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Gewinnermittlung: Neue Vordrucke für Einnahmen-Überschussrechnung

Mit Schreiben vom 02.10.2014 hat das BMF die neuen Vordrucke für das standardisierte Verfahren bei der Einnahmen-Überschussrechnung (EÜR) für das laufende Jahr - samt Erläuterungen - veröffentlicht. Dabei stellt die Finanzverwaltung u.a. klar, dass es bei betrieblichen Einkünften unter 17.500 € auch möglich ist, in der Steuererklärung eine formlose Gewinnermittlung vorzunehmen.

§ 60 Abs. 4 S. 2 EStDV ordnet an, dass bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die EÜR nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz dem Finanzamt durch Fernübertragung als Anlage zur Einkommensteuererklärung zu übermitteln ist. Sollten die Betriebseinnahmen im Wirtschaftsjahr jedoch weniger als 17.500 € betragen, akzeptiert das  Finanzamt anstelle des Vordrucks „Anlage EÜR 2014“ auch eine formlose Gewinnermittlung zusammen mit der Einkommensteuererklärung.

Selbstverständlich sind auch bei formloser Gewinnermittlung die gesetzlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu beachten. Wenn die angefallenen Schuldzinsen (ohne solche für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens) den Betrag von 2.050 € übersteigen, ist zusätzlich die „Anlage SZE“ (Ermittlung der nicht abziehbaren Schuldzinsen) zu übermitteln.

Welchen Zweck haben Vordrucke?

Die Verwendung des Vordrucks erleichtert es dem Finanzamt, die standardisierten Daten auszuwerten und zu verproben. Die Behörde kann dadurch interne Betriebsvermögensvergleiche branchen- und größenbezogen erstellen. Das ermöglicht  Rückschlüsse auf den einzelnen  Betrieb und sorgt für eine Vergleichbarkeit mit anderen Betrieben hinsichtlich der Plausibilität der Erklärung. Es ist also ein Beitrag zur Gerechtigkeit und Ehrlichkeit der Besteuerung.

Das ändert sich bei der EÜR 2014

Diese Vordrucke werden jedes Jahr überarbeitet und neu veröffentlicht. Auch für 2014 wurden wieder umfangreiche Änderungen vorgenommen.

Die Zeilennummerierung wurde verändert; der Bogen für 2013 hatte nur 88 Zeilen, EÜR 2014 hat jedoch 93 Zeilen, die Zeilen-Nummern können also für 2014 nicht aus 2013 übernommen werden.

In Zeile 54 (bisher ebenfalls Zeile 54) sind jetzt die ab 2014 geltenden Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand einzutragen.

Zeilen 85 und 86 (bisher 83 und 84) wurden inhaltlich völlig überarbeitet.
In diesen Zeilen geht es um die Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Anlagegüter, bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG oder nach Durchschnittssätzen. Hier können Steuerpflichtige in entsprechender Anwendung von § 6b EStG stille Reserven aus der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter auf neu angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter (= Reinvestitionswirtschaftsgut) übertragen.

Es wird nur der persönliche Anwendungsbereich des § 6b EStG, nicht aber der sachliche erweitert. § 6c Abs. 2 EStG adaptiert die Bestimmungen über Bildung und Auflösung von Rücklagen auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, so dass sie auch ohne Bilanz in spätere Wirtschaftsjahre übertragen werden können.

Die Funktionen der Bilanz werden über § 6c Abs. 2 dem „Überschussermittler“ in Form besonderer Dokumentationspflichten auferlegt. Begünstigte Wirtschaftsgüter in Kombination (Verkauf und Reinvestition) sind insbesondere: Grund und Boden, Aufwuchs, Gebäude und Binnenschiffe sowie Kapitalgesellschaftsanteile, Gebäude und nichtabnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter.

Die Übertragung der aufgedeckten stillen Reserven erfolgt dann in der Weise, dass die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten des Reinvestitions-Wirtschaftsguts in dem Anlagenverzeichnis um den Veräußerungsgewinn gekürzt werden, was zu einer Minderung der AfA-Bemessungsgrundlage und somit der Abschreibungen selbst führt. Die besondere Dokumentation hat laufend zu erfolgen. Dieses Verzeichnis muss enthalten:

  • Den Tag der Anschaffung/Herstellung des jeweiligen Reinvestitionswirtschaftsguts mit Anschaffungs-/Herstellungskosten,
  • den jeweiligen Abzugsbetrag,
  • die fiktiven Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen sowie
  • den AfA- bzw. Sonder-AfA-Betrag.

So sind beispielsweise im Wirtschaftsjahr der Anschaffung/Herstellung die Auflösung des Rücklagenbetrages in Zeile 85 in der Spalte „Auflösung“ sowie der Abzugsbetrag von den Anschaffungs-/Herstellungskosten in Zeile 86 zu erfassen. Werden die stillen Reserven auf ein Reinvestitionswirtschaftsgut eines anderen Betriebes übertragen, sind die Eintragungen in der Anlage EÜR nur für den Betrieb vorzunehmen, in dem die stillen Reserven aufgedeckt worden sind.

Bei dem Betrieb, in dem das Reinvestitionswirtschaftsgut angeschafft oder hergestellt wird, sind die Zeilen 85 und 86 nicht auszufüllen. In der Anlage AVEÜR dieses Betriebs sind die um den Abzugsbetrag geminderten Anschaffungs-/Herstellungskosten in der Spalte „Zugänge“ zu erfassen und die AfA von den geminderten Anschaffungs-/Herstellungskosten zu bemessen.

Abschließend wurden die Zeilen 89 bis 91 (bisher Zeilen 73 bis 75) neu eingefügt. Hierdurch soll die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen und Sonderabschreibungen zur Förderung kleiner und mittlerer Betriebe nach § 7g Abs. 3 und 4 EStG erfasst werden. § 7g EStG dient der Verbesserung der Liquidität, Eigenkapitalausstattung, Investitions- und Innovationskraft kleiner und mittlerer Betriebe (so Bundestagsdrucksache 11/257).

Die Steuervergünstigung ist nämlich dann rückgängig zu machen, wenn die Investitionsabsicht aufgegeben wurde oder die Investition innerhalb der dreijährigen Investitionsfrist nicht durchgeführt wird. Wenn das erworbene Wirtschaftsgut nicht im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und dem darauffolgenden Wirtschaftsjahr im Betrieb des Steuerpflichtigen genutzt wird, ist die Steuervergünstigung ebenfalls rückgängig zu machen.

Praxishinweis

Die Anlage EÜR 2014 ist inzwischen zu einem immer weiter verfeinerten Kontrollinstrument der Finanzbehörden geworden. Sie schafft Vergleichbarkeit bei Klein- und Mittelbetrieben und unterstützt das Finanzamt dabei, nicht plausible Gewinnverlagerungen des einzelnen Steuerpflichtigen zu erkennen. Daraus können Schlussfolgerungen auf eventuelle Steuerverkürzungen und „Steueroptimierungen“ gezogen werden. Deshalb sollte dieser Vordruck erst bei Gesamt-Betriebseinnahmen von 17.500 € und mehr, dann aber mit äußerster Gewissenhaftigkeit ausgefüllt werden. Dieser Vordruck kann im Internet unter www.elster.de abgerufen werden.

BMF-Schreiben v. 02.10.2014 - IV C 6 - S 2142/07/10001:009

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann