Steuerberatung -

Stockdividenden stellen steuerpflichtige Kapitaleinnahmen nach § 20 EStG dar

Wählen Aktionäre anstelle einer Bardividende den Bezug von Freiaktien, liegt eine Kapitaleinnahme vor. Das gilt auch bei aus einer Kapitalerhöhung stammenden Aktien.

Ersetzen Freiaktien einer AG entsprechend einem vereinbarten Wahlrecht die Bardividende, unterliegen sie als Einnahmen aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Voraussetzungen der §§ 1, 7 KapErhStG für einen ansonsten steuerfreien Erwerb von Gratisanteilen liegen insoweit nicht vor. Denn in diesem Fall entspricht der Wert der Freiaktien zumindest dem Betrag der ersetzten Bardividende.

Die Höhe der Einkünfte bemessen sich nach der Bardividende, der Kurswert der bezogenen Aktien spielt in diesem Fall keine Rolle. Immerhin gilt auch in diesem Fall das Halbeinkünfteverfahren. Somit ist steuerlich zu unterscheiden zwischen Gratisaktien, die aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln stammen (keine Einnahmen) und dem Bezug von Stock-Dividenden (Ersatz für steuerpflichtige Ausschüttungen).

Erhöht eine AG ihr Nennkapital durch Umwandlung von Rücklagen, so zählt der Wert der neuen Anteile bei den Aktionären nicht zu den steuerpflichtigen Einkünften, § 1 KapErhStG. Dies ist bei einer handelsrechtlich wirksamen Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln der Fall. Die neuen Aktien fallen den Gesellschaftern beteiligungsproportional im Verhältnis ihrer bisherigen Anteilsrechte zu. Über § 7 Abs. 1 KapErhStG gilt dies auch bei Kapitalerhöhungen ausländischer Gesellschaften, die inländischen Rücklagenumwandlung entsprechen.

Zum Wesensgehalt der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gehört insbesondere, dass der Gesellschafter mit den neuen Anteilsrechten nichts erwirbt, was er nicht schon besessen hätte. Es handelt sich um einen Vorgang, der sich innerhalb der Vermögenssphäre von AG und Aktionären abspielt und die Ertragssphäre unberührt lässt.

Somit führt der Bezug von Gratisaktien nicht zu Kapitaleinnahmen.

Gratisaktien und Stockdividenden sind nicht vergleichbar

Der Bezug von Freiaktien hingegen ersetzt die Dividendenzahlung. Beschließt die Hauptversammlung die Ausschüttung des Bilanzgewinns, so wird damit jeder Aktionär Gläubiger eines sofort fälligen Anspruchs gegen die AG auf Auszahlung der beschlossenen Dividende. Dabei ist der Dividendenanspruch auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet. Insoweit bedeutet die Zuwendung von Freiaktien anstelle einer Bardividende eine Leistung an Erfüllungs Statt, sie werden durch den Verzicht auf die Ausschüttung erworben. Der Bezug der Freiaktien ist Folge einer individuellen Erwerbsentscheidung.
Somit stellt der Erhalt der Freiaktien eine steuerpflichtige Dividendeneinnahme dar (BFH vom 14.02.2006 - VIII R 49/03). Dabei sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Das Halbeinkünfteverfahren ist anzuwenden, somit sind nur 50 % der Einnahmen steuerpflichtig.
  • Bemessungsgrundlage für die Einnahmen gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG ist die Höhe der Dividende. Der Kurswert der Aktien spielt keine Rolle. Denn bei einem solchen Wahlrecht spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass der Börsenwert der bezogenen Aktien zumindest der ersetzten Bardividende entspricht.
  • Sofern der Kurswert der bezogenen Aktien unter der Dividendenhöhe liegt, wird dieser Vorteil insoweit nicht besteuert.
  • Gleichzeitig beginnt eine neue, einjährige Spekulationsfrist für die neuen Aktien. Maßgebend ist der Tag, an dem sich der Aktionär für den Bezug der neuen Werte statt der Dividende entscheidet.
  • Beim Bezug der Stock-Dividende von ausländischen Gesellschaften, wie üblicherweise aus den Niederlanden, fällt keine Quellensteuer an.
  • Sofern sich der Vorgang bei einer inländischen AG abspielt, fällt auch auf die Stockdividende Kapitalertragsteuer an. Da es sich um einen Sachbezug handelt, muss der Aktionär diesen Betrag der Bank zur Verfügung stellen (§ 44 Abs. 1 S. 7 EStG).

Der steuerliche Hintergrund

Gratisaktien
Wenn eine Firma Gewinne erwirtschaftet hat, kann sie diese durch Einstellung in die Gewinnrücklagen ansammeln. In diesem Verhältnis erscheint dann das ursprüngliche Stammkapital sehr niedrig. Aus diesem Grunde kann eine Gesellschaft Teile des Gesamtkapitals in Grundkapital umwandeln und hierzu gratis neue Aktien an die bisherigen Aktionäre ausgeben. Es handelt sich um eine rein bilanztechnische Umwandlung. Der einzelne Aktionär erhält zwar ohne zusätzliche Kosten neue Aktien, sein rechnerischer Besitz an der Firma erhöht sich aber nicht, da die umgewandelten Gewinnrücklagen zuvor bereits im Kurswert der alten Aktien enthalten waren. Das Vermögen der Gesellschaft verteilt sich nun auf eine größere Anzahl von Aktien. Dementsprechend vermindert sich auch der Kurs der Aktie nach der Ausgabe der Berichtigungsaktien. Durch die Ausgabe von Gratisaktien ändert sich nichts am Beteiligungsverhältnis der Aktionäre oder am Unternehmenswert. Diese Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln führt zu einer Abspaltung der in den Altaktien verkörperten Substanz und dementsprechend zu einer Abspaltung eines Teils der ursprünglichen Anschaffungskosten (BFH vom 19.12.2000; BStBl 2001 II, 345).

Erhöht eine AG ihr Grundkapital aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207 ff. AktG, führt die Zuteilung der neuen Gratisaktien nach § 1 KapErhStG nicht zu Einkünften aus Kapitalvermögen beim Aktionär. Dasselbe gilt bei einer Kapitalerhöhung durch ausländische Gesellschaften, wenn die Voraussetzungen des § 7 KapErhStG vorliegen. Die Freiaktien ergeben zusammen mit den Altaktien einen neuen Durchschnitts-Anschaffungspreis, der auch für die Berechnung von Spekulationsgeschäften berücksichtigt wird. Motto: Liegt die Altaktie bereits mehr als ein Jahr im Depot, kann die neue Aktie sofort steuerfrei verkauft werden. Ist der Zeitraum kürzer, muss der geminderte Kaufpreis berücksichtigt werden. Sofern im Rahmen der Kapitalerhöhung Teilrechte veräußert werden, ist die steuerliche Behandlung von Bezugsrechten maßgebend.

Steuer-Hinweis: Gratisaktien dürfen nicht mit Bonusaktien verwechselt werden. Obwohl beide kostenlos ausgegeben werden, stammt die Bonusaktie – etwa von der Deutschen Telekom – nicht aus einer Kapitalumwandlung, sondern aus dem Besitz des Altaktionärs.

Fazit: Obwohl es sich nur um eine bilanztechnische Maßnahme handelt, lohnt der Bezug von Gratisaktien in den meisten Fällen. Zum einen zeigt die AG, dass sie eine gesunde Bilanz aufweisen kann, und zum anderen gibt es für die Gratisaktien in der Regel dieselbe Dividende. Damit erhöht sich dann für den Aktionär ohne Aufwand insgesamt die Ausschüttungssumme. Allerdings sinkt der Gewinn pro Aktie entsprechend.


Bonusaktien
Dies sind Aktien, die ohne zusätzliches Entgelt an die Aktionäre ausgegeben werden und nicht aus einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln stammen. Diese Bonusaktien lagern vor ihrer Ausgabe entweder als Eigenbestand bei der AG oder bei einem bisherigen Großaktionär. Wie der Wert dieser Treue-Papiere steuerlich behandelt wird, war lange Zeit strittig. Betroffen hiervon sind etwa die Bonusaktien von Deutscher Telekom und auch Deutscher Post. Der BFH hat mit Urteil vom 07.12.2004 (VIII R 70/02; BStBl 2005 II,468) auf Einnahmen aus Kapitalvermögen als besondere Entgelte nach § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG entschieden. Zwar steht die Zuteilung auch im Zusammenhang mit dem Erwerb der jungen Aktien, dennoch kann die Bonusgewährung nicht diesem Anschaffungsvorgang und somit der Vermögensebene zugeordnet werden. Vielmehr sei es nach dem Veranlassungsprinzip für die Erzielung steuerbarer Aktienerträge ausreichend, dass der Bonusanspruch an die Nichtveräußerung der jungen Aktien und damit an die Aufrechterhaltung der Aktionärsstellung gebunden ist. Dies gelte unabhängig davon, ob der Bonusanspruch sich zivilrechtlich gegen Aktiengesellschaft oder den Vorbesitzer der Anteile gerichtet habe.

Als Kapitaleinnahme gilt der niedrigste Börsenkurs der Aktien am Tag der Einbuchung der Bonusaktien ins Depot des Anlegers. Positiv wirkt das Urteil in Bezug auf die Deutsche Post sowie den dritten Börsengang der Telekom. In diesen Fällen nahm die Finanzverwaltung das Vorliegen einer sonstigen Einnahme nach § 22 EStG an. Über den Wechsel der Einkunftsart kommen diese Aktionäre nun in allen offenen Fällen noch in den Genuss des Halbeinkünfteverfahrens (OFD Frankfurt vom 03.01.2006 - S 2252 A - 71 - St II 3.04; FR, 242).

Steuer-Hinweis: Die Zuteilung der Bonusaktien aus dem dritten Börsengang der Telekom sind Aktionären am 02.01.2002 mit 19,05 € (Xetra) zugeflossen. Beim ersten Börsengang der Telekom gab es im Jahr 1999 ebenfalls Bonusaktien. Die waren jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zu versteuern. Der Wert der Bonusaktien aus dem zweiten Börsengang stellt im Jahre 2000 mit 42,15 € Kapitaleinnahmen dar. Hier galt das Halbeinkünfteverfahren noch nicht.

Bonusaktien gelten für die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG in dem Zeitpunkt als angeschafft, in dem die Gesellschaft die Ausgabe beschließt. Ist der Bezug von einer bestimmten Leistung des Aktionärs wie der Einhaltung von Mindesthaltefristen für die bereits erworbenen Aktien abhängig, gelten die Bonusaktien erst mit dem Erbringen dieser Leistung als angeschafft. Als Anschaffungskosten ist der Wert anzusetzen, der bei ihrem Bezug als Einkünfte angesetzt wurde, also der niedrigste Börsenkurs der Aktien am Tag der Einbuchung ins Depot.

Steuer-Hinweis: Seit dem BFH-Urteil interessiert sich die Finanzverwaltung verstärkt für diese bisher aus Unwissenheit oder wegen anderer rechtlicher Auffassung nicht deklarierten Einnahmen. Nach dem Beschluss des FG Baden-Württemberg (vom 18.07.2005 - 3 V 24/04; EFG, 1822) muss eine Bank die Daten der Inhaber von Bonusaktien der Telekom nennen, wenn ihr hierzu ein Ersuchen der Steuerfahndung vorliegt. Denn das Interesse der Allgemeinheit an einer Verhinderung von Steuerverkürzungen berechtigt nach § 93 AO zu solchen Sammelauskunftsersuchen. Betroffenen Bankkunden ist zu empfehlen, nach Überprüfung ihrer bereits erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen im Jahr 2000 und bei Überschreitung des Sparerfreibetrags Selbstanzeige zu erstatten.

Die Auszüge sind dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern“ entnommen.

Quelle: Deubner Redaktion - Kapitalanlage und Steuern vom 04.05.06