Welche Steuerregeln gelten für Abfindungen, die für die Aufhebung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen gezahlt werden? Der BFH hat entschieden, dass die Ablösung des Nießbrauchs für den Berechtigten nicht steuerbar ist, wenn dieser nicht wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile ist. Das wirtschaftliche Eigentum hängt von den konkreten Umständen wie der Verteilung von Mitgliedschaftsrechten ab.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 11.02.2025 (IX R 14/24) die Grundsätze zur steuerlichen Behandlung der entgeltlichen Ablösung eines Nießbrauchs an Kapitalgesellschaftsbeteiligungen weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Klägerin K war an der A-GmbH beteiligt. Ihre Beteiligung verschenkte sie unter Vorbehalt eines Nießbrauchs an ihre Töchter.
Dem Schenkungsvertrag zufolge beschränkte sich der Nießbrauch auf die Ziehung der Nutzungen aus den Geschäftsanteilen, wozu insbesondere der anteilige Bilanzgewinn zählte. Nicht vom Nießbrauch erfasst wurde hingegen die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte.
Im Streitjahr veräußerten die Töchter die Geschäftsanteile. Aufgrund dessen gab die K den Nießbrauch gegen Zahlung auf.
Das Finanzamt (FA) beurteilte den Ablösebetrag als steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Die hiergegen gerichtete Klage vor dem Finanzgericht (FG) war erfolgreich. Die Revision des FA wies der BFH als unbegründet zurück.
Begründung im Besprechungsfall
Nach Ansicht des BFH lagen im Besprechungsfall keine Einkünfte aus Kapitalvermögen vor. Denn Zurechnungssubjekt einer Ausschüttung durch eine GmbH ist grundsätzlich der Anteilseigner.
Dies gilt auch für einen Nießbrauchsberechtigten, wenn ihm das wirtschaftliche Eigentum an den Geschäftsanteilen zusteht. Ob dies der Fall ist, ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig.
Da im Besprechungsfall nach den bindenden Feststellungen des FG das wirtschaftliche Eigentum an den Geschäftsanteilen bereits mit der Schenkung auf die Töchter der K übergegangen war, scheidet eine Zurechnung bei K aus.
Auch nachträgliche Einkünfte in Form einer Entschädigung, die für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung gewährt würde, sind nicht gegeben. Als Gewinnbeteiligung kommen lediglich gesellschaftsrechtliche Beteiligungen in Betracht.
Rein schuldrechtliche Rechtsgrundlagen für Leistungen einer Gesellschaft begründen hingegen keine solche Gewinnbeteiligung - so wie hier, denn K war nicht gesellschaftsrechtlich an der A-GmbH beteiligt. Dazu hätte K auch die Mitgliedschaftsrechte ausüben müssen.
Der Ablösebetrag ist auch nicht als Einkünfte aus einer ehemaligen gewerblichen Tätigkeit wegen des Verkaufs einer Beteiligung zu versteuern. Diese Einkunftsart hätte eine entgeltliche Anteilsübertragung auf die Töchter vorausgesetzt.
Besteht jedoch - wie im vorliegenden Fall - kein erkennbarer sachlicher Zusammenhang zwischen der zunächst erfolgten Übertragung der Anteile unter Nießbrauchsvorbehalt und der später für die Ablösung des Nießbrauchsrechts geleisteten Zahlung, ist der entgeltliche Verzicht auf das Nutzungsrecht als selbständiges Rechtsgeschäft einzustufen.
Praxishinweis
Der BFH hat klargestellt, dass für die Frage, ob das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Anteilen dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen ist, die Umstände des Einzelfalls entscheidend sind.
Ist der Nießbrauchsberechtigte nicht wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile, so ist die Ablösung des Nießbrauchs ein für ihn nicht steuerbarer Vorgang.
BFH, Urt. v. 11.02.2025 - IX R 14/24