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Einkommensteuer -

Immobilien: Verzicht auf Nießbrauch bei Vermietung

Wann sind Ausgleichszahlungen für die Rechte an Immobilien steuerbar? Der BFH hat entschieden, dass ein Entgelt, das für den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht gezahlt wird, eine steuerbare Entschädigung nach § 24 EStG  ist, wenn der Nießbraucher das Grundstück zum Zeitpunkt des Verzichts tatsächlich vermietet und hieraus Einkünfte zieht. Damit weicht der BFH von seiner früheren Rechtsprechung ab.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10.10.2025 (IX R 4/24) entschieden, dass der entgeltliche Verzicht auf die Ausübung eines Nießbrauchsrechts an einem Grundstück im Privatvermögen als eine steuerbare Entschädigung zu qualifizieren ist, wenn der Nießbraucher das Grundstück zum Zeitpunkt des Verzichts tatsächlich vermietet und hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt.

Sachlage im Streitfall

Die Klägerin war lebenslang an einem Grundstück der Erbengemeinschaft ihrer Kinder nießbrauchsberechtigt. 

Das Nießbrauchsrecht wurde zunächst im Privat-, später im Sonderbetriebsvermögen einer von ihr mitgeführten Personengesellschaft gehalten und nach ihrem Ausscheiden wieder dem Privatvermögen zugeordnet. 

Nach Veräußerung des Grundstücks durch die Erbengemeinschaft verzichtete die Klägerin vertraglich auf den Nießbrauch und erhielt hierfür eine Entschädigung. Die Klägerin sowie ihre Kinder gingen bei Zahlung der Entschädigung von einer unentgeltlichen Zuwendung aus.

Das Finanzamt (FA) behandelte den entgeltlichen Teil des Verzichts als privates Veräußerungsgeschäft i.S.d. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 EStG und setzte einen Veräußerungsgewinn an. 

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage statt. Der BFH sah die Revision des FA als begründet an und hob die Entscheidung des FG daher auf.

Außerordentliche Einkünfte i.S.d. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG

§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG stellt klar, dass Entschädigungen nur dann steuerbare Einkünfte darstellen, wenn sie den Ausfall von Einnahmen ersetzen, die selbst zu den einkommensteuerbaren Einkünften gehören. 

Die Norm erweitert die Einkünfte nicht, sondern ordnet Entschädigungen der Einkunftsart zu, der auch die ersetzten Einnahmen angehört hätten. Voraussetzung ist daher ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Entschädigung und wegfallenden Einnahmen. 

Keine Entschädigungen in diesem Sinne liegen vor, wenn Zahlungen den Verlust oder die Aufgabe eines Wirtschaftsguts ausgleichen; in solchen Fällen betrifft die Zahlung nicht die Einnahmen, sondern das Wirtschaftsgut selbst.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Entgegen der Entscheidung des FG sieht der BFH das Entgelt für den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht, aus dem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung resultieren, als steuerbare Entschädigung für entgehende Einnahmen an. 

Er qualifiziert daher die Entschädigung als außerordentliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 21 EStG, welche vorrangig gegenüber einer Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft sind.

Wird ein Nießbraucher für die Aufgabe seines vermieteten Nutzungsrechts entlohnt, ersetzt die Zahlung wirtschaftlich die künftig ausfallenden Mieteinnahmen - nicht das Nießbrauchsrecht als solches. Unerheblich ist, auf welche Weise die Zahlung erfolgt.

Eine entsprechende Entschädigung liegt auch vor, wenn kein wirtschaftlicher oder rechtlicher Druck besteht, sondern die Aufgabe des Nießbrauchsrechts mehr oder weniger freiwillig erfolgt. 

Der BFH verwies die Sache an das FG zurück, damit dieses prüft, ob der Klägerin im Zusammenhang mit der Entschädigung berücksichtigungsfähige Werbungskosten entstanden sind.

Praxishinweis

Mit dieser Entscheidung ändert der BFH seine bisherige Rechtsprechung. Bislang wurde für den entgeltlichen Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht verlangt, dass ein wirtschaftlicher oder tatsächlicher Druck bestehen müsse, um steuerpflichtige Einnahmen zu erzielen. 

Dieses Kriterium hält der BFH zumindest im vorliegenden Streitfall der entgeltlichen Versteuerung einer Abfindung nicht mehr für erforderlich. Insbesondere in Fällen des Vorbehaltsnießbrauchs sollten Steuerberater und Steuerpflichtige nun mit einer entsprechenden Mehrsteuer rechnen.

BFH, Urt. v. 10.10.2025 - IX R 4/24

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