Unsicherheit bzgl. der ESEF-Verordnung: Was genau müssen Unternehmen und Prüfer*innen beachten?

Zunächst einmal ist klarzustellen, für wen genau die ESEF-Verordnung eigentlich gilt. Danach kann nämlich erst erklärt werden, was in der Praxis eigentlich zu tun ist.

Die Verordnung, die auf der Transparenzrichtlinie 2013/50 EU des Europäischen Parlaments fundiert, ist an Emittenten, deren Wertpapiere an einem regulierten Markt in der EU notiert sind, gerichtet. Das sind alle Unternehmen, die auch schon von der Transparenzrichtlinie betroffen sind. Es geht also um kapitalmarktorientierte Unternehmen. Diese müssen ihre Jahresfinanzberichte der Geschäftsjahre, die ab dem 01.01.2020 oder später beginnen, der Öffentlichkeit zugänglich machen. Nicht von den Vorgaben betroffen sind Unternehmen, deren Wertpapiere lediglich im Freiverkehr gehandelt werden.

Genauer: Mit dem Jahresfinanzbericht sind z.B. der Jahres-, Einzel- und Konzernabschluss oder der Lage- und Konzernlagebericht gemeint. Es soll mit einer Veröffentlichung zur internationalen Vergleichbarkeit der Abschlüsse auf EU-Ebene kommen. Dieser Vergleichbarkeit ist aber nur endgültig umsetzbar, wenn alle Jahresabschlüsse in dem gleichen Format veröffentlicht werden.

 

Einzelheiten zu den technologischen Vorgaben der ESEF-Verordnung

Bei diesem Format handelt es sich um das XHTML-Format. Außerdem sollen primäre Bestandteile der IFRS-Konzernabschlüsse mittels Inline XBRL (sog. Tags) etikettiert werden. Dies betrifft z.B. Bilanz, Gesamtergebnisrechnung, Kapitalflussrechnung oder die Eigenkapitalveränderungsrechnung, aber auch zehn grundlegende Unternehmensinformationen (wie z.B. Name, Sitz und Rechtsform). Nach dem 01.01.2022 sollen auch Anhang-Informationen nach XBRL-Technologie ausgewiesen werden.  

Es genügt nun also nicht mehr wie bisher ein PDF- oder HTML-Dateiformat. Diese wurden vor der Verordnung von vielen Unternehmen gewählt, da es zuvor noch keine genaue Vorschrift für ein Format gab.

 

Was bedeuten die technischen ESEF-Vorgaben genau?

Hat man weniger Erfahrung mit Technologien wie diesen, kann man sich zunächst wenig unter den Bezeichnungen vorstellen. Hier eine kurze Erklärung:

XHTML meint die Erweiterbare Hyper Text Markup Language. Es handelt sich dabei also um eine Sprache. Es ist u.a. die Sprache, in der Webseiten formuliert sind. Die oben genannte Vergleichbarkeit wird also dadurch gewährleistet, dass alle Jahresabschlüsse im Grunde die gleiche Sprache sprechen.

Mittels der XBRL-Technologie kann man beispielsweise Finanzinformationen speziell definieren und austauschen. Es handelt sich dabei also um ein Kommunikationsmittel. Es können so auch andere Geschäftsinformationen zwischen Geschäftssystemen ausgetauscht und definiert werden. Man kann also einzelne Informationen besonders etikettieren und für die Anwender leichter zugänglich machen. Konkret werden die kommunizierten Informationen durch Metadaten erfasst, welche in sog. Taxonomien beschrieben sind. Die ESEF-Verordnung schreibt hierfür die Regelungen der der IFRS-Taxonomie vor. Die Bereitstellung der Informationen erfolgt dann in einer sog. XBRL-Instanz.

Hier finden Sie weitere Informationen bzgl. der IFRS-Taxonomie.

Durch diese Form der Markierung werden die Informationen maschinell auslesbar. Hierbei liegt der springende Punkt der Neuerungen. Dies war zuvor nämlich nicht möglich und erleichtert die Vergleichbarkeit der Informationen bedeutend. Das mühsame Durcharbeiten von Geschäftsberichten bleibt so aus. Umstritten sind allerdings die Detailtiefe und Vergleichbarkeit der etikettierten Informationen.

 

Prüfungsvorgaben der ESEF-Verordnung

Zuletzt unterliegt der*die Abschlussprüfer*in der Pflicht, die Einhaltung der ESEF-Vorschriften durch das jeweilige Unternehmen zu überprüfen und in einem gesonderten Vermerk zu bestätigen. Diese Prüfungspflicht ist durch den §317 Abs.3b HGB gesetzlich verankert. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hat für die Prüfungspflicht außerdem einen Standard (IDW EPS 410) festgelegt. Sie können diesen unter folgendem Link einsehen: https://www.idw.de/blob/126380/88f39aa96fb59ceb81fb5c155f2a2e3b/idw-eps-410-data.pdf

 

Veröffentlichung der Jahresfinanzberichte nach ESEF-Vorschriften

Die offenlegungspflichtigen Unterlagen im ESEF-Format sollen dann beim Bundesanzeiger in Form einer Containerdatei eingereicht werden. Danach wird der Jahresfinanzbericht automatisch an das Unternehmensregister weitergeleitet und dort der der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Unterliegt ein Emittent nicht der handelsrechtlichen Offenlegung kann der Jahresfinanzbericht im ESEF-Berichtsformat direkt beim Unternehmensregister eingereicht werden.

 

Besondere Hürden der ESEF-Verordnung für Unternehmen

Für viele Unternehmen war und ist die Anpassung an die neuen technischen Regulierungsstandards der ESEF-Verordnung problembehaftet. Dies wird sich vermutlich auch in Zukunft nicht ändern. Der Hauptgrund dafür sind die ständigen Änderungen der IFRS-Taxonomie. Diese wird nämlich jährlich durch die IFRS Foundation bearbeitet. Außerdem können unregelmäßige Änderungen der Taxonomie auftreten. Unternehmen müssen sich also ständig auf dem laufenden halten und sich an die Änderungen anpassen. Als eine Konsequenz drohen Bußgelder.

Zusätzlich können sich Gesetzesänderungen ergeben. Aufgrund der Corona-Pandemie hat der Europäische Rat nämlich eine Debatte über die Verschiebung des Erstanwendungszeitpunkts der ESEF-Richtlinie angestoßen. Ergebnisse der Diskussion stehen noch aus. Weitere Informationen darüber finden Sie hier.