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Kinderbetreuungskosten: BFH-Urteil zu den Abzugsbeschränkungen im EStG

Der BFH hat sich erneut zur steuerlichen Behandlung von Kinderbetreuungskosten geäußert: Der Betreuungsaufwand für drei Kinder unter vier Jahren führt nicht ohne weiteres zur steuerlichen Absetzbarkeit der Kosten für eine zusätzliche Betreuungskraft, so die obersten Finanzrichter. Verfassungsrechtliche Gründe, im Interesse erwerbstätiger Eltern über die Vorgaben des EStG hinauszugehen, sieht der BFH in diesem Fall nicht.

Ähnlich wie in seiner Entscheidung vom 05.07.2012 beschäftigt sich der BFH mit Urteil vom 14.11.2013 mit den verfassungsrechtlichen Bedenken, die bisher gegen die gesetzlichen Regelungen der Abzugsfähigkeit von Kinderbetreuungskosten erhoben wurden. Gemäß dem BFH verstößt es nicht gegen das Grundgesetz, wenn der Gesetzgeber den Abzug von Kinderbetreuungskosten auch bei insgesamt drei unter vierjährigen Kindern beschränkt und nur dann gestattet, wenn mehrere persönliche Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind.

Diese Anspruchsvoraussetzungen sind in den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften wie § 9 Abs. 5 Satz 1, § 10 Abs. 1 Nr. 8, § 4f (bis VZ 2009) EStG geregelt. Darüber hinausgehende Aufwendungen können nur im Fall einer „zwangsläufigen Fremdbetreuungsnotwendigkeit“ abgezogen werden. Der BFH ergänzt in seiner aktuellen Entscheidung die bereits mit Urteil vom 05.07.2012 geschaffene Unterscheidung und ordnet diese zwangsläufigen Fremdbetreuungskosten den privaten Kinderbetreuungskosten zu.

Weitere Kinderbetreuungskosten können somit  steuerlich nur dann berücksichtigt werden, wenn eine zweite Betreuungskraft erforderlich wird. Im entschiedenen Fall ging es um die finanziellen Verhältnisse eines verheirateten Ehepaars, das drei Kinder hatte, die jünger als vier Jahre waren. Im Zusammenhang mit deren Betreuung waren im Veranlagungszeitraum 2008 Kosten für Kindergarten, Spiel- und Krabbelgruppe sowie ein Au-Pair-Mädchen in Höhe von insgesamt 6.828 € entstanden. Das Finanzamt gestattete lediglich den Abzug von 5.000 €, während Aufwendungen in Höhe von 1.702 € nicht anerkannt wurden. Möglichkeiten für einen weiteren Abzug sieht der BFH aber nur bei „zwangsläufigen Fremdbetreuungskosten“ (§§ 4f, 9 Abs. 5 Satz 1, 10 Abs. 1 Nr. 5, 10 Abs. 1 Nr. 8, 33a Abs. 3 EStG). Dies betrifft folgende Fälle:

  • Beide Ehegatten sind im Veranlagungszeitraum krank, hilflos oder schwerbehindert. Liegt ein solcher Fall nur bei einem Ehegatten vor,  geht der BFH grundsätzlich davon aus, dass der andere Ehegatte die Betreuung des Kindes  übernehmen kann.
  • Eine größere Zahl minderjähriger Kinder muss betreut werden. Die Zwangsläufigkeit ergibt sich hier aus der konkreten Betreuungssituation und ist zumindest dann gegeben, wenn eine zweite Person erforderlich wird. Denn durch eine derart aufwendige Betreuung werden die Möglichkeiten der Eigenbetreuung des nichterwerbsfähigen Elternteils überschritten; erst hierdurch ergibt sich die Zwangsläufigkeit der Betreuungskosten.

Durch § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG wird jedoch die Zwangsläufigkeitsschwelle ab dem dritten Lebensjahr erhöht. Auch gleicht der Gesetzgeber außerhalb des Steuerrechts die Belastungen für die Familien bei der Kinderbetreuung durch sozialrechtliche Regelungen aus: So können die Eltern nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) selbst wählen, ob sie ihr Kind vollständig selbst betreuen oder ob sie sich der Hilfe Dritter bedienen bzw. eine Betreuungseinrichtung nutzen wollen.

So kann familiären Besonderheiten wie Mehrlingsgeburten oder kurzer Geburtenfolge durch Gestaltungsmöglichkeiten wie z.B. der Ausdehnung des Auszahlungszeitraums Rechnung getragen werden. Der Gesetzgeber hat damit gerade bei Kindern im Alter von bis zu drei Jahren vielfältige Möglichkeiten geschaffen, den Betreuungsbedarf zu decken.

Auch eine Schwangerschaft führt nach BFH-Ansicht nicht zu der Zwangsläufigkeit der Fremdbetreuungskosten. Denn eine Schwangere sei durchaus zur Erbringung von Betreuungsleistungen in der Lage. Insoweit seien die gesetzgeberischen Erwägungen sachlich nachvollziehbar und verstoßen nach Ansicht des BFH weder gegen Art. 3 noch gegen Art. 6 GG. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die steuerliche Abzugsfähigkeit bis 2011 von einer Erwerbstätigkeit mindestens eines Ehegatten abhängig zu machen, hält der BFH in diesem Zusammenhang für verfassungsgemäß.

Der BFH gesteht dem Gesetzgeber hierbei auch die Befugnis zur Vereinfachung und Typisierung des Steuerrechts zu, um dadurch eine Vielzahl von regelungsbedürftigen Sachverhalten zutreffend abzubilden und familienfreundlich zu regeln. Dies gelte auch im Bereich der jungen Familien. Dort kann eine teilweise Erwerbstätigkeit beider Elternteile neben der Betreuung zu nachteiligen Folgen beim Elterngeld führen.

Kritik

Diese oft gekünstelt wirkende Argumentation des BFH ist nicht durchgehend überzeugend und verstärkt den Eindruck, dass im Bereich der Kinderbetreuungsaufwendungen eher nach dem „Gießkannenprinzip“ verfahren wird. Allein die Formulierung „zur Berücksichtigung des Betreuungsbedarfs junger Familien“ könnte den Eindruck einer altersbedingten Benachteiligung erwecken und einen Konflikt mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG bedeuten.

Praxishinweis

Das Urteil betrifft die Rechtslage im VZ 2008. Damals waren Kinderbetreuungskosten allenfalls unter besonderen Voraussetzungen bei der Erwerbstätigkeit der Eltern als Betriebsausgaben/Werbungskosten abzugsfähig. So kann das Urteil nur direkte Auswirkungen auf den VZ 2008 und frühere Zeiträume haben. Ab 2009 gab es wesentliche Änderungen, und ab 2012 galt dann ausschließlich die Förderung nach der neuen Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG.

In Zweifelsfällen kann aber auch künftig auf das Urteil vom 14.11.2013 Bezug genommen werden. Zum Beispiel dann, wenn sich erhebliche Aufwendungen außerhalb der Grenzen des § 10 EStG steuermindernd auswirken sollen. Aus den Entscheidungsgründen des aktuellen Urteils sowie des Urteils vom 05.07.2012 kann man entnehmen, dass bei zwangsläufigen Betreuungskosten weitere Absetzungsmöglichkeiten vorhanden sein können. Immer dann, wenn die üblichen Abzugsmöglichkeiten bei den Kinderbetreuungskosten ausgeschöpft sind, sollte man weitergehende Ansprüche durchaus mit der Argumentation zu der alten Gesetzeslage begründen.

BFH, Urt. v. 14.11.2013 - III R 18/13
BFH, Urt. v. 05.07.2012 - III R 80/09, BStBl 2012 II 816

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann