Auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist eine sonstige Kapitalforderung nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Es handelt sich um eine Gegenleistung für die Kapitalüberlassung.
Wird eine Steuerrückerstattung verzinst, liegen insoweit steuerpflichtige Kapitaleinnahmen vor. Dabei spielt es keine Rolle, dass der Steuerzahler keine Einkunftserzielungsabsicht hat.
Denn auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist eine sonstige Kapitalforderung und stellt eine Gegenleistung dafür dar, dass Steuerzahler dem Fiskus Kapital überlassen. Unerheblich ist dabei, dass dies gezwungenermaßen passiert. Diese Sichtweise ist vergleichbar mit steuerpflichtigen Prozesszinsen.
Mit seinem Urteil vom 8.11.2005 (VIII R 105/03, BFH/NV 2006 S. 527) hat der BFH erneut entschieden, dass zugeflossene Erstattungszinsen nach § 233a AO steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen sind. Dies entspricht auch der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF 20.11.2000, IV B 4 - S 1300 - 222/00, BStBl I 2000 S. 1508 sowie OFD Magdeburg 27.8.2003, S 2252 - 68 - St 214, DB 2003 S. 2040).
Denn auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist eine sonstige Kapitalforderung jeder Art i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und wird als Gegenleistung dafür gezahlt, dass Steuerzahler dem Fiskus (wenn auch gezwungenermaßen) Kapital überlassen, zu dessen Leistung sie letztlich nicht verpflichtet sind. Eine vergleichbare Sichtweise gilt auch in anderen Fällen mit nicht vertraglicher Kapitalüberlassung:
- Zinsen für Enteignungsentschädigung,
- Zinsen auf Wiedergutmachungsentschädigung oder
- Prozesszinsen
Dass Steuerzahler hinsichtlich der Erstattungszinsen nicht von vornherein mit konkreter Einkunftserzielungsabsicht handeln, ist in diesem Zusammenhang nicht relevant. Denn Erstattungszinsen beruhen darauf, dass die Finanzverwaltung die zuviel erhobenen Steuern so verzinsen soll, als habe sie in dieser Höhe ein Darlehen erhalten, während der Steuerpflichtige so gestellt werden soll, als habe er ein Darlehen bewilligt. Da der Erstattungsanspruch materiell-rechtlich erst in dem Augenblick entsteht, in dem eine Überzahlung der Steuer erfolgt, kann erst bei Kenntnis der Überzahlung eine konkrete und auf den jeweiligen Erstattungsfall bezogene Einkunftserzielungsabsicht entstehen.
Da Kapital zwischen fremden Dritten in der Regel aber nicht unentgeltlich zur Nutzung überlassen wird, ist der Erstattungsanspruch als Entgelt für entgangene anderweitige Kapitalnutzung zu betrachten. Damit ist vom Bestehen einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen, die grundsätzlich auch bei Kapitaleinkünften Voraussetzung für die Besteuerung ist.Zudem spricht auch die Entstehungsgeschichte des § 233a AO dafür, Erstattungszinsen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG der Einkommensteuer zu unterwerfen. Die mit Steuerreformgesetz 1990 eingeführte Regelung des § 233a sollte mit der allgemeinen Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen einen Ausgleich dafür schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden – aus welchen Gründen auch immer. Sowohl Steuernachforderungen als auch -erstattungen sollten daher nach Ablauf einer Karenzzeit verzinst werden.
Der steuerliche Hintergrund
Kapitaleinkünfte
Steuerpflichtige Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt derjenige, der einem Schuldner im eigenen Namen und für eigene Rechnung Kapitalvermögen zur Nutzung überlässt. Weiterhin gehören hierzu Zinsen, Entgelte und Vorteile, die bei wirtschaftlicher Betrachtung für die Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung erzielt werden. Kapitalerträge liegen nicht vor, wenn weder die Kapitalrückzahlung garantiert noch eine Verzinsung sicher ist. Dann können höchstens private Veräußerungsgeschäfte entstehen.
Die Erfassung privater Kapitaleinnahmen hat in den vergangenen Jahren einen immer breiteren Raum eingenommen, § 20 EStG hat ständigen Zuwachs bekommen. Dies liegt zum großen Teil an den seit 1993 zunehmenden Angeboten an Finanzinnovationen, die der Gesetzgeber möglichst allumfassend als Kapitaleinnahme erfassen möchte. Zwei gravierende Neuerungen sind derzeit besonders zu beachten:
- § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, wonach alle ab 2005 abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen zumindest zur Hälfte der Besteuerung unterliegen,
- der neue Rentenerlass, wonach die Übertragung von Kapitalvermögen gegen Versorgungsleistungen möglich ist.
Zurechnung der Einkünfte
Kapitaleinkünfte werden grundsätzlich demjenigen zugerechnet, der als Inhaber das Vermögen verwertet. Auf das zivilrechtliche Eigentum kommt es nicht an. In diesem Zusammenhang spielt die Zurechnung auf Kindern eine besondere Rolle, wenn Eltern ihr Vermögen auf ihre Kinder übertragen haben. Denn in diesem Fall kann innerhalb der Familie sowohl der Sparer- als auch der Grundfreibetrag mehrfach verwendet werden, ein größerer Teil der Kapitaleinnahmen bleibt steuerlich unbelastet. Dieser Vorgang wird dahingehend kritisch geprüft, ob Ursache für die Verlagerung auf den Nachwuchs ein Gestaltungsmissbrauch ist. Das wäre der Fall, wenn sich die Eltern das Recht der Verwendung der Kapitalerträge vorbehalten hätten und die Ursache für die Übertragung ausschließlich in einer Steuerminimierung läge.Berechnung der Einkünfte aus Kapitalvermögen
Erfasst werden nur Erträge, die zu keiner anderen Einkunftsart gehören. Auch Kursveränderungen fallen nicht hierunter, sie können aber Einkünfte aus privaten Spekulationsgeschäften darstellen. Von dieser Regel gibt es jedoch eine Reihe von Ausnahmen. Kursgewinne von Finanzinnovationen, bei denen die laufenden Erträge durch Kursveränderungen ersetzt werden, fallen unabhängig von Fristen unter die Kapitaleinnahmen. Bei der Besteuerung des Kapitals geht es strickt nach dem Nominalwertprinzip, eine Geldentwertung wird nicht berücksichtigt. Die Einkünfte werden aus der Differenz von Einnahmen und Ausgaben ermittelt. Dabei wird die Steuer bereits vorab in Form von Zinsabschlag oder Kapitalertragsteuer erhoben, sofern der Freistellungsauftrag überschritten ist. Fließen die Kapitalerträge jenseits der Grenze zu, etwa auf ein Auslandskonto, wird kein Zinsabschlag fällig, obwohl die Einnahmen gleichermaßen im Inland steuerpflichtig sind. Im Ausland einbehaltene Quellensteuer kann jedoch im Rahmen der Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden. Das gilt auch für die deutsche Kapitalertragsteuer, die jenseits der Grenze auch von inländischen Anlegern gezahlt werden muss.Checkliste zur Ermittlung der Kapitaleinkünfte 2004
Einnahmen, die zur Hälfte besteuert werden
Ausländische Dividenden
Dividenden deutscher Firmen
Dividendenerträge von Fonds
Ausschüttungen einer GmbH
Erträge aus Genossenschaftsanteilen
Erträge aus Lebensversicherung, Abschluss nach 2004,
Auszahlung ab 60. Lebensjahr
+ Erträge mit Kapitalertragsteuerabzug, die voll versteuert
werden
Zinsen aus Wandelanleihen
Erträge aus Genuss-Scheinen
Erträge aus Lebensversicherungen mit Abschluss
nach 2004
+ Einnahmen, die dem Zinsabschlag unterliegen
Zinsen aus Sparguthaben, Termingeld oder laufenden
Konten
Zinsanteile von Investmentfonds
Erträge offener Immobilienfonds mit Ausnahme von
Dividenden
Zinsen aus Bausparguthaben
Erhaltene Stückzinsen beim Verkauf von Anleihen
Zinsen aus Anleihen
Erträge aus Finanzinnovationen
Zinsen aus Tafelpapieren
+ Einnahmen, die keinem Steuerabzug unterliegen
Zinsen aus privaten Darlehen
Zinsen, die auf ausländische Konten fließen
= Zwischensumme
– Gezahlte Stückzinsen
= Summe der Einnahmen (positiv oder negativ)
– Werbungskosten
Aufwendungen, die in voller Höhe
abziehbar sind
Kosten, die nur zur Hälfte angesetzt werden
Quellensteuer
Mindestens Pauschbetrag von 51 €, Ehepaare 102 €
= Zwischensumme
– Sparerfreibetrag von 1.370 €, Ehepaare 2.740 €, jedoch
maximal die positiveZwischensumme - § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG, wonach alle ab 2005 abgeschlossenen Kapitallebensversicherungen zumindest zur Hälfte der Besteuerung unterliegen,
-
=Einkünfte aus Kapitalvermögen
Der Auszug ist dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern“, Seite 274 entnommen
Quelle: Kapitalanlage und Steuern - vom 13.07.06