Referentenentwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz veröffentlicht

BMF und BMJ haben am 12.04.2023 den Entwurf für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz veröffentlicht, der Regelungen aus dem Gesellschaftsrecht, dem Kapitalmarktrecht und dem Steuerrecht enthält. Ein Eckpunktepapier hierzu war bereits Mitte 2022 veröffentlicht worden. Nun liegt der Referentenentwurf für das Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz - ZuFinG) vor.

Das Gesetz soll die Leistungsfähigkeit des deutschen Kapitalmarkts stärken und die Attraktivität des deutschen Finanzstandorts erhöhen. Insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) als Treiber von Innovation soll der Zugang zum Kapitalmarkt und die Aufnahme von Eigenkapital erleichtert werden. Aktien und börsennotierte Wertpapiere sollen als Kapitalanlage attraktiver werden, um Nachfrageseite (Anreize für Aktien als Kapitalanlage) und Angebotsseite (Erhöhung der Anzahl börsennotierter Unternehmen in Deutschland) zu stärken. Neben finanzmarktrechtlichen Anpassungen und der Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts sollen auch steuerrechtliche Regelungen verbessert werden.

Durch verbesserte steuerliche Rahmenbedingungen für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung soll es jungen Unternehmen erleichtert werden, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen und sich im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Dazu wird für die Mitarbeiterkapitalbeteiligung und die Aktie als Vermögensanlage zum einen der Steuerfreibetrag in § 3 Nr. 39 EStG angehoben. Daneben wird der Anwendungsbereich der Regelung zur aufgeschobenen Besteuerung (§ 19a EStG) ausgeweitet und deren Praxistauglichkeit verbessert.

Mit den Änderungen werden auch Vorgaben aus dem Koalitionsvertrag umgesetzt. Ergänzend wird bei der privaten Vermögensbildung der Höchstbetrag für die geförderten vermögenswirksamen Leistungen erhöht. Durch die Aufhebung der Einkommensgrenze werden darüber hinaus auch Arbeitnehmergruppen erreicht, die wegen der Überschreitung der Einkommensgrenze bisher keine Arbeitnehmer-Sparzulage erhalten haben.

Steuerfreie Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Der Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen (§ 3 Nr. 39 Satz 1 EStG) soll von derzeit 1.440 € auf 5.000 € ab 2024 erhöht werden.

Bisher können Mitarbeiterkapitalbeteiligungen auch durch Entgeltumwandlung finanziert werden. Angesichts der starken Anhebung des Höchstbetrags soll die steuerliche Begünstigung nach § 3 Nr. 39 Satz 2 EStG künftig auf Fälle beschränkt werden, in denen die Vermögensbeteiligungen zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn i.S.v. § 8 Abs. 4 EStG gewährt werden. Unerwünschte Gestaltungen (Lohnoptimierungen) sollen so vermieden werden.

Nach geltender Rechtslage können über § 3 Nr. 39 EStG steuerlich begünstigt überlassene Vermögensbeteiligungen von Arbeitnehmenden ohne Verlust der Steuerfreiheit unmittelbar nach der Überlassung veräußert werden, da es keine gesetzlichen Sperr- bzw. Haltefristen gibt.

Um dem entgegenzuwirken, wird über das Steuerrecht "mittelbar" ein Anreiz für die Einhaltung einer Haltefrist gesetzt. Nach § 20 Abs. 4b EStG des Entwurfs gehören die steuerfreien geldwerten Vorteile nicht zu den Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Gewinns bei den Kapitaleinkünften, wenn die Vermögensbeteiligung innerhalb von drei Jahren veräußert oder unentgeltlich übertragen wurde. Im Ergebnis wird bei schneller Veräußerung Abgeltungsteuer in Höhe von 25 % nicht nur auf einen etwaigen Veräußerungsgewinn, sondern auch auf den bisher steuerfrei belassenen Lohnanteil erhoben.

Aufgeschobene Besteuerung für Start-up-Beteiligungen

Mit dem Fondsstandortgesetz wurde § 19a EStG eingeführt. Das im Jahr 2021 verabschiedete Gesetz enthält Regelungen, nach denen unter bestimmten Voraussetzungen die geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen zunächst nicht besteuert werden (Steuerfreistellung im Zeitpunkt der Überlassung). Die Besteuerung erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich bei einer Verfügung (insbesondere beim Verkauf), der Beendigung des Dienstverhältnisses oder spätestens nach zwölf Jahren (aufgeschobene Besteuerung).

Tipp: Unabhängig von der aufgeschobenen Besteuerung wird der Steuerfreibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG bereits vorab berücksichtigt.

 

Die bisherigen Bedingungen für den Aufschub haben sich jedoch in der Praxis als zu eng erwiesen und sollen deshalb angepasst werden. Die nun geplanten Änderungen in § 19a EStG haben das Ziel, Startup-und KMU-Unternehmen durch Verbesserung der Mitarbeitergewinnung und -bindung zu fördern.

Insbesondere die sog. Dry-Income-Problematik, die gerade für Start-ups und Wachstumsunternehmen besonders hinderlich ist, soll angegangen werden. Diese tritt auf, wenn die Übertragung einer Beteiligung zu steuerpflichtigem Arbeitslohn (Sachbezug) bei den Arbeitnehmern führt, ohne dass ihnen liquide Mittel zugeflossen sind. Zur Abmilderung sind ab 2024 folgende Maßnahmen geplant:

  • Die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus Vermögensbeteiligungen soll spätestens 20 statt bisher zwölf Jahre nach der Übertragung der Vermögensbeteiligung erfolgen (§ 19a Abs. 4 EStG). Die Verschiebung des Besteuerungszeitpunkts soll auch für Vermögensbeteiligungen gelten, die vor 2024 übertragen werden bzw. wurden.
  • Im Falle von sog. Leaver-Events (d.h. Rückerwerb der Anteile bei Verlassen des Unternehmens) soll nur die tatsächlich an die Arbeitnehmenden gezahlte Vergütung maßgeblich sein.
  • Über einen neuen Absatz 4a in § 19a EStG soll die Möglichkeit der Pauschalbesteuerung mit 25 % geschaffen werden. Schuldner dieser pauschalen Lohnsteuer ist der Arbeitgeber. Eine Abwälzung auf die Arbeitnehmenden soll bei entsprechenden vertraglichen Vereinbarungen dennoch möglich sein.
  • Durch die Neuregelung in Absatz 4b in § 19a EStG soll für die Tatbestände "Ablauf von 20 Jahren" und "Beendigung des Dienstverhältnisses" keine Besteuerung mehr stattfinden, wenn der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis unwiderruflich erklärt, dass er die Haftung für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer übernimmt. In diesen Fällen soll erst der spätere Tatbestand "Verkauf" eine Besteuerung auslösen.

Tipp: Auch in den Fällen der freiwilligen Haftungsübernahme des Arbeitgebers soll die Pauschbesteuerung mit 25 % möglich sein, wenn der Besteuerungstatbestand "Verkauf" verwirklicht wurde.

 

Im Übrigen sind folgende Verbesserungen geplant:

  • In der Praxis werden die Gesellschaftsanteile oftmals nicht vom Arbeitgeber selbst, sondern von den (Gründungs-)Gesellschaftern gewährt. Durch eine Ergänzung wird klargestellt, dass auch diese Fallgestaltung ein begünstigter Sachverhalt ist (§ 19a Abs. 1 Satz 1 EStG).
  • Als Unternehmen des Arbeitgebers i.S.d. Satzes 1 sollen auch Unternehmen gelten, die dem gleichen Konzern i.S.d. § 18 AktG angehören (§ 19a EStG Abs. 1 Satz 3 EStG).
  • Künftig soll bei der Unternehmensgröße nicht mehr auf den einfachen, sondern auf den doppelten KMU-Schwellenwert abzustellen sein. Die begünstigten Unternehmen müssen danach weniger als 500 Mitarbeiter beschäftigen und dürfen einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. € oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. € erzielen (§ 19a Abs. 3 EStG).
  • Zudem soll die zeitliche Komponente des Schwellenwerts von zwei auf sieben Jahre erweitert werden. Die Förderung kann danach gewährt werden, wenn die Schwellenwerte im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten wurden (§ 19a Abs. 3 EStG).
  • Außerdem soll der maßgebliche Gründungszeitraum des Unternehmens von zwölf auf 20 Jahre vor dem Beteiligungszeitpunkt ausgeweitet werden (§ 19a Abs. 3 EStG).

Private Vermögensbildung mit Arbeitnehmer-Sparzulage

Mit der geplanten Änderung von § 13 Abs. 1 Satz 1 des 5. VermBG soll ab 2024 die Einkommensgrenze bei der steuerfreien Arbeitnehmer-Sparzulage für die Anlage der vermögenswirksamen Leistungen in Vermögensbeteiligungen aufgehoben werden.

Tipp: Auch Arbeitnehmende, deren Arbeitgeber üblicherweise keine Vermögensbeteiligungen mit steuerlicher Förderung (§ 3 Nr. 39 EStG) anbieten (u.a. im öffentlichen Dienst, bei Kirchen, Verbänden etc.), können damit einen Vermögensaufbau über Vermögensbeteiligungen betreiben.

 

Der Höchstbetrag für die geförderten vermögenswirksamen Leistungen soll mit einer Anhebung auf 1.200 € verdreifacht werden. Die höchstmögliche Arbeitnehmer-Sparzulage würde danach ab 2024 (1.200 € x 20 % =) 240 € jährlich betragen.

Änderungen bei der Umsatzsteuer

Hier sind Änderungen bei den Befreiungsvorschriften geplant:

  • Durch eine Änderung von § 4 Nr. 8 Buchst. h UStG sollen die Verwaltungsleistungen von alternativen Investmentfonds (AIF) i.S.d. § 1 Abs. 3 des Kapitalanlagegesetzbuchs ab 2024 von der Umsatzsteuer befreit werden.
  • Mit Änderungen in § 4 Nr. 8 Buchst. a und g UStG sollen die umsatzsteuerlichen Befreiungstatbestände ab 2024 auf die Verwaltung von Krediten und Kreditsicherheiten durch Kreditgeber ausgedehnt werden, um unionsrechtliche Vorgaben vollständig in nationales Recht umzusetzen. Beratungs- oder Verwaltungsleistungen anderer Unternehmer, die nicht selbst Kreditgeber eines Konsortialkredits sind, unterliegen weiterhin der Umsatzsteuer.

Fehlende Maßnahmen

Im Eckpunktepapier von Mitte 2022 wurde angekündigt, einen Freibetrag für im Privatvermögen erzielte Gewinne aus der Veräußerung von Aktien und von Aktienfondsanteilen einzuführen, um stärkere Anreize für die Aktienanlage zu erzeugen. Diese Maßnahme findet sich im Gesetzentwurf ebenso wenig wieder wie die angekündigte Abschaffung des gesonderten Verlustverrechnungskreises für Aktienveräußerungsverluste.

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