pixel © fotolia.de

Steuerberatung, Beraterpraxis, Steuerfachangestellte, Top News -

Umsatzsteuer: BMF klärt das Verhältnis der Besteuerungsverfahren

Das BMF passt beim Vorsteuervergütungsverfahren unter Beteiligung ausländischer Unternehmen die Verwaltungspraxis der BFH-Rechtsprechung an. Ein mögliches Vorsteuervergütungsverfahren entfaltet demnach unter bestimmten Bedingungen - entgegen Abschnitt 18.15 Abs. 1 Satz 1 UStAE - keine grundsätzliche Sperrwirkung für das allgemeine Besteuerungsverfahren.

Im Ausland ansässige Unternehmen, die gem. § 18 Abs. 3 Satz 1 UStG Umsatzsteuererklärungen für das Kalenderjahr abgeben müssen, sind demnach berechtigt und verpflichtet, alle im Kalenderjahr abzugsfähigen Vorsteuerbeträge geltend zu machen; bei einer Steuerfestsetzung durch das Finanzamt folgt aus § 59 UStDV für gleichzeitig geltend gemachte Vorsteuerbeträge keine Sperrwirkung für das allgemeine Besteuerungsverfahren.

In dem seinerzeit vom BFH entschiedenen Fall hatte ein im Ausland ansässiger Unternehmer eine Jahresumsatzsteuererklärung abgegeben. Sein Speditionsunternehmen erbrachte Transportdienstleistungen gegenüber Kunden in Deutschland. Für diese Umsätze wies der Leistungsempfänger im Rahmen des Gutschriftverfahrens allerdings unberechtigterweise (in Verkennung der zutreffenden Anwendung des § 13b UStG) Umsatzsteuer aus; denn eigentlich war rechtlich der Leistungsempfänger als Schuldner der Umsatzsteuer anzusehen.

Infolgedessen war das ausländische Unternehmen gem. § 14c Abs. 1 UStG zum Schuldner der unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer geworden. Diesen Umstand zeigte das Unternehmen dem Bundesamt für Finanzen (jetzt: Bundeszentralamt für Steuern - BZSt) fristgerecht an. Daraufhin nahm das ausländische Unternehmen aufgrund eines falschen Zwischenbescheids des Bundesamts für Steuern den Vorsteuervergütungsantrag wieder zurück.

Nach Ablauf der Antragsfrist gem. § 59 Nr. 2 UStDV wandte der Unternehmer sich mit einer Umsatzsteuerjahreserklärung für 2002 an das deutsche Finanzamt und beantragte darin bezüglich der abziehbaren Vorsteuern die Erstattung.

Finanzamt und Finanzgericht verwiesen das ausländische Unternehmen auf das  Vorsteuervergütungsverfahren. Denn für diese Fälle sei ausweislich der Anweisung in Abschnitt 18.15 Abs. 1 Satz 2 UStAE das Vorsteuervergütungsverfahren gem. § 18 Abs. 9 Satz 1 UStG i.V.m. § 59 Nr. 2 UStDV vorgesehen.

Der BFH gab allerdings entgegen dieser bis dato bestehenden Verwaltungspraxis dem klagenden Unternehmen Recht: Der Unternehmer könne die im Streitjahr entstandenen Vorsteuerbeträge entgegen der Ansicht der Vorinstanz im allgemeinen Besteuerungsverfahren geltend machen. Denn im Fall einer Steuerfestsetzung durch das Finanzamt entfalte § 59 UStDV - bei gemeinschaftskonformer Auslegung - für gleichzeitig geltend gemachte Vorsteuerbeträge keine Sperrwirkung für das allgemeine Besteuerungsverfahren.

Mit BMF-Schreiben vom 21.05.2014 folgt die Finanzverwaltung nun dem BFH und erklärt die genannten Grundsätze unter folgenden Voraussetzungen für vergleichbare Fälle - entgegen Abschnitt 18.15 Abs. 1 Satz 2 UStAE  - für anwendbar:

  1. Der im Ausland ansässige Unternehmer hat fristgerecht einen Antrag auf Vergütung der Vorsteuer beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) gestellt.
  2. Die weiteren Voraussetzungen für eine Erstattung im Vorsteuer-Vergütungsverfahren müssen für den Vergütungszeitraum erfüllt sein.
  3. Aufgrund eines Irrtums ist keine Vergütung der Vorsteuer im Vorsteuer-Vergütungsverfahren erfolgt.
  4. Eine Vergütung im Vorsteuervergütungsverfahren ist nicht mehr möglich, weil der Antrag auf Vorsteuer-Vergütung nach Hinweis des BZSt zurückgenommen wurde und die Antragsfrist abgelaufen ist oder der Bescheid des BZSt über die Ablehnung der Vergütung formell bestandskräftig geworden ist.
  5. Der im Ausland ansässige Unternehmer ist Steuerschuldner gem. § 13a Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. 14c Abs. 1 UStG und dies wurde dem Finanzamt im Rahmen einer Voranmeldung oder Umsatzsteuererklärung auch angezeigt.

Praxishinweis

In vergleichbaren Fälle schließen sich damit entgegen dem in Abschnitt 18.15 Abs. 1 Satz 1 UStAE aufgestellten Grundsatz das allgemeine Besteuerungsverfahren und das Vorsteuervergütungsverfahren nicht aus. Zu beachten ist dabei insbesondere, dass durch das Jahressteuergesetz 2009 das Vergütungsverfahren geändert wurde. Das seit dem 01.01.2010 geltende Verfahren wurde im Schreiben des BMF vom 03.12.2009 ausführlich beschrieben.

BMF, Schreiben v. 21.05.2014 - IV D 3 - S-7359/13/10002
BFH, Urt. v. 28.08.2013 - XI R 5/11, BFH/NV 2013, 2033, Nr. 12 = BB 2013, 2581, Nr. 43
BMF, Schreiben v. 03.12.2009 - IV B 9 - S-7359/09/10001, BStBl 2009 I 1520

Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann