Immobilien: Gewerbesteuerpflicht und erweiterte Kürzung

Wann unterliegen Grundstücksunternehmen der Gewerbesteuer? Nach dem BFH kann die sachliche Gewerbesteuerpflicht einer grundbesitzverwaltenden Personengesellschaft bereits vor Überlassung des Mietobjekts mit Abschluss des Mietvertrags beginnen - etwa bei individuellen Umbauten. Auch bei Abgeltungszahlungen für das vorzeitig beendete Mietverhältnis greift dann die erweiterte Gewerbesteuerkürzung.

Mit Urteil vom 25.05.2023 (IV R 33/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die sachliche Gewerbesteuerpflicht bei grundbesitzverwaltenden Personengesellschaften auch schon vor Überlassung des Mietobjekts eintreten kann, wenn bei einem nicht standardisierten Objekt Umbaumaßnahmen vorgenommen werden. 

Eine Abschlusszahlung zur vorzeitigen Beendigung eines Mietverhältnisses unterliegt damit auch bereits der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG, deren Unternehmensgegenstand der Erwerb, die Entwicklung und die Verwaltung eigenen Grundbesitzes, insbesondere denkmalgeschützter Immobilien, ist. 

Die Klägerin errichtete ein Geschäftsgebäude, für welches sie bereits vor Fertigstellung einen Mietvertrag über 15 Jahre abschloss. Die Herstellung des Gebäudes erfolgte später als geplant, da es aufgrund von mehreren speziellen Wünschen des Mieters zu Verzögerungen kam. 

Schließlich einigte sich die Klägerin mit dem Mieter auf eine Auflösung des Mietvertrags und die Zahlung von Schadenersatz durch den Mieter.

Das Finanzamt (FA) behandelte den Schadenersatz als voll steuerpflichtig und verwehrte die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung gem. § 9 GewStG. Da die Klägerin noch nicht mit der Vermietung begonnen hätte, handele es sich bei dieser Zahlung nicht um eine Zahlung im Zusammenhang mit der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes. 

Das Finanzgericht gab der gegen diese Änderung gerichteten Klage statt. Der BFH sah die Revision des FA als unbegründet an und wies sie daher zurück.

Erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung nach § 9 GewStG

Die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt gem. § 2 Abs. 1 GewStG bei natürlichen Personen und Personengesellschaften mit der Aufnahme der werbenden Tätigkeit. Dies gilt sowohl für gewerblich geprägte als auch für vermögensverwaltende Personengesellschaften. 

Die werbende Tätigkeit stellt dabei der von der Gesellschaft verfolgte Gegenstand der Tätigkeit dar. Eine grundstücksverwaltende Personengesellschaft kann daher z.B. mit dem Beginn ihrer Vermietungstätigkeit sachlich gewerbesteuerpflichtig werden.

Die erweiterte gewerbesteuerliche Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kann von Unternehmen in Anspruch genommen werden, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen. 

Zudem sind die Betreuung von Wohnungsbauten sowie die Errichtung und Veräußerung von Ein- und Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen ebenfalls unter die Tätigkeit eines Grundbesitzunternehmens zu fassen. 

Die Kürzung des Gewerbeertrags erfolgt um den Teil der Einkünfte, der aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes resultiert.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Nach den vorgenannten Grundsätzen war die Klägerin im Streitjahr sachlich gewerbesteuerpflichtig. Der Unternehmensgegenstand wurde dabei bereits ab Abschluss des Mietvertrags verfolgt. 

Der Abschluss von Mietverträgen über den eigenen Grundbesitz stellt eine Nutzung i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG dar. 

Auch wenn der Grundbesitz sehr umfangreich ist und einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, stellt die Vermietung von Grundbesitz auch weiterhin eine private Vermögensverwaltung dar. 

Einkünfte i.S.d. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG müssen nicht unmittelbar eine Gegenleistung für die Überlassung der Nutzung eines Mietobjekts sein. Maßgeblich ist, dass die Einkünfte aus einer Tätigkeit stammen, die der Nutzung eigenen Grundbesitzes zuzuordnen ist.

Praxishinweis: Dieses Urteil schafft für die Praxis weitere Klarheit, wann die sachliche Gewerbesteuerpflicht beginnt. Anlaufverluste bei der Gewerbesteuer können dadurch grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. 

 

Der Beginn der sachlichen Gewerbesteuerpflicht ist jedoch nicht nur für den Abzug von entsprechenden Ausgaben relevant, sondern auch für die Anwendung der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung. 

Wurde wie im Streitfall die eigentliche Tätigkeit bereits aufgenommen, können entsprechend erzielte Erträge auch der erweiterten gewerbesteuerlichen Kürzung unterliegen und so für die Ermittlung der Gewerbesteuer nicht zu berücksichtigen sein.

BFH, Urt. v. 25.05.2023 - IV R 33/19

Christian Kappelmann, StB, M.A., Dipl.-Finw. (FH)

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