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Erbschaftsteuer: Bewertung des Anteils einer Personengesellschaft

Wie ist ein Personengesellschaftsanteil bei der Erbschaftsteuer zu bewerten? Wann gelten die Vorgaben des Bewertungsgesetzes (BewG) zur Ermittlung und Aufteilung des gemeinen Werts? Der BFH hat im Fall eines vererbten Kommanditanteils entschieden: Das Aufteilungsschema nach § 97 Abs. 1a BewG ist auch dann zu beachten, wenn im Einzelfall der ermittelte Wert des Anteils vom gemeinen Wert abweicht.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 17.06.2020 (II R 43/17) dazu Stellung genommen, wie ein Anteil an einer Personengesellschaft für Zwecke der Erbschaftsteuer zu bewerten ist.

Sachverhalt im Besprechungsfall

F, die Klägerin, ist Alleinerbin ihres verstorbenen Bruders, des Erblassers. Der Erblasser war mehrheitlich als Kommanditist an der H KG beteiligt. Nach Verkauf und Übertragung ihres Anlage- und Vorratsvermögens beschloss die KG ihre Auflösung, die in das Handelsregister eingetragen wurde. Am Todestag des Erblassers war noch positives und negatives Betriebsvermögen der KG vorhanden.

Das für den Erblasser geführte Kapitalkonto wies einen positiven Wert auf, während das Kapitalkonto der anderen Kommanditisten einen negativen Wert aufwies. In der Erklärung zur gesonderten Feststellung über den von Todes wegen erworbenen Anteil am Betriebsvermögen der KG (Feststellungserklärung) berechnete F den gemeinen Wert des gesamten Betriebsvermögens im vereinfachten Ertragswertverfahren.

Bei der Ermittlung des gemeinen Werts des von ihr erworbenen Anteils ging sie von einem negativen Wert aus, weil sie die Summe der Kapitalkonten des Erblassers sowie der anderen Kommanditisten von dem Substanzwert der KG abzog und von dem verbleibenden Wert einen Anteil entsprechend der Beteiligung an der KG der F zuwies.

Das Finanzamt (FA) zog hingegen für die Ermittlung des gemeinen Werts des erworbenen Anteils das Kapitalkonto des Erblassers mit seinem positiven Wert heran und addierte hierzu den anteilig für den Erblasser verbleibenden Wert am Betriebsvermögen der KG; dadurch kam es zu einem positiven Wert. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH folgte dem.

Werbender Betrieb als Voraussetzung der Bewertung

Einleitend stellt der BFH klar, dass die Bewertung nicht voraussetzt, dass sich der Betrieb noch in der werbenden Phase befindet. Vielmehr ist eine Feststellung noch über das Ende der werbenden Tätigkeit hinaus so lange durchzuführen, wie am Todestag als Bewertungsstichtag noch positives oder negatives Betriebsvermögen vorhanden ist.

Bewertung des Kommanditanteils entsprechend § 97 Abs. 1a BewG

Nach § 97 Abs. 1a BewG ist der gemeine Wert eines Anteils einer Personengesellschaft wie folgt zu ermitteln und aufzuteilen:

  1. Der gemeine Wert des der Personengesellschaft gehörenden Betriebsvermögens (Gesamthandsvermögen) ist wie folgt aufzuteilen:
    a) Die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz sind dem jeweiligen Gesellschafter vorweg zuzurechnen;
    b) der verbleibende Wert ist nach dem für die Gesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel auf die Gesellschafter aufzuteilen; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen.
  2. Für die Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters ist der gemeine Wert zu ermitteln. Er ist dem jeweiligen Gesellschafter zuzurechnen.
  3. Der Wert des Anteils eines Gesellschafters ergibt sich als Summe aus dem Anteil am Gesamthandsvermögen nach Nr. 1 und dem Wert des Sonderbetriebsvermögens nach Nr. 2.

Nach Ansicht des BFH ist § 97 Abs. 1a BewG eine spezielle Norm zur Aufteilung des ermittelten gemeinen Werts des Betriebsvermögens einer Gesellschaft auf die einzelnen Gesellschafter. Dadurch wird eine Vereinfachung erreicht, da ansonsten das Sonderbetriebsvermögen aller Gesellschafter einbezogen werden müsste und nicht nur dasjenige des Gesellschafters, dessen Anteil Zuwendungsgegenstand ist.

Um dies umzusetzen, sind die Kapitalkonten aus der Gesamthandsbilanz den jeweiligen Gesellschaftern vorweg zuzurechnen und anschließend der verbleibende Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des Gesamthandsvermögens der Personengesellschaft und der Summe der Kapitalkonten (verbleibender Wert des Betriebsvermögens) nach dem für die Personengesellschaft maßgebenden Gewinnverteilungsschlüssel aufzuteilen, wobei Vorabgewinnanteile nicht zu berücksichtigen sind.

Im Anschluss werden für die aktiven Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens die gemeinen Werte ermittelt und den Gesellschaftern getrennt zugerechnet. Der Wert des Anteils eines Gesellschafters am Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft ergibt sich sodann aus einer Addition des nach den dargestellten Vorgaben ermittelten Werts des Anteils des Gesellschafters am Gesamthandsvermögen und des Werts des ihm zuzurechnenden Sonderbetriebsvermögens.

Verbindlichkeit des Aufteilungsschemas

Dieses Aufteilungsschema ist auch dann zu beachten, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert abweicht.

Soweit sich im Einzelfall ein Unterschied zwischen dem nach dem BewG ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt, ist dies aufgrund der typisierenden Bewertungsmethoden hinzunehmen. Das gilt auch für die Ermittlung der Bereicherung bei einer Schenkung und ist ebenso auf einen Erwerb von Todes wegen zu übertragen.

Das typisierende Aufteilungsschema kann im Einzelfall zu einem positiven Wert des Anteils am Betriebsvermögen der Personengesellschaft und daher zu einer Bereicherung bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer führen, auch wenn bei der Gesellschaft zu verteilendes Vermögen am Bewertungsstichtag tatsächlich nicht (mehr) vorhanden ist und ein Kaufpreis für den Anteil nicht gezahlt worden wäre.

Dieser Fall kann eintreten, wenn das Betriebsvermögen der Personengesellschaft einen negativen Wert aufweist und der Anteil eines Gesellschafters mit einem positiven Kapitalkonto zu bewerten ist, während die Kapitalkonten der anderen Gesellschafter negativ sind.

Die Vorwegzurechnung des Werts des positiven Kapitalkontos führt zu einem positiven Wert des Anteils, wenn der Wert des positiven Kapitalkontos den verbleibenden Wert des Betriebsvermögens nach § 97 Abs. 1a Nr. 1 Buchst. b BewG übersteigt und Wirtschaftsgüter und Schulden des Sonderbetriebsvermögens nicht zuzurechnen sind.

Die typisierende Aufteilung mit der Vorwegzurechnung des positiven Kapitalkontos stellt nicht darauf ab, ob ein Auszahlungsanspruch in Höhe des positiven Kapitalkontos tatsächlich besteht oder realisiert werden kann.

Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob der Gesellschafter, für den ein negatives Kapitalkonto ausgewiesen ist, nachschusspflichtig ist und insofern die Deckungslücke aufzufüllen hat, oder ob dies insbesondere wegen der Haftungsbeschränkung des Kommanditisten sowie der nur beschränkten Teilhabe am Verlust ausgeschlossen ist. Es ist nicht zuletzt Zweck der Typisierung, die Ermittlung aller vermögensrechtlichen Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander zu vermeiden.

Dabei sieht der BFH keine Möglichkeit, entgegen der unmissverständlichen Berechnungsvorschrift des § 97 Abs. 1a BewG einen Abschlag für eine wegen negativer Kapitalkonten anderer Gesellschafter etwaige fehlende Werthaltigkeit des positiven Kapitalkontos vorzunehmen.

Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, der gemeine Wert des Anteils an der KG fällt zu seinen Gunsten niedriger aus, als sich aus der schematischen Aufteilung ergibt, kann er einen niedrigeren gemeinen Wert aus einem zeitnahen Verkauf ableiten oder - sollte ein zeitnaher Verkauf nicht vorliegen - durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen, der den Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt.

In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen.

Entscheidung im Besprechungsfall

Nach diesen Grundsätzen hat das FA den Wert des erworbenen Anteils der KG, die am Todestag unstreitig noch über positives und negatives Betriebsvermögen verfügte, zutreffend unter Anwendung des vorgesehenen Schemas ermittelt und aufgeteilt sowie festgestellt. Dem Anteil des Erblassers war sein positives Kapitalkonto vorweg zuzurechnen.

Von der Möglichkeit, einen niedrigeren gemeinen Wert des Anteils durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachzuweisen, hat F keinen Gebrauch gemacht, so dass die Klage abgewiesen wurde.

Praxishinweis

Der BFH hat mit seiner Entscheidung klargestellt, wie ein Anteil an einer Personengesellschaft für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu bewerten ist: § 97 Abs. 1a BewG enthält Vorgaben zur Ermittlung des gemeinen Werts eines Anteils am Betriebsvermögen einer Personengesellschaft durch Aufteilung des gemeinen Werts des Betriebsvermögens, das der Personengesellschaft gehört.

Dieses Aufteilungsschema ist auch dann zu beachten, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert abweicht. Der Steuerpflichtige kann einen niedrigeren gemeinen Wert des Anteils durch einen zeitnahen Verkauf oder ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen. In einem solchen Fall ist eine Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen.

BFH, Urt. v. 17.06.2020 - II R 43/17

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrech