Nach Auffassung des BFH ist ein früher nicht erklärtes Spekulationsminus aktuell noch verwendbar. Das wird jetzt gesetzlich rückwirkend untersagt. Anleger müssen Verluste zeitig melden.
Haben Anleger in den schlechten Börsenjahren 2000 bis 2003 Wertpapierverluste verbuchen müssen, so können sie diese in früheren Zeiten realisierten Minusbeträge auch heute noch geltend machen und mit aktuell angefallenen Spekulationsgewinnen verrechnen. So lautet der Tenor mehrerer aktueller Urteile des BFH. Hiernach hat das Finanzamt über die Verrechnung der ehemals roten Zahlen erst in dem Zeitraum zu entscheiden, in dem auch entsprechende Gewinne vorliegen. Eine gesonderte Verlustfeststellung im Entstehungsjahr ist nicht erforderlich.
Diesen Grundsatz hatte die Finanzverwaltung bislang immer verwendet, um Minusbeträge im Nachhinein strikt abzulehnen. Dafür fehlt jedoch nach dem Urteilstenor die entsprechende Vorschrift. Das wird nun über das Jahressteuergesetz 2007 nachgeholt und die für Anleger günstige Sichtweise rückwirkend wieder gestrichen.
Über das Minus wird immer nur im Entstehungsjahr entschieden und nicht in dem Bescheid mit entsprechenden Gewinnen.
In früheren Zeiten realisierte Wertpapierverluste können auch heute noch geltend machen und mit aktuell angefallenen Spekulationsgewinnen verrechnen. Das gelingt sogar dann, wenn die entstandenen Verluste damals in der Erklärung nicht angegeben worden sind, in die sie gehören. Nach Auffassung des BFH hat das Finanzamt über die Verrechnung der ehemals roten Zahlen erst in dem Zeitraum zu entscheiden, in dem auch entsprechende Gewinne vorliegen (22.9.2005, IX R 21/04, BFH 26.4.2006, IX R 8/04, BFH/NV 2006 S. 1657). Eine gesonderte Verlustfeststellung im Entstehungsjahr nach § 10d EStG ist nicht erforderlich.
Diesen Grundsatz hatte die Finanzverwaltung bislang immer verwendet, um Minusbeträge im Nachhinein strikt abzulehnen (BMF 5.10.2000, IV C 3 - S 2256 - 263/00, Tz. 42, BStBl 2000 I S. 1383). Dafür fehlt jedoch nach dem Urteilstenor die entsprechende Vorschrift. Das soll nun über das Jahressteuergesetz 2007 nachgeholt und die für Anleger günstige Sichtweise rückwirkend wieder gestrichen werden. Über das Minus wird immer nur im Entstehungsjahr entschieden und nicht in dem Bescheid mit entsprechenden Gewinnen.
Nach dem Urteil reichen als Nachweis für alte Börsenverluste die üblichen Bankbelege, aus denen die ehemaligen An- und Verkaufspreise und dann im Ergebnis die Minusgeschäfte hervor gehen. Eine Berücksichtigung erfolgt sogar dann noch in späteren Jahren, wenn der entsprechende Steuerbescheid schon bestandskräftig ist, in den die roten Zahlen einfließen sollen. Wurden zum Beispiel im Jahr 2001 Spekulationsverluste von 1.000 Euro verbucht, können die in 2004 oder 2005 vorhandene Gewinne ausgleichen, auch wenn die Einspruchsfrist schon längst abgelaufen ist. Maßgebend soll in diesem Fall die Berichtigungsnorm des § 174 AO wegen widerstreitender Festsetzung sein.
Allerdings können Sparer ihre Hoffnung auf eine Steuererstattung gleich wieder begraben. Denn per Gesetz mit Rückwirkung wird das BFH-Urteil überhaupt nicht angewendet. Nach dem Jahressteuergesetz 2007 muss das Börsenminus stets im Jahr der Entstehung deklariert worden sein, um später berücksichtigt zu werden. Das gilt für alle Zeiträume, die noch nicht verjährt sind. Die ehemals roten Zahlen wirken sich also später nur aus, wenn sie in der entsprechenden Erklärungen angegeben worden sind. Ansonsten sind sie steuerlich auf Dauer verpufft.
Immerhin hat die Gesetzesänderung einen praktischen Vorteil für aktuelle Zeiträume. Anleger müssen jetzt mit der Angabe ihrer Verluste nicht bis zu dem Jahr warten, in dem auch tatsächlich Gewinne anfallen. Dies gelingt aber nur, wenn die roten Zahlen auf der Anlage SO der Steuererklärung im Jahr der Realisierung deklariert werden.
Der steuerliche Hintergrund
Spekulationsgeschäfte
Die Veräußerung von Wirtschaftsgütern des Privatvermögens werden steuerlich im Allgemeinen nicht erfasst. Eine Ausnahme hiervon macht § 23 EStG in Bezug auf private Veräußerungsgeschäfte. Der Begriff Spekulationsgeschäft wurde gesetzlich lediglich bis 1998 verwendet. Um in die Steuerpflicht zu geraten, muss jedoch keine Spekulationsabsicht vorliegen. Voraussetzung für die Besteuerung ist die Anschaffung und der Verkauf von privaten Wirtschaftsgütern innerhalb bestimmter Fristen. Der Grundgedanke hierbei ist, dass kurzfristige Werterhöhungen wirtschaftlich eher zur Einnahmeerzielung als zum langfristigen Vermögenszuwachs gerechnet werden. Veräußerungsgeschäfte gehören zu den sonstigen Einkünften, sofern sie nicht einer anderen Einkunftsart zuzurechnen ist. Einzige Ausnahme ist gemäß § 23 Abs. 2 S. 2 EStG der Verkauf von Anteilen an Kapitalgesellschaften i.S.d. § 17 EStG, sofern das Geschäft binnen Jahresfrist ausgeführt wird.
Der Spekulationsbesteuerung unterliegen neben Immobilien Wirtschaftsgüter, die innerhalb eines Zeitraums von zwölf Monaten erworben und veräußert werden. Das sind Wertpapiere, Schmuck, Briefmarken oder Edelmetalle. Optionsgeschäfte fallen ebenfalls darunter, da es sich bei ihnen um selbstständige Wirtschaftsgüter handelt. Auch Termingeschäfte auf Waren oder Wertpapiere zählen als Differenzgeschäfte zu den Veräußerungsgeschäften.
Steuer-Hinweis
Nach dem Gesetzeswortlaut ist auch ein Verlust aus dem Verkauf von Pkw oder Hausrat binnen Jahresfrist geltend zu machen. Dies will die Finanzverwaltung aber nicht akzeptieren und lehnt Minusbeträge ab, die bei Wirtschaftsgütern des täglichen Gebrauchs mit üblicher Abnutzung anfallen (OFD München 19.7.2002, DStR 2002 S. 1529, OFD Münster 9.1.2002, DB 2002 S. 243). Hierzu ist aber noch eine Revision zu der Frage anhängig (Hessisches FG 25.4.2006, 12 K 594/03, Revision unter IX 29/06), ob § 23 Abs. 1 Nr. 2 EStG auf alle Wirtschaftsgüter des privaten Gebrauchs oder nur auf solche anwendbar ist, bei denen Wertsteigerungen während der einjährigen Behaltensfrist unabhängig von der Entwicklung des Marktes nicht von vornherein ausgeschlossen sind.
Ein privates Veräußerungsgeschäft setzt einen Anschaffungsvorgang voraus. Dies ist der Erwerb eines Wertpapiers von einem Dritten gegen Entgelt. Der unentgeltliche Erwerb durch Erbschaft, Vermächtnis, Pflichtteil oder Schenkung ist keine Anschaffung. Der neue Besitzer erbt faktisch die Anschaffungskosten des Vermögens für die Spekulationsrechnung mit. Erst der anschließende Verkauf löst außer bei Termingeschäften die Besteuerung aus. Welche Motive Anlass für die Veräußerung sind, ist unerheblich. So greift das Finanzamt auch dann auf die Gewinne zu, wenn eine finanzielle Notlage oder Krankheitsgründe für den Verkauf verantwortlich waren.
Die Spekulationsfrist beträgt für Wertpapiere und Termingeschäfte ein Jahr. Keine Frist gibt es bei Fixgeschäften. Hierbei erfolgt der Verkauf von Wertpapieren oder Devisen bereits, bevor sie überhaupt angeschafft werden. Die Steuerfreiheit ist erreicht, wenn die Frist um mindestens einen Tag überschritten wird. Die Jahresfrist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG beginnt in dem Zeitpunkt, in dem das der Anschaffung zu Grunde liegende obligatorische Rechtsgeschäft abgeschlossen wird. Für über die Börse erworbene Wertpapiere ist dies die Ausführung des Kaufauftrags und bei einer Neuemission der Tag, an dem über die Zuteilung entschieden wird.
Die Besteuerung erfolgt in dem Jahr, in dem der Verkäufer den Zahlungseingang verbuchen kann. Das ist in der Regel die Gutschrift auf dem Konto, die einige Tage nach der Börsenausführung erfolgt. Somit sind zwei Zeitpunkte maßgebend: Der Verkauf für die Berechnung der Frist und die Zahlung für das Jahr der Steuerpflicht. Bei einem unentgeltlichen Erwerb gilt als Anschaffungsdatum der Erwerb des Vorbesitzers. Die Fristberechnung bezieht sich grundsätzlich auf jedes einzelne Wertpapier. Diese Regel gilt im Prinzip auch dann, wenn die gleichen Aktien veräußert werden, die nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten erworben wurden.
Neben dem üblichen Börsenhandel gibt es einige steuerliche Besonderheiten zu privaten Veräußerungsgeschäften:
- Bei einer Neuemission ist Anschaffungstermin der Tag, an dem über die Zuteilung entschieden wird.
- Beim Aktienerwerb auf Umwegen, etwa über Zertifikate sowie Aktien-, Wandel-, Options- und Umtauschanleihen beginnt die Spekulationsfrist in der Regel mit der Entscheidung über die anschließende Wertpapierlieferung.
- Beim Bezug von Bonus-, Gratis-, Dividenden- oder jungen Aktien gibt es unterschiedliche Anschaffungsfiktionen, siehe hierzu die einzelnen Stichworte.
Der Auszug ist dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern 2007“ entnommen
Quelle: Redaktion Steuern - Kapitalanlage und Steuern 2007 vom 11.12.06