Steuerberatung -

Ausgleichszahlung bei Immobilienfonds ist keine Kapitaleinnahme nach § 20 EStG

Gleicht ein Fonds seinen Besitzern Kursverluste aus, die durch zwischenzeitliche Handelseinstellung entstanden sind, liegen keine laufenden Einnahmen vor.

Offene Immobilienfonds waren in der jüngsten Vergangenheit eher durch hohe Leerstandsraten, insolvente Mieter und Wertabschreibungen in die Schlagzeilen geraten. Der Fonds grundbesitz-invest gewährt sogar eine Ausgleichszahlung, die laut Finanzverwaltung bei Privatanlegern nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Kapitalvermögen gehört.

Offene Immobilienfonds waren in der Vergangenheit der Renner bei konservativ ausgerichteten Privatanlegern. Renditen um die fünf Prozent in jedem Jahr, nie Verluste und auch noch zum Teil steuerfreie Ausschüttungen waren ein hervorragendes Argument bei fallenden Aktienbörsen oder geringen Kapitalmarktzinsen. Zudem ist die geringe Korrelation mit Aktien und Renten eines der Hauptmotive von privaten Anlegern in offene Immobilienfonds zu investieren. Hinzu kommen stabile Renditen, steuerlich vorteilhafte Eigenschaften, Inflationsschutz und die Liquidität der Fondsanteile.

Doch diese rosigen Zeiten sind längst vorbei. Wirtschaftliche Schwierigkeiten sorgten zum Teil für Jahresrenditen unter einem Prozent. Einige Fonds konnten massive Anteilsrückgaben der Besitzer nur mit Mühe bewältigen. Drei offene Immobilienfonds der Deutschen Bank und von Kan AM wurden wegen ungewöhnlich hoher Abflüsse und damit verbundener Liquiditätsengpässe sogar geschlossen, so dass Anleger weder Papiere zurück geben noch neue erwerben konnten.

Sie sind zwischenzeitlich wieder geöffnet, so dass die Besitzer wieder an ihr Geld kommen können. Einige Fonds haben ihre Manager ausgetauscht, andere ihre Grundstücksbewertung realistischen Größen angepasst und einen Teil des Bestandes verkauft. Diese aktuelle Marktbereinigung können Sparer nutzen, um antizyklisch in Immobilienfonds einzusteigen, die einen Großteil ihrer Gelder in heimische Objekte investiert haben. Denn im Gegensatz zu Bürokomplexen jenseits der Grenze waren besonders deutsche Gebäude von wirtschaftlichen Flauten getroffen. Hier könnte nunmehr eine Trendwende einsetzen. Aussichtsreich sind hier Gesellschaften, die viele neue Immobilien mit langen Mietverträgen im Portfolio haben.
Diese Botschaft haben bereits eine Reihe von Sparern umgesetzt. Gut einen Monat nach der Wiederöffnung des offenen Immobilienfonds Grundinvest musste der Fondsanbieter Kan Am den Verkauf wegen zu hoher Mittelzuflüsse erst einmal wieder einstellen. Die vorhandenen Barreserven von 36 % des Fondsvermögens sollen erst investiert werden. Binnen eines Monats nach Wiedereröffnung hatten Anleger bereits rund 150 Mio. € investiert, vorherige Besitzer hatten ihre angedrohte Kündigung von Anteilen wieder rückgängig gemacht.

Auch insgesamt sieht die Situation wieder etwas freundlicher aus. Im April 2006 flossen nur noch 437,8 Mio. € aus den offenen Immobilienfonds ab. In den Vormonaten waren es noch deutlich mehr, nämlich 2,1 Mrd. € (März), 1,2 Mrd. € (Februar ) und 4,18 Mrd. € (Januar), die aus den offenen Immobilienfonds abzogen worden waren.

Die Auffassung des BMF zur aktuellen Entwicklung

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung bei den offenen Immobilienfonds hatte das BMF am 23.01.2006 die Pressemitteilung 7/2006 veröffentlicht: Der offene Immobilienfonds ist eine seit mehr als vier Jahrzehnten über alle Marktzyklen hinweg wertstabile Anlage. Die vorübergehende Schließung einzelner Fonds hat nichts mit der Qualität des Produkts an sich zu tun. Das Investitionsverhalten in- und ausländischer Kapitalanleger in den zurückliegenden Monaten beweist, dass die Perspektiven für den deutschen Immobilienmarkt nachhaltig positiv sind.

Vor diesem Hintergrund ist und bleibt der offene Immobilienfonds nach unserer Überzeugung ein wichtiger Baustein für die Vermögensanlage des langfristig orientierten Privatkunden und wird auch die jetzige Bewährungsprobe bestehen. Die deutsche Kreditwirtschaft und die Investmentbranche stehen daher zu diesem Produkt. Wir sehen deshalb gute Gründe dafür, dass die Anleger dem Produkt auch in Zukunft vertrauen können.

Die steuerliche Besonderheit der Ausgleichszahlung

Einer der von der zwischenzeitlichen Schließung betroffenen Fonds war der grundbesitz-invest, der von einer Tochtergesellschaft der Deutsche Bank AG verwaltet wird und im Schwerpunkt an Kunden des Deutsche Bank-Konzerns im Inland vertrieben. Dieser wurde nach massiven Mittelabflüssen auf Grund angekündigter Immobilien-Neubewertungen am 13.12.2005 geschlossen.
Aus Kulanz und auch zur Vermeidung potentieller, in der Presse bereits angekündigter Schadensersatzprozesse, sollen Anleger von den in den Vertrieb der Anteile eingebundenen Gesellschaften des DB-Konzerns eine Ausgleichszahlung erhalten. Diese soll wie folgt aussehen:

Aktueller Rücknahmekurs bei Wiedereröffnung des Fonds

– zwischenzeitlich erhaltener Brutto-Ausschüttungen

– ehemaliger Anschaffungspreis einschließlich bezahlter Ausgabeaufschlag

= Entschädigungsbetrag


Die Finanzverwaltung behandelt die Ausgleichszahlungen an Anleger wie folgt (Bayerisches Landesamt für Steuern v. 24.04.2006 - S 1980 - 8 St 32/St 33):

  • Beim privaten Anleger gehören die Kompensationszahlungen nicht zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gem. § 2 Abs. 1 InvStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 EStG.
  • Bei Veräußerung der Fondsanteile innerhalb eines Jahres ist der Betrag bei der Ermittlung des Gewinns oder Verlusts aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen. Insoweit muss die Ausgleichszahlung mindernd bei den Anschaffungskosten berücksichtigt werden. Liegen die Immobilienfonds hingegen bereits länger als ein Jahr im Depot, können die Anteile sofort steuerfrei verkauft werden, ohne dass sich der erhaltene Betrag negativ auswirkt.
  • Beim betrieblichen Anleger zählen die Ausgleichszahlungen zu den Betriebseinnahmen.

Hinweis: Sollte 2008 die Spekulationsfrist gestrichen werden, könnten sich die Kompensationszahlungen aber noch einmal auswirken. Wenn anschließend sämtliche Wertpapierverkäufe steuerpflichtig werden, mindert dieser Betrag den Kaufpreis.

Der steuerliche Hintergrund

Offene Immobilienfonds

Die Welt der offenen Immobilienfonds präsentierte sich jahrelang rosarot. Ganz gleich, ob die Börsen einbrachen oder der Rentenmarkt von einem Zinstief ins nächste fiel, die Fonds meldeten permanent anständige Ergebnisse mit geringem steuerpflichtigen Anteil. In Zeiten fallender Aktienmärkte und geringer Zinsen waren offene Immobilienfonds der große Renner. Die Gesellschaften gerieten auf Grund der hohen Mittelzuflüsse teilweise in Anlagenotstand, hierbei half schon der Verweis auf in der Vergangenheit stets positive Jahresergebnisse. Keine Gesellschaft geriet je in die roten Zahlen. Doch die Zeiten haben sich seit Herbst 2003 deutlich verschlechtert. So ist derzeit eher von drohenden negativen Jahresergebnissen, hohen Mittelabflüssen und sogar Manipulationen bei der Immobilienbewertung die Rede.

Offene Immobilienfonds unterliegen im Gegensatz zu geschlossenen Modellen den gesetzlichen Regeln für herkömmliche Þ Investmentfonds. Aktien- oder Rentenfonds weisen daher dieselben Anlagegrundsätze und Steuerkriterien auf. Die Manager investieren die Gelder in beliebig viele Grundstücksobjekte diesseits und jenseits der Grenze. Dafür gibt das ab 2004 geltende Investmentgesetz (InvG) die Grundsätze vor und löst das bisherige Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) ab.


Checkliste der Anlagegrundsätze laut InvG

  • Eine Immobilie darf maximal 15 % des Fondsvermögens ausmachen.
  • Eine breite Streuung ist einzuhalten, § 73. Immobilien, die mehr als 10 % am Vermögenswert ausmachen, dürfen insgesamt 50 % des Portfolios nicht überschreiten.
  • Fonds dürfen auch in andere Immobilien-Gesellschaften investieren, § 68.
  • Der Fremdwährungsanteil darf 30 % betragen, § 67
  • Der maximale Investitionsgrad für Geldmarktpapiere liegt bei 49 %.
  • Täglich verfügbare Mittel von mindestens 5 % müssen vorgehalten werden, § 80.
  • Reichen die liquiden Mittel nicht für die Rückzahlung aus, kann der Fonds diese bis zu zwei Jahre zurückstellen, § 81.

Die Fondsgesellschaft gibt laufend neue Anteile aus und nimmt diese auch wieder zurück. Bislang funktionierte dies reibungslos wie bei anderen Fonds auch. Der Kurs wird börsentäglich veröffentlicht. Mit offenen Immobilienfonds ist es auch für Kleinanleger möglich, sich am Grundbesitz im großen Stil zu beteiligen, wenn auch nur häppchenweise. Der Anteilsbesitzer ist Teilhaber am Fondsvermögen, nicht aber direkter Miteigentümer eines Fondsobjekts.


Steuerliche Behandlung

Seit Beginn des Jahres 2004 gelten die Vorschriften des Investmentsteuergesetzes (InvStG). Das macht sich insbesondere in vier Punkten bemerkbar:

1.Zwischengewinne bei An- und Verkauf entfallen. Diese unterjährige Ertragsberechnung war bei Immobilienwerten aber eher unbedeutend, da die Anlage meist längerfristiger Natur ist. Ab 2005 ist der Zwischengewinn durch das EURLUmsG allerdings wieder eingeführt worden (31 Abs. 4 InvStG).

2.Vom Fonds vereinnahmte Dividenden aus Immobilienaktiengesellschaften unterliegen dem Halbeinkünfteverfahren.

3.Der Ansatz von Werbungskosten wird neu reglementiert.

4.Verluste auf Fondsebene kommen nicht mehr beim Anleger an.

Die Ausschüttung besteht durch Mieten und Kapitalerträge nur teilweise aus steuerpflichtigen Einnahmen. Der steuerfreie Ertrag ergibt sich aus der AfA auf die Immobilien und dem anschließenden Verkaufserlös. Ohne Abgabe bleiben auch Erträge von Grundstücken jenseits der Grenze, auf deren Besteuerung laut Doppelbesteuerungsabkommen verzichtet wird. Der Auslandsertrag unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt. Dieser Aspekt tritt immer mehr in den Vordergrund, da die Fonds ihre Chancen verstärkt in Paris, Warschau oder London sehen.

Die Erträge offener Immobilienfonds sind Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, obwohl es sich eigentlich zumindest teilweise um Mieten handelt. Veräußerungsgewinne innerhalb von zehn Jahren sind steuerpflichtig, § 2 Abs. 3 Nr. 2 InvStG. Hier genießen Immobilien- im Gegensatz zu Aktien- oder Rentenfonds keine Privilegien. Diese Vorschrift beachten auf deutsches Publikum fokussierte Fondsmanager in der Regel und planen Verkäufe erst für steuerfreie Zeiten.

Der Auszug ist dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern“, Seite 247 entnommen.

Quelle: Deubner Redaktion - Kapitalanlage und Steuern vom 08.06.06