Umsatzsteuer bei Speisen und Getränken: Ermäßigter Steuersatz oder nicht?

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Bei der Lieferung von Speisen ist seit Jahren die Frage, ob der Umsatzsteuersatz 7 % oder 19 % beträgt, ein Dauerbrenner – zuletzt 2013 durch ein Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) angefeuert. Die Finanzverwaltung reagierte damit auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg und des Bundesfinanzhofs (BFH), die die bislang geltende Praxis der Finanzverwaltung teilweise als rechtswidrig eingestuft hatten.

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Im Kern geht es um eine Problematik, die für Ihre Mandanten aus der Gastronomiebranche zu den wesentlichsten steuerlichen Fragen ihres Berufs gehört, denn die Kalkulation der Preise ist unmittelbar von dieser Frage abhängig. Eine Speise, die nur mit 7 % versteuert wird, können den Kunden deutlich günstiger angeboten werden. Wenn in einem Schnellrestaurant beispielsweise Speisen sowohl zum Mitnehmen mit 7 % angeboten als auch zum Verzehr an Ort und Stelle zu 19 % serviert werden, bietet sich eine Mischkalkulation bei einheitlichem Preis an.

Es geht also bei der Abgrenzung um die Frage, ob eine reine sogenannte Speisenlieferung vorliegt oder eine nicht steuerbegünstigte Dienstleistung (sogenannte sonstige Leistung). Wird die Speisenabgabe als sonstige Leistung eingestuft, greift der Regelsteuersatz von 19 %. Liegt dagegen eine Speisenlieferung vor, müssen diese lediglich mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 % versteuert werden.

Hinweis: Die Lieferung von Getränken – wie Cola, Limonade, Bier oder Wein – unterliegt immer dem Regelsteuersatz. Dies trifft auch auf trinkfertigen Kaffee zu. Ein „Coffee to go“ schlägt daher mit 19 % zu Buche. Lediglich bei einer Lieferung von Milch oder Milchmixgetränken kann eine ermäßigte Besteuerung gegeben sein. Sofern es sich um Milchmixgetränke handelt, muss der Anteil der Milch mindestens 75 % betragen. Beim Café Latte kommt es also darauf an, dass der Anteil an Espresso und anderen Zusätzen nicht mehr als 25 % beträgt.

Im folgenden Beitrag haben wir für Sie detailliert aufgeführt, in welchen Fällen welcher Mehrwertsteuersatz zur Geltung kommt. Zahlreiche Beispiele übertragen außerdem die Theorie direkt in die Praxis Ihrer Mandate. Lesen Sie jetzt weiter!

BMF-Schreiben von 2013 zur Umsatzbesteuerung von Speisen und Getränken

Am 20.03.2013 hat das BMF das lang erwartete Schreiben zur USt-Besteuerung bei der Abgabe von Speisen und Getränken veröffentlicht. Damit greift das BMF sowohl das EuGH-Urteil vom 10.03.2011 (C-497/09) als auch die beiden BFH-Urteile vom 08.06.2011 (XI R 37/08) und vom 30.06.2011 (XI R 6/08) auf und setzt diese durch einen Anwendungserlass um.

Klar geregelt wird im Schreiben, wann eine Speiseabgabe dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Absatz 2 Nr. 1 UStG) und wann dem Regelsteuersatz (§ 3 Absatz 9 UStG) unterworfen ist.

Entscheidend für die Höhe des Steuersatzes ist der Umfang der erbrachten Dienstleistung, die mit der Abgabe der Speise einher geht. Die Komplexität der zubereiteten Speise tritt aus steuerliche Sicht in den Hintergrund.

Speiselieferung vs. sonstige Dienstleistung

Zwar ist jede Speiselieferung mit einem Dienstleistungselement versehen – aber nicht alle Dienstleistungselemente sind qualitativ gleich.

Nach der jüngsten Rechtsprechung findet der ermäßigte Steuersatz dann Anwendung, wenn es sich um eine reine Speiselieferung handelt.

Dem Regelsteuersatz wird die Abgabe von Speisen unterworfen, wenn sie im Rahmen einer sonstigen Dienstleistung stattfindet.

Die Abgrenzung zwischen einer reinen Speiselieferung und einer Speiselieferung im Rahmen einer sonstigen Leistung richtet sich nach dem Schwerpunkt der erbrachten Dienstleistung.

 


Beachte:

Die Abgabe von Getränken unterliegt immer dem Regelsteuersatz (außer Leitungswasser). Lediglich auf die Abgabe von Milch oder Milchmixgetränken (Milchanteil mind. 75 %) kann eine ermäßigte Besteuerung gegeben sein.


 

Vermarktung ist entscheidend!

Ist die zusammen mit der Abgabe der Speise erbrachte Dienstleistung notwendig für die Vermarktung der Speisen, so bleibt es bei einer einfachen Speiselieferung. Sie wird mit 7 % besteuert.

In Verbindung mit der Vermarktung von Speisen stehen u.a. folgende Dienstleistungen:

  • Zubereitung der Speisen,
  • Transport der Speisen zum Ort des Verzehrs einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Leistungen wie Kühlen oder Wärmen,
  • Vereinbarung eines festen Lieferzeitpunkts,
  • übliche Nebenleistungen (z. B. Verpackungen, Beigabe von Einweggeschirr oder -besteck),
  • Bereitstellung von Vorrichtungen, die in erster Linie dem Verkauf von Waren dienen (z. B. Ablagebretter an Kiosken).

Nicht für die Vermarktung von Speisen notwendige Dienstleistungen sind aus steuerlicher Sicht schädlich. Es erfolgt daher eine Besteuerung mit 19 % als sonstige Leistung.

Nicht in Verbindung mit der Vermarktung von Speisen stehen u.a. folgende Dienstleistunge:

  • Bereitstellung einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur (z.B. Tische, Bänke, Toiletten),
  • Servieren der Speisen und Getränke,
  • Nutzungsüberlassung von Geschirr und Besteck,
  • Reinigung und Entsorgung von Gegenständen (z.B. Besteck und Geschirr),
  • Individuelle Beratung bei der Auswahl der Speisen und Getränke.

Knackpunkt Infrastruktur

Das Vorhandensein einer die Bewirtung fördernden Infrastruktur gilt im Allgemeinen als schädlich für den ermäßigten Steuersatz. Für die reine Vermarktung der Speisen ist sie nicht notwendig - es handelt sich um eine Zusatzleistung, die zweckmäßig den Verzehr vor Ort fördern sollen.

Die teilweise sehr abstrakten Regeln des BMF lassen sich am besten durch praktische Beispiele erklären:

Allgemein gilt: Umsätze durch die Abgabe von Speisen in einem Restaurant werden immer mit 19 % besteuert. Denn hier liegt, neben anderen schädlichen Dienstleistungen, auch das Vorhandensein einer bereitgestellten Infrastruktur vor. Der Betreiber hält Tische und Stühle bereit, die zweckmäßig den Verzehr vor Ort (also im Restaurant) fördern sollen.

Gleiches gilt für den Imbissbetreiber, der Plastikstühle und –tische für Kunden aufgestellt hat. Auch hier geht das BMF von einer den Verzehr vor Ort fördernden Maßnahme aus – unabhängig davon ob der Kunde die Speisen auch tatsächlich vor Ort verzehrt oder die Sitzgelegenheiten nur zum Warten nutzt.

 


Praxistipp für Ihre Mandanten:

Ob Edelholz aus den Tropen oder 3 Jahre alte Plastikstühle – auf die Qualität der Infrastruktur kommt es nicht an. Ausschlaggebend für eine Bewertung des Mobiliars als schädlich für den ermäßigten Steuersatz ist allein das Vorhandensein desselben!


 

Zum ermäßigten Steuersatz kann der Imbissbetreiber seine Speisen allerdings abgeben, wenn er lediglich Stehtische und eine Theke aufgestellt hat. Nach Ansicht des BMF kann diese Infrastruktur zwar zum Verzehr der Speisen vor Ort genutzt werden. Ihre primäre Zweckmäßigkeit liegt aber vornehmlich in der Vermarktung der Speisen.

 


Beachte:

Ausgenommen von dieser Regelung ist Mobiliar, das nicht vorrangig den Verzehr vor Ort fördern soll. Darunter fallen u.a. Einrichtungen im Wartebereich eines Kinos, die Bestuhlung im Theater und in Stadien sowie auch Nachttische in Kranken- und Pflegezimmern.


 

„Zum Hieressen oder Mitnehmen?“ – kleiner Satz, große Wirkung

Eine Sonderregelung betrifft besonders Imbissbetreiber, kann auch aber für Restaurantbetreiber von Interesse sein: Die Frage „Zum Hieressen oder Mitnehmen?“ hat Ihre steuerliche Gewichtung nämlich nicht verloren.

Bekräftigt der Kunde bei der Kaufentscheidung seine Absicht, die erworbene Speise mitzunehmen und erst zu einem späteren Zeitpunkt zu verzehren, so kann in diesen Fällen noch immer der ermäßigte Steuersatz Anwendung finden – selbst dann, wenn der Betreiber zusätzliche schädliche Leistungen erbringt.

 


Beachte:

Bieten Ihre Mandanten sowohl Speisen für die Abgabe vor Ort und auch zum Mitnehmen an, müssen diese entweder bei ihren Preisen eine Mischkalkulation annehmen oder durch Unterlagen belegen, wie viele Speisen „zum Mitnehmen“ abgegeben wurden.


 

Leistungen Dritter?

Im Allgemeinen führen Dienstleistungen Dritter zu einer Schädigung des ermäßigten Steuersatzes. Denn in der Regel leistet der Dritte aus wirtschaftlicher Sicht an den Anbieter (§ 3 Abs. 9 UStG).

Sofern der Dritte allerdins unmittelbar gegenüber dem Kunden tätig wird, kann der Anbieter auf die von ihm erbrachte Speiselieferung den ermäßigten Steuersatz anwenden (sofern keine anderen schädlichen Dienstleistungen vorliegen).

Beispiel:

Die durch die Kommune aufgestellte Parkbank direkt neben einem Imbiss hat keine schädliche Auswirkung auf den gemäßigten Steuersatz des Imbissbetreibers. Die Sitzgelegenheit bleibt selbst dann ungeachtet, wenn die Kundschaft des Betreibers die Bank als Verzehrort nutzt. Denn die Kommune tritt als Dritter direkt mit dem Kunden in Kontakt

Im Gegensatz dazu muss die Abgabe von Speisen an ein Pflegeheim durch einen Unternehmer, der lediglich Speisen vorbereitet, aufwärmt und an das Pflegeheim liefert, mit 19 % besteuert werden, wenn der Unternehmer das Besteck und Geschirr durch einen Dritten reinigen lässt. Denn hier steht der Dritte in keiner unmittelbaren Verbindung mit dem Kunden.

USt bei Speisen und Getränken – ein praktischer Exkurs

Mit dem Anwendungserlass hat das BMF auch eine Reihe an Fallbeispielen veröffentlicht, die die Grundsätze verdeutlichen sollen.

Fünf dieser Beispiele haben wir hier für Sie zusammengefasst: Sie vermitteln ein gutes Grundverständnis darüber, wann der ermäßigte und wann der Regelsteuersatz anzuwenden ist.

Bei der Bestimmung des richtigen Umsatzsteuersatzes unterstütz Sie außerdem unsere Checkliste „Umsatzsteuer: Abgabe von Speisen und Getränken".

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Beispiel 1:

Der Betreiber eines Imbissstandes gibt verzehrfertige Würstchen, Pommes frites, usw. an seine Kunden in Pappbehältern oder auf Mehrweggeschirr ab. Der Kunde erhält dazu eine Serviette, Einweg- oder Mehrwegbesteck und auf Wunsch Ketchup, Mayonnaise oder Senf. Der Imbissstand verfügt über eine Theke, an der Speisen im Stehen eingenommen werden können. Der Betreiber hat vor dem Stand drei Stehtische aufgestellt. 80 % der Speisen werden zum sofortigen Verzehr abgegeben. 20 % der Speisen werden zum Mitnehmen abgegeben.

Lösung:

Unabhängig davon, ob die Kunden die Speisen zum Mitnehmen oder zum Verzehr an Ort und Stelle erwerben, liegen insgesamt begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Die erbrachten Dienstleistungselemente (Bereitstellung einfachster Verzehrvorrichtungen wie einer Theke und Stehtischen sowie von Mehrweggeschirr) führen bei einer wertenden Gesamtbetrachtung des Vorgangs auch hinsichtlich der vor Ort verzehrten Speisen nicht zur Annahme einer sonstigen Leistung.


Beispiel 2:

Wie Beispiel 1, jedoch verfügt der Imbissstand neben Stehtischen über aus Bänken und Tischen bestehende Bierzeltgarnituren, an denen die Kunden die Speisen einnehmen können.

Lösung:

Soweit die Speisen zum Mitnehmen abgegeben werden, liegen begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG vor. Soweit die Speisen zum Verzehr vor Ort abgegeben werden, liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Mit der Bereitstellung der Tische und der Sitzgelegenheiten wird die Schwelle zum Restaurationsumsatz überschritten. Auf die tatsächliche Inanspruchnahme der Sitzgelegenheiten kommt es nicht an. Maßgeblich ist die Absichtserklärung des Kunden, die Speisen vor Ort verzehren zu wollen.


Beispiel 3:

Der Catering-Unternehmer A verabreicht in einer Schule auf Grund eines mit dem Schulträger geschlossenen Vertrags verzehrfertig angeliefertes Mittagessen. A übernimmt mit eigenem Personal die Ausgabe des Essens, die Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks.

Lösung:

Es liegen nicht begünstigte sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG vor. Neben den Speisenlieferungen werden Dienstleistungen erbracht, die nicht notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbunden sind (Bereitstellung von Verzehrvorrichtungen, Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks) und die bei Gesamtbetrachtung des Vorgangs das Lieferelement qualitativ überwiegen.


Beispiel 4:

Ein Schulverein bietet in der Schule für Schüler ein Mittagessen an. Das verzehrfertige Essen wird von dem Catering-Unternehmen A dem Schulverein in Warmhaltebehältern zu festgelegten Zeitpunkten angeliefert und anschließend durch die Mitglieder des Schulvereins an die Schüler ausgegeben. Das Essen wird von den Schülern in einem Mehrzweckraum, der über Tische und Stühle verfügt, eingenommen. Der Schulverein übernimmt auch die Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks.

Lösung:

Der Catering-Unternehmer A erbringt begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG, da sich seine Leistung auf die Abgabe von zubereiteten Speisen und deren Beförderung ohne andere unterstützende Dienstleistungen beschränkt.

Der Schulverein erbringt sonstige Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9 UStG. Neben den Speiselieferungen werden Dienstleitungen erbracht, die nicht notwendig mit der Vermarktung von Speisen verbunden sind (Bereitstellung von Verzehrvorrichtungen, Reinigung der Räume sowie der Tische, des Geschirrs und des Bestecks) und die bei Gesamtbetrachtung des Vorgangs das Lieferelement qualitativ überwiegen. Bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen können die Umsätze dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 UStG unterliegen.


Beispiel 5:

Wie Beispiel 4, jedoch beliefert der Catering-Unternehmer A den Schulverein mit Tiefkühlgerichten. Er stellt hierfür einen Tiefkühlschrank und ein Auftaugerät (Regeneriertechnik) zur Verfügung. Die Endbereitung der Speisen (Auftauen und Erhitzen) sowie die Ausgabe erfolgt durch den Schulverein.

Lösung:

Der Catering-Unternehmer A erbringt begünstigte Lieferungen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG. Die Bereitstellung der Regeneriertechnik stellt eine Nebenleistung zur Speisenlieferung dar.

 

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Checkliste USt bei der Abgabe von Speisen und Getränken

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