den Online-Pokerspielportalen den anderen spielgeneigten Personen angezeigt. 

Zudem sei der Rahmen der privaten Vermögensverwaltung im Streitfall ebenfalls überschritten. Der Kläger hat, dem Leitbild eines Berufsspielers entsprechend, den Markt planmäßig unter Einsatz seiner beruflichen Erfahrungen ausgenutzt und so Einkünfte erzielt, weswegen diese Einkünfte als gewerblich zu qualifizieren sind.

Praxishinweis: Der BFH hat in der vorliegenden Entscheidung seine für „physische“ Kartenspieler aufgestellten Grundsätze bezüglich Vorliegen eines Gewerbebetriebs entsprechend auf Online-Pokerspieler angewendet und weiter konkretisiert. Er hat dabei insbesondere die Abgrenzung zwischen der privaten Vermögensverwaltung und der Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit näher definiert und das Leitbild des Berufsspielers entwickelt. 

 

Liegt demnach eine gewerbliche Tätigkeit vor, so ist zu beachten, dass auch alle weiteren Tätigkeiten, die in einem untrennbaren Zusammenhang zu der Tätigkeit stehen, ebenfalls gewerblich infiziert werden.

BFH, Urt. v. 22.02.2023 - X R 8/21

Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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