Familiäre Vermögensübertragung: Immobilie gegen Versorgung

Welche Folgen haben Vermögensübertragungen in der Familie, wenn im Gegenzug Versorgungsleistungen vereinbart werden? Der BFH hat im Fall der Übertragung einer vermieteten Immobilie unter nahen Angehörigen eine unentgeltliche Übertragung abgelehnt. Wenn das Vermögen nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigt ist, handelt es sich demnach um eine entgeltliche oder teilentgeltliche Übertragung.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 29.09.2021 (IX R 11/19) entschieden, dass eine unentgeltliche Übertragung von Vermögen nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG möglich ist. Wird ein nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigtes Vermögen übertragen, so erfolgt diese Übertragung entgeltlich oder teilentgeltlich.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin hat von ihrem Vater ein Grundstück mit einem darauf stehenden vermieteten Mehrfamilienhaus übertragen bekommen.

Die Übertragung erfolgte gegen die Gewährung einer lebenslangen, wiederkehrenden Leistung i.H.v. monatlich 2.500 €. Diese wurde als Reallast ins Grundbuch eingetragen. Zudem hat die Klägerin noch ein Darlehen des Vaters übernommen.

Diese Zahlungen machte die Klägerin im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als Werbungskosten zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend.

Das Finanzamt (FA) wertete die Zahlungen hingegen als Leibrente i.S.d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG und berücksichtigte lediglich den nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ermittelten Ertragsanteil i.H.v. 13 % als Werbungskosten.

Die gegen die Entscheidung des FA vor dem Finanzgericht (FG) eingelegte Klage hatte keinen Erfolg. Der BFH jedoch sah die Revision der Klägerin als begründet an und wies die Sache an das FG zurück.

Übertragung von Vermögensleistungen nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG

Zu den Werbungskosten i.S.d. § 9 EStG rechnen u.a. auch auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, soweit sie mit einer Einkunftsart in Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 1 EStG).

Bei Leibrenten kann dagegen nur der nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ermittelte Ertragsanteil als Werbungskosten abgesetzt werden. Dagegen können Versorgungsleistungen i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG in voller Höhe als Sonderausgaben abgesetzt werden.

Versorgungsleistungen liegen jedoch nur vor, wenn diese als Gegenleistung für die Übertragung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft, eines Betriebs oder eines Anteils von mindestens 50 % an einer GmbH eingeräumt werden.

Die Anwendung des § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG ist lediglich auf die Übertragung dieses Vermögens beschränkt. Wird dagegen ein Vermietungsobjekt gegen eine Leibrente übertragen, so führt dies in Höhe des Barwertes der Leibrente zu Anschaffungskosten, die im Rahmen der AfA gem. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG i.V.m. § 7 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden können.

Der BFH hat mit seiner Entscheidung klargestellt, dass eine Übertragung von nicht nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG begünstigtem Vermögen unter nahen Angehörigen nicht unentgeltlich erfolgt. Die Klägerin kann somit im Streitfall in Höhe des Barwerts „verrentete“ Anschaffungskosten ansetzen.

Zudem sind in Höhe der Ablösung des Darlehens Anschaffungskosten entstanden, die ebenfalls im Wege der Abschreibung geltend gemacht werden können. Der nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG ermittelte Ertragsanteil kann zusätzlich als Zinsanteil der jährlichen Rentenzahlung als Werbungskosten geltend gemacht werden.

Praxishinweis: Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit in der Hinsicht, dass eine Übertragung von Vermietungsobjekten unter nahen Angehörigen keine unentgeltliche Übertragung i.S.d. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG darstellt.

Insoweit liegt ein vollentgeltliches oder teilentgeltliches Rechtsgeschäft vor. Dieses kann, soweit es innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung der Immobilie erfolgt, auch zu einem Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG führen.

BFH, Urt. v. 29.09.2021 - IX R 11/19

Quelle: Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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