Wann liegt bei Immobilien ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn vor? Der BFH hat ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG bejaht, wenn ein Grundstück innerhalb von zehn Jahren nach Anschaffung übertragen wird und der neue Eigentümer die darauf lastenden Schulden übernimmt. Um den Veräußerungsgewinn zu ermitteln, erfolgt eine Aufteilung in einen entgeltlichen und unentgeltlichen Teil.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 11.03.2025 (IX R 17/24) entschieden, dass die Gegenleistung bei einer teilentgeltlichen Grundstücksübertragung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts aufzuteilen ist.
Dies gilt auch, wenn das Entgelt unterhalb der Anschaffungskosten liegt.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger erwarb ein vermietetes Grundstück für 143.950 €, wobei die Finanzierung teilweise durch ein Bankdarlehen erfolgte.
Im März 2019 übertrug er die Immobilie auf seine Tochter, die das zu diesem Zeitpunkt mit 115.000 € valutierende Darlehen übernahm und neu finanzierte. Der Verkehrswert des Grundstücks belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 210.000 €. Der Kläger zahlte im Zug der Ablösung des Darlehens eine Vorfälligkeitsentschädigung.
Das Finanzamt (FA) wertete diese Übertragung als privates Veräußerungsgeschäft. Es teilte den Vorgang entsprechend dem Verhältnis von übernommenen Schulden zum Verkehrswert in einen entgeltlichen (54,76 %) und einen unentgeltlichen Teil (45,24 %) auf.
Der Veräußerungsgewinn wurde unter Berücksichtigung anteiliger Anschaffungskosten, AfA und der Vorfälligkeitsentschädigung ermittelt und der Besteuerung unterworfen.
Die hiergegen gerichteten Einsprüche des Klägers blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es sah in der teilentgeltlichen Übertragung unterhalb der ursprünglichen Anschaffungskosten keine steuerbare Veräußerung, da kein realer Wertzuwachs vorliege.
Eine Besteuerung fiktiver Gewinne ohne Mittelzufluss widerspreche dem Verfassungsrecht und führe zudem zu einer Doppelbesteuerung mit der Schenkungsteuer.
Der BFH sah die Revision des FA hingegen als begründet an und hob das Urteil des FG auf.
Veräußerungsgewinne bei teilentgeltlicher Grundstücksübertragung
Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Veräußerungsgewinne aus Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten (z.B. Erbbaurechte oder Mineralgewinnungsrechte) als sonstige Einkünfte steuerpflichtig, sofern der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung zehn Jahre nicht überschreitet.
Im Fall eines unentgeltlichen Erwerbs ist nach § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG die Anschaffung oder Einlage in das Privatvermögen durch den Rechtsvorgänger dem Rechtsnachfolger steuerlich zuzurechnen.
Die Übernahme von Schulden beim Erwerb eines Wirtschaftsguts stellt eine entgeltliche Gegenleistung dar. Die mit dem jeweiligen Wirtschaftsgut übernommene Schuld gilt in diesem Fall als das Entgelt, welches für die Übernahme des Grundstücks gezahlt wird.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Nach Auffassung des BFH ist die Übertragung eines Wirtschaftsguts mit Verbindlichkeiten regelmäßig als ein teilentgeltlicher Vorgang zu qualifizieren. In diesem Fall erfolgt eine Aufteilung des Veräußerungsvorgangs in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil.
Erfolgt die Übertragung eines Grundstücks innerhalb von zehn Jahren nach dessen Anschaffung, unterliegt der entgeltliche Teil als privates Veräußerungsgeschäft der Einkommensteuer.
Dass der Kläger letztendlich weniger Gegenleistung erhalten hat, als seine ursprünglichen Anschaffungskosten betrugen, ist somit nicht maßgeblich. Nach den Feststellungen des FG entfallen auf den entgeltlich überlassenen Teil 78.828 €.
Dem steht somit ein Entgelt von 115.000 € gegenüber, was gem. § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu einem steuerbaren und steuerpflichtigen Wertzuwachs von 40.655 € führt.
Praxishinweis
Der BFH bestätigt mit seiner Entscheidung die bisherige in der Praxis übliche Handhabung, dass die Übertragung eines Wirtschaftsguts gemeinsam mit einer Verbindlichkeit als teilentgeltliche Übertragung des Wirtschaftsguts gewertet wird und somit auch ein Veräußerungsgewinn bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 23 EStG zu besteuern ist.
Gleiches hat der BFH bereits für die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften im vergangenen Jahr entschieden (BFH, Urt. v. 12.12.2023 - IX R 15/23).
BFH, Urt. v. 11.03.2025 - IX R 17/24