Steuerberatung -

Nachträgliche Änderung der Kindergeldfestsetzung

Aufgrund der Entscheidung des BVerfG, wonach die Sozialversicherungsbeiträge des Kindes von dessen eigenen Einkünften abzuziehen sind (BVerfG v. 11.1.2005 - 2 BvR 167/02 -, FR 2005, 706), ist i.S.d. § 70 Abs. 4 EStG "nachträglich bekannt geworden", dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag des § 32 Abs. 4 EStG durch Abzug der Sozialversicherungsbeiträge unterschreiten können. Die Kindergeldfestsetzung ist demgemäß zu ändern.

Insofern, so das FG, stehe die Bestandskraft eines Aufhebungsbescheides einer Änderung nach § 70 Abs. 4 EStG nicht entgegen. Diese Änderungsvorschrift solle nämlich sicherstellen, dass eine Kindergeldfestsetzung für ein volljähriges Kind auch nach Ablauf des Kalenderjahres korrigiert werden könne, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag entgegen einer früheren Prognose der Familienkasse über- oder unterschritten würden. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, dass eine steuerliche Entscheidung wegen des Jährlichkeitsprinzips grundsätzlich rückblickend erfolge, die Steuervergütung für das Kindergeld jedoch bereits im Laufe des Kalenderjahres monatlich gezahlt werde und eine abschließende Entscheidung darüber, ob die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Jahresgrenzbetrag überschreiten oder nicht, regelmäßig erst nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres getroffen werden könne (BFH-Urteile vom 26.07.2001 - VI R 55/00, BStBl. II 2002, 86 und vom 30.11.2004 - VIII R 6/03, BFH/NV 2005, 890).

Vor Ablauf des Kalenderjahres stehe die tatsächliche Höhe der Einkünfte und Bezüge zwangsläufig nicht fest, vielmehr sei insoweit nur eine mehr oder weniger sichere Prognose möglich, nach der die Familienkasse die Entscheidung über die Gewährung oder Nichtgewährung des Kindergeldes für das noch laufende Kalenderjahr treffe. Insofern werde die tatsächliche Höhe der Einkünfte und Bezüge nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres gegenüber der Prognoseentscheidung zwangsläufig nachträglich bekannt. Damit eröffne § 70 Abs. 4 EStG stets eine Berichtigungsmöglichkeit, soweit die abschließende Prüfung nach Ablauf des Jahres ein Unter- oder Überschreiten des Grenzbetrages abweichend von der Prognoseentscheidung ergebe.

Dies gelte nach der vom FG als zutreffend erachteten Entscheidung des BFH vom 26.7.2001 (a.a.O.) auch dann, wenn die Familienkasse bei ihrer Prognoseentscheidung voraussichtliche Aufwendungen des Kindes als Werbungskosten berücksichtigt hat, die bei einer abschließenden Prüfung nicht mehr als Werbungskosten anerkannt werden, weil sie insoweit ihre Rechtsauffassung geändert hat. Entsprechendes müsse auch für den umgekehrten Fall gelten, dass bestimmte Aufwendungen im Rahmen der Prognoseentscheidungen als nicht abzugsfähig behandelt wurden, was sich nachträglich als rechtlich unzutreffend herausstelle. Insofern würden derartige Prognoseentscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht den Charakter der Vorläufigkeit in sich tragen (vgl. auch: FG Düsseldorf, Urteil vom 12.1.2006 - 14 K 4361/05 KG, nicht rechtskräftig).

Hinweis: Das FG hat Revision zugelassen

Urteil im Volltext

Quelle: FG Münster - Urteil vom 22.03.06