Die Einführung der neuen bundeseinheitlichen Identifikationsnummer war zuerst für Ende 2007, dann für den Mai 2008 geplant. Wann die ersten Bürger sie erhalten, steht Mitte Juni aber immer noch nicht fest. Nach Auskunft vom Bundeszentralamt für Steuern werden die Daten derzeit immer noch aufbereitet. Mit der elfstelligen Ziffernfolge werden Kontrollen deutlich einfacher.
Die steuerliche Wirtschafts-Identifkationsnummer (W-IdNr.) nach § 139c AO für wirtschaftlich tätige natürliche Personen, juristische Personen und Personenvereinigungen kommt dann erst im Anschluss. Ihre Zuteilung hängt nämlich sachlich und zeitlich von der Vergabe der Nummer für natürliche Personen ab: Erst wenn das komplett umgesetzt ist, kommt die W-IdNr. Dann besitzen Einzelunternehmer und Freiberufler zwei Steuernummern, dafür fällt dann künftig die separate Umsatzsteuer-Identifikationsnummer weg.
Die Einführung der neuen Nummer
Aufgrund der Vielzahl der bundesweit zu versendenden Mitteilungen über die Identifikationsnummer wird der Versand aller Mitteilungen zumindest über einen Zeitraum von drei Monaten gestreckt. Die Post wird vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Bonn versendet. Dann wird erstmals jede Person mit einem unveränderlichen bundeseinheitlichen Kennzeichen von einer staatlichen Verwaltung zentral erfasst sein.
Für die Steuererklärung 2007 wird die elfstellige Kennziffer zumeist nicht mehr zum Einsatz kommen. Die Finanzämter sind an der Vergabe nicht beteiligt, sie werden auch nicht von der Mitteilung an die Bürger über die Identifikationsnummer in Kenntnis gesetzt. Es bringt daher nichts, beim Finanzamt nachzufragen. Auf verschiedenen Formularen und Vordrucken wie etwa für die Einkommensteuererklärung ist bereits ein Feld für die neue Kennziffer zusätzlich zum Feld für die Steuernummer vorgesehen. Das kann jetzt noch nicht ausgefüllt werden. In jedem Fall ist daher zunächst noch die bekannte alte Steuernummer anzugeben. Dies gilt auch für Elster Formulare und andere Steuersoftware. Erst wer die Mitteilung über die Vergabe der IdNr. erhalten hat, gibt diese Nummer bei Anträgen, Erklärungen oder Mitteilungen gegenüber Finanzbehörden an.
Die IdNr. wird auf Grund von Daten der Meldebehörden vergeben, bei denen alle Einwohner registriert sind. Seit Juli 2007 hatten die 5.200 Einwohnermeldeämter die für die Vergabe der IdNr. erforderlichen Daten an das BZSt übermittelt. (Verordnung zur Einführung dauerhafter Identifikationsnummern in Besteuerungsverfahren v. 28.11.06, BGBl I, 2726 und Verordnung zur Änderung der Steueridentifikationsnummer- und Zweiten Bundesmeldedatenübermittlungsverordnung v. 26.6.2007, BGBl I,1185).
Nach § 139b Abs. 6 Nr. 8 AO müssen die Meldebehörden die gegenwärtige Anschrift der alleinigen Wohnung oder der Hauptwohnung mitteilen. Zur Sicherstellung der richtigen chronologischen Verarbeitung wird dabei ein Datum mitgeliefert, an Hand dessen eine zeitliche Einordnung erfolgen kann (§ 139b Abs. 6 S. 1 Nr. 9 AO). Damit wird gewährleistet, dass die aktuelle Meldeadresse unabhängig vom Zeitpunkt der Abgabe der Meldung durch die Meldebehörde sicher feststellbar ist. Das wird am Tag des Ein- und Auszugs als geeignetem Kriterium festgemacht. Da dieses chronologische Sortiermerkmal steuerlich für andere Zwecke nicht erforderlich ist, soll es spätestens mit Ablauf des auf die Übermittlung durch die Meldebehörden folgenden Kalendermonates gelöscht werden.
Um Doppelerfassungen auszuschließen, musste das BZSt sämtliche Daten der über 80 Mio. Einwohnern untereinander abgleichen und bereinigen. Diese Konsolidierung hatte deutlich länger als erwartet gedauert. Anschließend wurde hieraus die eindeutige und unveränderbare Kennziffer kreiert, die auch an die Einwohnermeldeämter zur dortigen Speicherung zurück geht. Sie besteht aus 11 Ziffern, die nicht aus anderen Daten über den Stpfl. gebildet oder abgeleitet wird. Aus zehn Zahlen und einer Prüfziffer ergeben sich neben Namen und Anschrift auch Geschlecht, Geburtstag und -ort sowie das zuständige Finanzamt. Das BZSt unterrichtet den Steuerpflichtigen anschließend gem. § 139a AO nach dem Abgleich von Doppelerfassungen oder bereits erledigten Daten über die ihm zugeteilte Identifikationsnummer und die zu seiner Person gespeicherten Daten.
Insgesamt speichert das BZSt gem. § 139a Abs. 3 AO zu natürlichen Personen folgende Daten:
- Identifikations- und Wirtschafts-Identifikationsnummer
- Familienname, frühere Namen und Vornamen
- Doktorgrad
- Tag und Ort der Geburt sowie Geschlecht
- gegenwärtige oder letzte bekannte Anschrift sowie zuständige Finanzbehörden
Die neue Nummer ändert sich dann nicht mehr, wenn ein Einwohner umzieht oder in die Zuständigkeit eines anderen Finanzamts fällt. Mit Geburt oder Zuzug (= Beginn der Einkommensteuerpflicht) erhält dann jeder Neubürger ebenfalls eine solche Kennzahl für steuerliche Zwecke zugeteilt. Da auch noch Erbschaftsteuerfälle zu bearbeiten sind, wird die IdNr. erst 20 Jahre nach seinem Tod gelöscht. Zwar schulden Neugeborene im Regelfall noch keine Einkommensteuer. Das BMF hatte aber darauf hingewiesen, dass der Einsatz aber insbesondere bei Kapitalerträgen frühzeitig in Betracht kommt. Klassischer Fall ist der Antrag auf eine NV-Bescheinigung, wenn die Eltern Gelder auf ihre minderjährigen Kinder transferieren.
Die effektive Nutzbarkeit
Für die Steuerverwaltung ist das bundeseinheitliche Identifikationsmerkmal ein entscheidender Schritt in Richtung des EDV-Zeitalters. Damit können elektronische Kommunikations- und Verarbeitungsverfahren wesentlich effektiver genutzt werden, was zu einer schnelleren Bearbeitung durch die Finanzbehörden führt. Das ermöglicht insbesondere
- eine Umstellung des Lohnsteuerverfahrens von Papier auf Online-Wege
- die Besteuerung der Alterseinkünfte mit Hilfe von Rentenbezugsmitteilungen nach § 22a EStG
- die einfache Zuordnung von steuerlich relevanten Daten auf elektronischem Wege
- eine generell erhöhte Transparenz im Besteuerungsverfahren, sodass die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und Steuerbetrug wirksamer erfolgen kann
Das Ordnungskennzeichen bringt Erleichterungen im elektronischen Lohnsteuerverfahren, aber vor allem viele neue Kontrollen. Nach einer Begründung im Jahressteuergesetz 2008 soll in möglichst vielen Bereichen die Papierbescheinigung durch elektronische Datenübermittlung an die Finanzverwaltung ersetzt werden, sobald die die IdNr. nach § 139b AO zur Verfügung steht. Mit ihr lassen sich Mitteilungen künftig eindeutig zuordnen und können zielgerichtet automatisiert ausgewertet werden.
Dabei geht es vorrangig um folgende Punkte:
- Arbeitgeber können sie zur leichteren Übermittlung der Lohnsteuerwerte nutzen, so dass die Tage der guten alten Lohnsteuerkarte endgültig gezählt sind. Da das BZSt ohnehin eine der führenden Kontrollbehörden ist, kann es die neue Nummer gleich intern einspeisen und nutzen. Das Amt ist zuständig für die Kontenabrufe und inländische Banken melden hierhin Daten der Freistellungsaufträge, ab 2009 dann auch ohne Abgeltungsteuer ausbezahlte Kursgewinne.
- Im Rahmen der seit Mitte 2005 geltenden EU-Zinsrichtlinie ist die Identifikationsnummer schon lange Pflicht. Die Banken müssen sie bei Kunden mit Wohnsitz in einem anderen EU-Staat zwingend neben dem Namen und der Anschrift speichern. Mangels Vorlage galt das bislang aber noch nicht für deutsche Anleger, die z.B. ihre Gelder in Luxemburg oder der Schweiz deponieren. Sie müssen ihre zugeteilte Nummer künftig bei ihren ausländischen Kontenverbindungen angeben. Dann klappt es reibungsloser mit den grenzüberschreitenden Kontrollmitteilungen über ausgezahlte Zinsen. Anlaufstelle für diese automatische Meldung ist wiederum das BZSt.
- Die Verwendung eines einheitlichen Identifikationsmerkmals für steuerliche Zwecke ist der EU bereits weit verbreitet und entspricht darüber hinaus den OECD-Empfehlungen zur Taxpayer Identification Number (TIN). Damit klappt es künftig auch besser mit dem Informationsaustausch über die Grenze. Darüber hinaus bewirkt die steuerliche Identifikationsnummer beim internationalen Informationsaustausch in Steuersachen eine erhebliche Verbesserung des Verwaltungsvollzugs. Ohne Nutzung einer TIN ist die Identifikation von Personen zwar grundsätzlich möglich, aber mit erheblichem Mehraufwand verbunden, da Namen, Adresse, Geburtsdatum undOrt zu übermitteln sind. In Zukunft kann auch Deutschland auf die Übermittlung dieser Angaben verzichten, die bisher stets in internationalen Übereinkommen vereinbart werden musste.
- Nach dem über das Jahressteuergesetz 2008 geänderten § 32b Abs. 3 EStG müssen Sozialträger Daten über die gewährten Leistungen bis Ende Februar des Folgejahres per Datenfernübertragung übermitteln, soweit sie nicht auf der Lohnsteuerbescheinigung auszuweisen sind. Mit der Identifikationsnummer lassen sich die Mitteilungen künftig eindeutig zuordnen und können zielgerichtet automatisiert für den Progressionsvorbehalt ausgewertet werden. Bislang wurde nur das Insolvenzgeld mitgeteilt, künftig sind es etwa das oft nicht deklarierte Mutterschaftsgeld sowie alle dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Leistungen. Nach § 52 Abs. 43a EStG teilt das BMF den Zeitpunkt der erstmaligen Übermittlung mit. Bis dahin ist die bisherige Gesetzesfassung weiter anzuwenden.
Einsatz bei den Rentenbezugsmeldungen
Einen wichtigen Auftrag erhielt die IdNr. durch das Alterseinkünftegesetz. Die seit 2005 ausgezahlten Beträge müssen Rentenversicherungen, landwirtschaftliche Alterskassen, berufsständische Versorgungswerke Pensionskassen und -fonds sowie Versicherungsunternehmen gem. § 22a EStG flächendeckend an den Fiskus melden. Das umfasst auch ausgezahlte Privat-, Rürup- oder Riester-Renten, die Inhalt der Rentenbezugsmitteilung sind (ausführlich BMF v. 24.02.2005 - IV C 3 - S 2255 - 51/05, Rn. 139ff. BStBl I, 429). Hierbei wurde der Termin für die Online-Übermittlung über das Jahressteuergesetz 2007 von Ende Mai auf den 1. März eines Jahres vorverlegt.
Dies geschieht aber nur über das neue bundeseinheitliche Ordnungsmerkmal, sodass in Kürze die Meldung gleich für die drei Jahre 2005 bis 2007 nachgeholt werden kann. Damit die Verpflichteten dies zügig nachmelden können, dürfen sie die Nummer direkt beim BZSt erfragen und müssen nicht bei den einzelnen Versicherten versuchen, an die Identifikationsnummer heran zu kommen. Hierbei wird das automatisierte Abrufverfahren (ZUlageSYstem - zusy) der Riester-Rente genutzt. Damit wird ein effizientes automatisiertes Abrufverfahren über bestehende Kommunikationswege mit der zentralen Stelle geschaffen. (§ 22a Abs. 2 S. 4 EStG). Bereits das Jahressteuergesetz 2007 hatte dabei die Möglichkeit abgeschafft, die nach § 22 a Abs. 1 der zentralen Stelle mitzuteilenden Daten auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu übermitteln (BMF v. 27.04.2007 - IV C 8 - S 2257 c/07/0008, BStBl I, 474).
Damit sind die Finanzämter in Kürze auch in der Lage, die möglichen steuerpflichtigen Rentner zur Abgabe einer Erklärung aufzufordern. Ratsam ist daher bereits im Vorgriff auf die Aufforderung zur Erklärungsabgabe, Nachweise der vergangenen Jahre aufzubewahren. Steuernachzahlungen sowie die Festsetzung von Vorauszahlungen für die Zukunft könnten die Folge sein. Rutschen Ruheständler nun anlässlich der neuen Kontrollmeldungen in die Steuerpflicht, kommen über die eingereichten Daten auch Nebeneinkünfte wie Zinsen, Dividende oder Mieten auf den Tisch der Finanzbeamten. Die Nachfrage nach entsprechenden Einnahmen in vergangenen Jahren und Gründe für deren Verschweigen sind da vorprogrammiert. Das kann im schlimmsten Fall sogar zur Einleitung eines Strafverfahrens führen.
§ 52 Abs. 38a EStG ermöglicht es den Mitteilungspflichtigen, zum Zeitpunkt der erstmaligen Übermittlung von Rentenbezugsmitteilungen die IdNr. ihrer Versicherten in der Leistungsphase (sog. Bestandsrentner) im Wege einer Anfrage beim BZSt zu ermitteln, anstatt zunächst zu versuchen, die Nummer bei den Leistungsempfängern zu erfragen.
Weitere Aspekte
Zugriff auf die beim BZSt gespeicherten Daten haben alle Finanzbehörden nach § 6 AO. Zudem ist laut BMF geplant, die IdNr. grundsätzlich für die gesamte Kommunikation des Stpfl. mit den Finanzbehörden und für die Kommunikation eines Dritten (z.B. Arbeitgeber) mit den Finanzbehörden zu verwenden.
Nach § 383a AO wird festgelegt, inwieweit die Identifikationsnummer verwendet werden darf. Zuwiderhandlungen werden als Ordnungswidrigkeit eingestuft. So dürfen andere als die Finanzbehörden die Kennzahl nur zur Vornahme von Datenübermittlungen verwenden. Das gilt auch für Arbeitgeber in Hinsicht auf seine Mitarbeiter. Steuerberater dürfen ihren Mandantenstamm zwar nach den neuen Ordnungskriterien sortieren, die Auswertungen aber nur in der Kommunikation mit den Finanzbehörden nutzen. Zudem handelt nach § 50f EStG ordnungswidrig, wer die Identifikationsnummer zumindest leichtfertig für andere Zwecke als die Rentenbezugsmitteilung verwendet.
Nach § 139b Abs. 4 und 5 AO unterliegen die beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten einer strikten Zweckbindung, die eine anderweitige Verwendung der Daten überhaupt nicht zulässt. Auf Anregung des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wurde zudem in § 383a AO ein neuer Tatbestand für Ordnungswidrigkeiten geschaffen, nach dem bei zweckwidriger Verwendung des Identifikationsmerkmals nach § 139a AO eine Geldbuße von bis zu 10.000 € verhängt werden kann.
Fazit: Einfacher wird es mit der neuen Nummer fürs ganze Leben mit Sicherheit – vor allem für die Finanzverwaltung.
Quelle: Dipl.-Finanzwirt Robert Kracht - Beitrag vom 11.06.08