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Elektronische Kassen: BMF plant strengere Vorgaben

Mit zwei Referentenentwürfen veröffentlicht das BMF Pläne für neue gesetzliche Vorgaben bei elektronischen Kassen, die Manipulationen und Missbrauch bei der Datenaufzeichnung verhindern sollen. Neben zusätzlichen technischen Anforderungen an computergestützte Kassensysteme sehen die Gesetzespläne ein Zertifizierungsverfahren und erweiterte Prüfrechte des Fiskus bei einer „Kassen-Nachschau“ vor.

Elektronische Kassen sind dem BMF ein Dorn im Auge, da es bei diesen durch technische Manipulation den gleichmäßigen Steuervollzug in Gefahr sieht. Daher liegen inzwischen zwei Referentenentwürfe vor, von denen einer die Anforderungen an elektronische Kassen in der Abgabenordnung schärfer fasst und von denen der andere als Verordnung die technischen Vorgaben für elektronische Kassen enger definiert. Da nach Ansicht des BMF die Daten von elektronischen Kassen änderbar sind, sollen durch die neue Verordnung u.a. technische Maßnahmen eingeführt werden, um künftig Manipulationen zu vermeiden.


 

 

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Ergänzung der Abgabenordnung

Mit Einführung von zwei neuen Paragraphen in die Abgabenordnung (§§ 146a, 146b AO-E) plant das BMF im Referentenentwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen die rechtlichen Grundlagen für die Buchführung und Aufzeichnungen von Umsätzen, die durch eine elektronische Kasse erfolgen, enger zu fassen. Der § 146a AO-E beschreibt dabei die geforderte Ausgestaltung von Kassensystemen. Damit die Aufzeichnung von Vorgängen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet erfolgt und eine Manipulation dieser Aufzeichnungen verhindert werden kann, müssen Kassensysteme über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. Diese besteht aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer digitalen Schnittstelle.

Durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik soll eine Zertifizierung von Systemen erfolgen, während das BMF die näheren Anforderungen an das Sicherheitssystem durch Rechtsverordnung unter Zustimmung des Bundesrats, des Innenministeriums und des Wirtschaftsministeriums erlassen kann. Der erste Referentenentwurf dieser Verordnung wurde zeitgleich veröffentlicht.

Im Referentengesetzentwurf ist auch die Einführung eines § 146b AO-E vorgesehen, der die Finanzverwaltung dazu berechtigt, die Kassenaufzeichnungen eines Steuerpflichtigen unangekündigt in Form einer Kassen-Nachschau zu prüfen. Bei Auffälligkeiten kann – auch ohne eine vorherige Prüfungsanordnung – die Kassen-Nachschau in eine Außenprüfung nach § 193 AO übergehen. Ordnungswidrigkeiten im Bereich der Kassenaufzeichnungen sollen nach dem Regierungsentwurf mit empfindlichen Geldbußen belegt werden, wenn diese nicht als leichtfertige Steuerverkürzung geahndet werden – also unabhängig davon, ob ein steuerlicher Schaden entstanden ist.

Verordnungsentwurf: Wie müssen elektronische Kassen gesichert werden?

Um die Manipulation von Aufzeichnungen bei elektronischen Kassen für die Finanzverwaltung nachvollziehbar zu machen, beinhaltet die neue Verordnung, die als Referentenentwurf vorliegt, Regelungen für die Sicherungseinrichtung.

Darin enthalten sind Bestimmungen dazu,

  • welche elektronischen Aufzeichnungssysteme von der Regelung des § 146a AO-E umfasst sind,
  • wann und in welcher Form eine Protokollierung der digitalen Grundaufzeichnung zu erfolgen hat,
  • wie diese digitalen Grundaufzeichnungen zu speichern sind,
  • welche Anforderung an eine digitale Schnittstelle zu stellen sind,
  • welche Anforderungen die technische Sicherheitseinrichtung erfüllen muss, sowie
  • wem die Kosten der Zertifizierung anfallen.

Erfasste Aufzeichnungssysteme

Unter die Regelungen des Verordnungsentwurfs fallen elektronische Aufzeichnungssysteme, die über eine technische Sicherheitseinrichtung nach § 146a AO-E verfügen. Darunter fasst der Entwurf elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen einschließlich Tablet-basierter Kassensysteme.

Als computergestütztes Kassensystem definiert der Verordnungsentwurf eine EDV-Lösung zur Einbindung von Peripheriegeräten oder -software mit einer PC- oder elektronischen Registrierkasse. Eine PC-Registrierkasse kann die Daten auf einem internen Datenträger oder per Datenübermittlung extern archivieren. Voraussetzung für eine elektronische Registrierkasse ist, dass diese ein auf den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen spezialisiertes Datenerfassungsgerät darstellt, das elektronische Aufzeichnungen zur Dokumentation von Einzelumsätzen erstellt. Elektronische Buchhaltungsprogramme zählen hingegen nicht zu den elektronischen Aufzeichnungssystemen i.S.d. Verordnung.

Form der Protokollierung

Ferner muss für jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall von dem eingesetzten elektronischen Aufzeichnungssystem unmittelbar, d.h. zeitgleich, eine neue Transaktion gestartet werden. Die Transaktion dient der Zusammenführung von Daten in einem einheitlichen Prozess, wodurch die protokollierten einzelnen digitalen Grundaufzeichnungen nachfolgend nicht mehr manipuliert werden können. Daher muss jede Transaktion den Zeitpunkt des Vorgangsbeginns, eine eindeutige fortlaufende Transaktionsnummer, die Art des Vorgangs, die Daten des Vorgangs, den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung bzw. des Vorgangsabbruchs und einen Prüfwert enthalten.

Zudem muss der Beleg, der über die Transaktion ausgestellt wird, auch die Transaktionsnummer und den Zeitpunkt des Vorgangsbeginns ausweisen. Die Transaktionsnummer und der Zeitpunkt des Vorgangsbeginns müssen ohne Hilfsmittel lesbar sein.

Art der Speicherung

Die Grundaufzeichnungen müssen dauerhaft gespeichert werden. Dazu hat die Speicherung sicherzustellen, dass die protokollierten laufenden Geschäftsvorfälle oder sonstigen Vorfälle fortlaufend abgelegt und abrufbar sind sowie dass die Verkettung und die Anforderungen der digitalen Schnittstelle bei der Übertragung ins Archiv oder auf ein nichtflüchtiges Speichermedium bestehen bleiben.

Diese Daten müssen vom Steuerpflichtigen elektronisch unveränderbar und dauerhaft archiviert werden. Auch das Archiv muss sich auf einem nichtflüchtigen Speichermedium befinden.

Anforderungen an die Schnittstelle

Nach dem Verordnungsentwurf ist unter einer digitalen Schnittstelle eine Datensatzbeschreibung zu verstehen, die dem standardisierten Datenexport aus dem elektronischen Aufzeichnungsprogramm oder dem Archiv zur Übergabe an die Finanzbehörde zur Prüfung der Aufzeichnungen auf Integrität und Authentizität sowie Vollständigkeit dient. Die digitale Schnittstelle trägt dazu bei, Zweifelsfragen und Unklarheiten zu den Inhalten von elektronischen Dateien und Datenfeldern und technische Schwierigkeiten beim Aufbereiten der elektronischen Daten zu vermeiden sowie Prüfungen zu verkürzen.

Wegen der einheitlichen Strukturierung und Bezeichnung der Dateien und Datenfelder unabhängig von dem Aufzeichnungsprogramm erleichtert die digitale Schnittstelle auch die Übernahme in die Gewinnermittlung bzw. Buchführung. Eine abschließende Definition und Aufzählung der aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten sind mit der digitalen Schnittstelle nicht verbunden.

Praxishinweis

Die Finanzverwaltung verfolgt mit diesem Verordnungsentwurf das Ziel, die vermeintliche Manipulation von elektronischen Kassensystemen weiter einzudämmen. Die Finanzverwaltung ist also offensichtlich der Meinung, dass elektronische Kassensysteme systematisch dazu benutzt werden, um Einnahmen zu verkürzen. Zur Vermeidung der Steuerhinterziehung soll also die Datenspeicherung der Kassensysteme verbessert werden. Dabei setzt der Referentenentwurf auf ein Zertifizierungsverfahren durch das BSI, anstatt auf ein kryptographisches Verfahren wie INSIKA zurückzugreifen. Daher wird hier die genaue Ausgestaltung der Zertifizierung von Interesse sein.

Es ist zwar zu begrüßen, dass die Finanzverwaltung vermehrt auf moderne Datenkommunikationsmittel zurückgreifen möchte. Damit steigt aber gleichzeitig auch die Anforderung an die Bedienung dieser Kassensysteme. Es stellt sich daher die Frage, wie mit Bedienungsfehlern umgegangen werden soll. Dazu gibt der Verordnungsentwurf keine Antwort. Nach dem bisherigen Trend in der Finanzverwaltung dürften solche Fehler wohl eher als Hinterziehungsversuch eingestuft werden statt als das, was sie sind: Fehlbedienungen des Systems.

Im Ergebnis führt der Verordnungsentwurf dazu, dass der Steuerpflichtige noch weiter gesteigerte Anforderungen an seine elektronische Kasse erfüllen muss, ohne dass die Finanzverwaltung darauf eingeht, wie die damit verbundenen Kosten finanziert werden oder Gewerbetreibende die dafür erforderlichen Kenntnisse erlangen. Lediglich die Kosten für die Zertifizierung wurden geregelt: für diese steht der Antragsteller ein – i.d.R. also der Hersteller von Kassensystemen. Vor diesem Hintergrund ist der Entwurf kritisch zu sehen.

Weitere Informationen über das Gesetz zum Schutz vor Kassenmanipulationen (KassenG) erhalten Sie auf unserer Themenseite. Klicken Sie hier.

BMF-Referentenentwurf: Technische Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen, v. 18.03.2016
BMF-Referentenentwurf: Entwurf eines Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen, v. 18.03.2016

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz