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BFH sorgt für mehr Klarheit bei Steuerstundungsmodellen

Der BFH widerspricht in einem aktuellen Urteil verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich des § 15b EStG: Insbesondere die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale seien hinreichend konkret bestimmt. Aber auch zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Annahme eines Steuerstundungsmodells im Rahmen des § 15b EStG äußert sich der BFH erstmals. Verluste bei Steuerstundungsmodellen können demnach nur unter eingeschränkten Voraussetzungen abgesetzt werden.

Der Gesetzgeber hat mit der Einführung des § 15b EStG versucht, die ausufernden Möglichkeiten der Steueroptimierung durch die besondere Behandlung von Verlusten bei Steuerstundungsmodellen zu begrenzen. In einem aktuellen Urteil begegnet der BFH Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit der Norm, die renommierte Steuerrechtler bereits im Einführungsjahr geäußert hatten. Im entschiedenen Fall ging es um eine Feststellungserklärung. Einen entsprechenden Antrag einer Leasinggesellschaft (GmbH & Co. KG) lehnte das Finanzamt aber überwiegend ab, weil nach seiner Ansicht ein Steuerstundungsmodell nach § 15b Abs.2 Satz 1 EStG vorlag. Das Finanzgericht gab der Klage statt und verneinte ein Steuerstundungsmodell i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG. Dies bestätigte jetzt der BFH. Der Gründung der Gesellschaft lag ein überarbeitetes „Konzeptionspapier zur Gründung einer Leasinggesellschaft“ zugrunde, das später auch Basis für die Gründung weiterer Kommanditgesellschaften war. Dieses Konzeptpapier enthielt vor seiner Überarbeitung ursprünglich Investitions- und Finanzierungsplanungen sowie eine Ertragsplanung und war mit einer Vielzahl von Anlegern begründet worden.

Hintergrund

§ 15b Abs. 1 EStG spricht für Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell ein Abzugsverbot aus. Die Verluste dürfen allenfalls die Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt, mindern.  

Die Voraussetzungen nach BFH-Ansicht

Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Bedenken erläutert der BFH nun ausdrücklich,  was unter einem Steuerstundungsmodell in § 15b EStG zu verstehen ist.„Vorgefertigtes Konzept“ i.S.d. § 15b Abs. 2 EStG  Ein „Konzept” bezeichnet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch einen Plan für ein bestimmtes Vorhaben als Ergebnis eines Prozesses des Erkennens und Entwickelns von Zielen und daraus abgeleiteten Strategien und Maßnahmen zur Umsetzung eines größeren strategisch zu planenden Vorhabens.
Entsprechend kann als Konzept nicht jegliche Investitionsplanung, sondern nur die Erstellung einer umfassenden und regelmäßig an mehrere Interessenten gerichteten Investitionskonzeption angesehen werden. Dies folgt auch daraus, dass nur in solchen Fällen eine modellhafte Gestaltung i.S. eines „Investitionsmusters” angenommen werden kann.Ein Konzept ist dann „vorgefertigt”, wenn es schon vor der eigentlichen Investitionsentscheidung durch Initiatoren festgelegt worden ist und in seinen wesentlichen Grundlagen für ein geplantes Vorhaben eingesetzt werden kann.
Typischerweise wird ein „vorgefertigtes Konzept“ mittels eines Anlegerprospekts oder in ähnlicher Form (z.B. durch Katalog, sonstige Verkaufsunterlagen oder Beratungsbögen) vertrieben. Charakteristisch ist insoweit die Passivität des Investors bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung. Gibt hingegen der Anleger die einzelnen Leistungen und Zusatzleistungen sowie deren Ausgestaltung selbst vor und bestimmt er damit das Konzept nicht nur unwesentlich mit, so handelt es sich nicht (mehr) um ein vorgefertigtes Konzept. Der BFH verweist insoweit auch auf das Anwendungsschreiben des BMF vom 17.07.2007. Als weitere Voraussetzung für die Annahme eines Steuerstundungsmodells ist es erforderlich, dass aufgrund der modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dabei reicht es jedoch nicht aus, dass irgendwie geartete steuerliche Vorteile in Aussicht gestellt werden können. Nach § 15b Abs. 2 Satz 1 EStG kommt es nicht auf tatsächlich erzielte Verluste an, sondern lediglich auf negative Einkünfte, die sich aus dem Konzept ergeben. Der BFH sieht die Formulierung „modellhafte Gestaltungen“ und die sonstigen im Gesetz verwendeten Rechtsbegriffe als ausreichend bestimmt an, weil sie zumindest einer  Auslegung zugänglich seien. Auf den Sachverhalt bezogen sah der BFH im vorausgegangenen Urteil des Finanzgerichts weder einen Verstoß gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze. Im Übrigen ist die vom Finanzgericht vorgenommene Tatsachen-und Beweiswürdigung nicht reversibel, d.h. der BFH ist insoweit an das FG-Urteil gebunden.Es gibt nämlich keinen Erfahrungssatz und auch keinen Anscheinsbeweis, wonach ein früher unter ausdrücklicher Bezugnahme auf Steuervorteile ausgelegtes Fondsmodell nach seiner Überarbeitung im Hinblick auf verschärfte Abzugsbeschränkungen auch weiterhin der Steuerersparnis dienen soll.Die Rüge des beklagten Finanzamts, das Finanzgericht hätte von Amts wegen weitere Tatsachen und Beweismittel erheben müssen, konnte vom BFH nicht berücksichtigt werden, da die „noch aufzuklärenden Tatsachen“ und Beweise vom Finanzamt in seiner Revisionsbegründung überhaupt nicht bezeichnet worden sind.

Kritik an der Entscheidung

Das BFH-Urteil ist äußerst formalistisch. Bei weiterer Sachaufklärung, die bereits das Finanzamt hätte vornehmen müssen, hätte sehr wohl ein Steuerstundungsmodell vorliegen können. Dieses Versäumnis erkannte das Finanzamt aber erst vor dem BFH in Form einer allgemeinen  Verfahrensrüge an. Einen faden Beigeschmack hinterlässt, dass diese Verfahrensrüge schon deswegen als unzulässig verworfen werden musste, weil das Finanzamt selbst die aufzuklärenden Tatsachen und Beweismittel nicht bezeichnen konnte.

Praxishinweis

§ 15b EStG ist letztlich doch kein so scharfes Schwert der Finanzverwaltung. Mit gezielt zusammengestellten konkreten Argumenten bei der Konzeptplanung und deren rechtlicher Würdigung lassen sich die für den Steuerpflichtigen negativen Folgen oft vermeiden. Dies ist schon wegen des sehr allgemein gehaltenen Gesetzeswortlauts möglich. Die Finanzverwaltung muss wohl deshalb  auch weiterhin mit der schier grenzenlosen Fantasie der Steuerzahler bei der Steueroptimierung rechnen. BFH, Urt. v. 06.02.2014 - IV R 59/10
BMF, Schreiben v. 17.07.2007, IV B 2 - S 2241 b/07/0001, BStBl 2007 I 542
FG Münster, Urt. v. 08.11.2010 - 5 K 4566/08 F      

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann