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Bezahlte Verwarnungsgelder als Arbeitslohn?

Handelt es sich um lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn, wenn Arbeitgeber Buß- oder Verwarnungsgelder bei Verkehrsverstößen übernehmen? Das Finanzgericht Düsseldorf hat dies bei einem Paketzusteller für Verwarnungsgelder wegen Falschparkens verneint und eine eigene Verbindlichkeit des Arbeitgebers angenommen. Demnach muss in derartigen Fällen auch keine pauschale Lohnsteuer erhoben werden.

Mit Urteil vom 04.11.2016 hat das Finanzgericht Düsseldorf (FG) entschieden, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern durch einen Logistikunternehmer für seine angestellten Paketzusteller nicht zu lohnsteuerpflichtigem Arbeitslohn führt.

Im betreffenden Fall betrieb ein Logistikunternehmen einen bundesweiten Paketzustelldienst. Soweit möglich erwirkte das Unternehmen für das Be- und Entladen der Auslieferungsfahrzeuge eine kostenpflichtige Ausnahmegenehmigung für ansonsten nicht freigegebene Bereiche wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen. Da solche Genehmigungen nicht in allen Städten erwirkt werden konnten, nimmt es das Unternehmen zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs hin, dass seine Fahrer kurzfristig in den nicht freigegebenen Bereichen halten. Daraus resultierende festgesetzte Verwarnungsgelder werden vom Unternehmen getragen.

Diese übernommenen Verwarnungsgelder behandelte das Finanzamt als Arbeitslohn und setzte nach § 40 Abs. 1 EStG pauschal Lohnsteuer fest. Dagegen wandte sich das Unternehmen mittels Einspruchs, den das Finanzamt ablehnte. Das daraufhin angerufene FG hob die Entscheidung des Finanzamts auf und gab der Klage des Logistikunternehmens statt. Die übernommenen Verwarnungsgelder stellen aus Sicht des FG keinen Lohn dar und sind somit auch nicht der Pauschalversteuerung unterworfen.

Grundsätzlich ein Fall der Lohnsteuerpauschalierung

Nach den §§ 40 ff. EStG kann die Pauschalierung als besonderes Besteuerungsverfahren für die Lohnsteuer alternativ zum Regelbesteuerungsverfahren nach §§ 39b und 39c EStG in den dort genannten Fällen vorgenommen werden. So kann die Lohnsteuer z.B., wenn vom Arbeitgeber sonstige Bezüge in einer größeren Zahl von Fällen gewährt werden, mit einem durchschnittlichen Pauschsteuersatz berechnet werden. Zudem kann der Arbeitgeber beispielsweise arbeitstägliche Mahlzeiten im Betrieb, die er unentgeltlich oder verbilligt an die Arbeitnehmer abgibt, mit einem festem Steuersatz versteuern.

Bei der Pauschalbesteuerung muss der Arbeitgeber die pauschale Lohnsteuer übernehmen und wird ebenfalls deren Schuldner. Dadurch bleiben der pauschal besteuerte Arbeitslohn und die pauschale Lohnsteuer bei der Veranlagung außer Ansatz. Maßgebend für die Entstehung der pauschalen Lohnsteuer ist jedoch der Zufluss des Arbeitslohns beim Arbeitnehmer.

Kein Zufluss von Lohn durch die Bezahlung von Verwarnungsgeldern

Das FG sieht einen Zufluss von Lohn bei der Bezahlung von Verwarnungsgeldern als nicht gegeben. Die Bezahlung der Verwarnungsgelder sei im eigenbetrieblichen Interesse und kein Lohn für die Tätigkeit des Arbeitnehmers.

Zwar gehören nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG auch Bezüge oder Vorteile, die im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, zum Arbeitslohn. Vorliegend ist jedoch kein Vorteil für den Arbeitnehmer gegeben. Denn die Verwarnungsgelder wurden direkt gegen das Unternehmen festgesetzt und nicht gegen den Arbeitnehmer. Unabhängig von etwaigen verfahrensrechtlichen Mängeln – Verwarnungsgelder für das Führen eines Fahrzeugs können nicht zulässig gegen eine Personengesellschaft festgesetzt werden – zahlte das Logistikunternehmen auf seine eigene Verbindlichkeit. Somit kam es beim Arbeitnehmer zu keinem Vorteil.

Gesamtwürdigung aller Umstände entscheidend

Darüber hinaus führt das FG aus, dass für die Anerkennung eines sonstigen Vorteils als Lohnbestandteil entscheidend ist, ob es sich bei objektiver Würdigung aller Umstände um eine Entlohnung handelt oder lediglich um eine notwendige Begleiterscheinung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits mit Urteil vom 07.07.2004 im analogen Streitfall bezüglich anderer Streitjahre entschieden, dass die Übernahme der Zahlung von Verwarnungsgeldern aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse erfolgt und somit nicht zu Arbeitslohn führt. Hingegen sah der BFH mit Urteil vom 14.11.2013 die Übernahme von Bußgeldern wegen eines Verstoßes gegen die Lenk- und Ruhezeiten als Arbeitslohn an.

Praxishinweis

Das FG hat mit diesem Urteil entschieden, dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern bei Paketzustellern nicht zu Arbeitslohn führt und somit keine pauschale Lohnsteuer einbehalten werden muss. Dabei sollte jedoch seitens des Unternehmens beachtet werden, dass diese Ausführungen für Verwarnungsgelder gelten, die für Verstöße gegen die Park- und Haltevorschriften im ruhenden Verkehr durch die Fahrer der Lieferwagen (und nicht beliebige Angestellte) bei der Auslieferung und Abholung von Paketen angefallen sind. Dies gilt, wenn es keine Ausnahmegenehmigungen für die betreffenden Gebiete gibt.

Das FG hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Steuerpflichtige sollten Einspruch gegen negative Bescheide einlegen und das Urteil des FG heranziehen bzw. – falls die Revision eingelegt wird – ein Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 2 AO beantragen, bis der BFH Stellung genommen hat.

FG Düsseldorf, Urt. v. 04.11.2016 - 1 K 2470/14 L
BFH, Urt. v. 07.07.2004 - VI R 29/00, BStBl 2005 II 367
BFH, Urt. v. 14.11.2013 - VI R 36/12, BStBl 2014 II 278

Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper