Vermögensübertragung: Leibrente oder dauernde Last?

Welche Folgen haben vereinbarte Gegenleistungen bei Vermögensübertragungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge? Für vor 2008 abgeschlossene Vermögensübergabeverträge gilt nach dem BFH: Wiederkehrende Barleistungen stellen „dauernde Lasten“ dar, wenn eine spätere Änderung möglich ist. Eine solche Änderungsmöglichkeit kann trotz eines teilweisen Ausschlusses von Pflegeleistungen gegeben sein.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem Urteil (X R 31/20) entschieden, dass wiederkehrende Leistungen, die in einem vor dem 01.01.2008 abgeschlossenen Vertrag bezüglich der Übergabe von Vermögenswerten vereinbart worden sind, ebenfalls eine dauernde Last darstellen, wenn für diese eine spätere Abänderung nicht ausgeschlossen ist.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger hat im Wege der vorweggenommenen Erbfolge im Jahr 2004 einen landwirtschaftlichen Betrieb von seinen Eltern übertragen bekommen. Diesen wurde als Gegenleistung ein Wohnrecht für Teile des Hofs sowie die Übernahme der damit in Zusammenhang stehenden Unterhaltskosten gewährt.

Zusätzlich wurde die Zahlung eines monatlichen Geldbetrags i.H.v. 1.000 € vereinbart. Für den Geldbetrag wurde die Gültigkeit des § 323 ZPO vereinbart, wonach eine Abänderung des Betrags bei einer entsprechenden Bedürftigkeit der Eltern oder einer Erhöhung des Lebensstandards des Klägers möglich ist.

Davon ausgenommen sind jedoch Änderungen, die aufgrund des Umzugs der Eltern in eine Pflegeeinrichtung entstehen würden.

Das Finanzamt (FA) erkannte aber nur Sonderausgaben in Höhe des Ertragsanteils der Rente von 20 % sowie zudem die laufenden Unterhaltskosten an. Das Finanzgericht erkannte dagegen die Leistungen als dauernde Lasten vollständig an. Der BFH wies die vom FA eingelegte Revision als unbegründet zurück.

Renten als dauernde Lasten

Erfolgt die Übertragung von Vermögen, aus dem steuerpflichtige Erträge erzielt werden können, gegen die Verpflichtung zur Zahlung einer Rente, so kann diese als dauernde Last in Form von Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG a.F. vollständig geltend gemacht werden.

Leibrenten können dagegen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 2 EStG a.F. nur mit dem Ertragsanteil nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG abgezogen werden.

Für die Anerkennung als dauernde Last i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 1a Satz 1 EStG a.F. ist es dazu erforderlich, dass die Rente aus den Nettoerträgen des übertragenen Vermögens erbracht werden kann.

Zudem ist es nach der ständigen Rechtsprechung des BFH erforderlich, dass eine spätere Abänderung dieser Leistung nicht ausgeschlossen ist. Nach der Auffassung des BFH steht dem im Streitfall nicht entgegen, dass ein teilweiser Ausschluss der Übernahme des pflegebedingten Mehrbedarfs vereinbart worden ist.

Es reicht dazu aus, dass der Übernehmer des Vermögens sich entweder zur persönlichen Pflege (entspricht bis 2016 der Pflegestufe 1 bzw. ab 2017 der Pflegestufe 2) oder in entsprechendem Umfang zur Übernahme der Kosten für die häusliche oder externe Pflege verpflichtet hat.

Praxishinweis: Im Rahmen von Vermögensübergabeverträgen, die vor dem 01.01.2008 abgeschlossen worden sind, wird oftmals die zusätzliche Übernahme von Kosten für die Pflege ausgeschlossen. Der BFH hat mit diesem Urteil nun jedoch entschieden, dass ein teilweiser Ausschluss beschränkt auf Leistungen, die der Pflegestufe 3 (ab 2017) entsprechen, nicht schädlich ist.

Die Kosten können somit als dauernde Last in voller Höhe als Sonderausgaben gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. angesetzt werden. Alternativ wäre lediglich ein Abzug als Leibrente mit dem Ertragsanteil gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. bb EStG in Frage gekommen. Offen ist jedoch weiterhin, wie ein derartiger Ausschluss für Vermögensübergabeverträge zu werten ist, die erst nach dem 31.12.2007 abgeschlossen worden sind.

BFH, Urt. v. 16.06.2021 - X R 31/20

Quelle: Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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