Steuerberatung -

Zweifel am halbierten Kostenabzug bei Aktien und GmbH-Anteilen

Sofern Kapitaleinnahmen dem Halbeinkünfteverfahren unterliegen, dürfen auch die Aufwendungen nur zu 50 Prozent abgesetzt werden. Das muss aber nicht immer richtig sein.

Seit der Umstellung von Anrechnungs- auf das Halbeinkünfteverfahren im Jahre 2001 dürfen Werbungskosten gemäß § 3 c Abs. 2 EStG nur zur Hälfte geltend gemacht werden. Hierbei stellen sich sowohl Fragen zur zeitlichen Anwendung als auch zu möglichen ungerechtfertigten Nachteilen bei Aktionären und GmbH-Gesellschaftern.

Seit der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens durch das Steuersenkungsgesetz (BGBl 2000 I S. 1433) werden ausgeschüttete und thesaurierte Gewinne bei Körperschaften einheitlich mit 25 Prozent (Ausnahme 2003) Körperschaftsteuer belegt. Diese Steuerbelastung erfolgt definitiv, ohne dass eine Anrechnung dieser Steuer beim Anteilseigner vorzunehmen wäre.

Bis zum Jahr 2000 galt hingegen das Anrechnungsverfahren, wonach die von einer inländischen Gesellschaft auf ausgeschüttete Gewinne bezahlte Körperschaftsteuer beim Anleger voll angerechnet wurde. Das führte dann im Endeffekt dazu, dass es lediglich zu einer Besteuerung nach der individuellen Progression des Besitzers kam. Durch die Umstellung der Steuersystematik kam es dann zu einer Doppelbesteuerung, da die mit Körperschaftsteuer vorbelasteten Ausschüttungen beim Empfänger erneut als Kapitaleinnahme erfasst wurden. Dies führt weiterhin zu einer Begünstigung thesaurierter Gewinne. Um dies zumindest in Maßen auszugleichen, wurden 50 Prozent der Einnahmen über § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei gestellt, die auch nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegen.

Gleichzeitig sind die hierauf entfallenden Aufwendungen auch nur zur Hälfte abzugsfähig. Darüber hinaus ist noch die Besonderheit zu beachten, dass das Halbeinkünfteverfahren bei inländischen Ausschüttungen erstmals 2002 zur Anwendung kam, da die in 2001 ausgekehrten Gewinne noch aus dem Vorjahr mit Anrechnungsverfahren stammten. Aufwendungen sollten hingen bereits 2001 nur noch zur Hälfte abgezogen werden. Zu diesen beiden Aspekten liegen dem BFH nun Revisionen vor:
  • VIII R 69/05: Sind Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Aktien oder GmbH-Beteiligungen stehen, über § 3 c Abs. 2 EStG zu Recht nur zur Hälfte absetzbar? Betroffen hiervon sind insbesondere fremdfinanzierte Erwerbe, da die Schuldzinsen nur mit 50 Prozent gelten. Das könnte insoweit gegen das GG verstoßen, weil das Halbeinkünfteverfahren eine Doppelbelastung von Gewinnausschüttungen vermeiden soll. Werden nun die Kosten nicht voll berücksichtigt, ist dies jedoch zumeist nicht mehr der Fall.
  • VIII R 10/06: Gilt die Abzugsbeschränkung des § 3c Abs. 2 EStG bereits für Gewinnausschüttungen ab 2001, obwohl die halbierte Einnahmebesteuerung bei inländischen Ausschüttungen erst 2002 angewendet wurde? Das FG Köln meldet in seinem rechtskräftigen Beschluss vom 20.7.2005 (15 V 2441/05) ernsthafte Bedenken an und gewährt daher Aussetzung der Vollziehung.

Aktionäre und GmbH-Gesellschafter sollten ihre Bescheide in Bezug auf die anhängigen Revisionen offen halten und ein Ruhen des Verfahrens beantragen. Das gilt insbesondere bei Kreditaufnahmen oder anderen hohen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Geldanlage.

Betroffen von der Anwendungsfrage sind auch Veräußerungserlöse nach §§ 17, 23 EStG, da es hier ebenfalls zu einer verzögerten Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens kam. Nur bei ausländischen Beteiligungen galt das Halbeinkünfteverfahren bereits vorzeitig im Jahr 2001.

Der steuerliche Hintergrund

Aktien und ihre steuerliche Behandlung

Die mit Aktien erzielbaren Renditen lassen andere Wertpapieranlagen auf Dauer gesehen weit hinter sich. Kommt auch noch der steuerliche Aspekt hinzu, verbessert sich die Bilanz weiter. So entfällt beispielsweise für mittel- und langfristig orientierte Aktionäre die Steuerlast auf Kurserträge. Kurzfristig realisierte Gewinne und erhaltene Dividenden unterliegen nur zur Hälfte der Erfassung durch das Finanzamt. Mit diesen einfachen Grundsätzen zur Besteuerung lassen sich aber nicht sämtliche Vorgänge rund um die Aktienanlage abbilden. So sorgen beispielsweise Kapitalerhöhungen, Umtauschangebote, Abfindungen, Bezugsrechte oder Bonuspapiere nicht nur für frischen Wind im Depot, sondern auch für neue Berechnungsgrundlagen.


Einnahmen aus Kapitalvermögen

Zu den Einnahmen aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG Gewinnanteile und sonstige Bezüge aus Aktien. Dabei handelt es sich üblicherweise um die ausgezahlten Dividenden. Deutsche und viele ausländische Firmen schütten einmal, amerikanische viermal (Quartalsdividende), niederländische, britische oder spanische beispielsweise durch eine Vorabdividende auf das erwartete Jahresergebnis zweimal jährlich aus.

Maßgebender Besteuerungszeitpunkt ist jeweils die Gutschrift auf dem Konto des Aktionärs, sofern die Wertpapiere in den normalen Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung fallen. Keine Rolle spielt, für welches Wirtschaftsjahr die Dividende gezahlt wird und wie lange der Anleger die Papiere zuvor im Besitz hatte. So ist die Dividende auch beim Erwerb der Aktie unmittelbar vor oder noch am Ausschüttungstermin für ein ganzes Wirtschaftsjahr als Kapitaleinnahme zu erfassen.
Bei US-Aktien ist es üblich, dass die Quartalsdividende erst rund einen Monat nach dem Termin ausgezahlt wird, an dem der Anspruch entfällt. Selbst wenn der Anleger das Wertpapier bei Zufluss auf dem Konto nicht mehr besitzt, ist die Ausschüttung an diesem Tag zu versteuern.

Auch Bonus- oder Sonderausschüttungen gehören mit zur Dividende. Hierbei handelt es sich zumeist um einmalig angefallene Vorgänge wie Veräußerungsgewinne oder Ausschüttungen auf Grund von Firmenjubiläen oder steuerlichen Besonderheiten.
Steuer-Tipp: Am Ausschüttungstag erfolgt der Dividendenabschlag vom Kurs. Die Auswirkung auf den Kursverlauf der Aktie wird maßgeblich von der Höhe der Ausschüttung bestimmt. Der Tag nach der Hauptversammlung (= Ausschüttungstermin, Ex-Tag) eignet sich besonders für Anleger mit hohem Steuersatz zum Kauf. Denn die dann nicht mehr erhaltene Dividende spiegelt sich im entsprechend geringeren Kaufkurs wider.


Das Halbeinkünfteverfahren

Steuerlich herrschen seit 2001 für inländische Aktiengesellschaften und seit 2002 für ihre Aktionäre völlig neue Verhältnisse – bedingt durch die Unternehmensteuerreform. Die wesentliche Neuerung: Während zuvor die Dividenden von Aktionären nach dem Anrechnungsverfahren besteuert wurden, erfolgt dies nun im Halbeinkünfteverfahren. Ist der Aktionär eine natürliche Person, werden Dividenden nur zur Hälfte besteuert. Die andere Hälfte der Ausschüttung ist steuerfrei, § 3 Nr. 40 EStG. Dafür kann der Aktionär die von der AG entrichtete Körperschaftsteuer nicht mehr abziehen. Die halbierte Besteuerung greift auch bei Ausschüttungen von jenseits der Grenze, auch wenn die dort ansässigen Firmen von der Steuerumstellung nicht betroffen sind.
Der steuerfreie Anteil unterliegt nicht dem Progressionsvorbehalt. Vorteil: Die halbierte Besteuerung mindert auch den Steuersatz für die übrigen zu versteuernden Einkünfte. Das Halbeinkünfteverfahren gilt auch für Dividenden, die einer anderen Einkunftsart zuzurechnen sind – etwa Aktien in einem betrieblichen Depot. Im Gegenzug können Ausgaben, die mit der Aktienanlage zusammenhängen, nur zur Hälfte als Werbungskosten abgezogen werden.

Steuer-Hinweis: Der steuerfreie Teil der Dividende spielt aber für einige Nebenrechnungen eine Rolle. So wird dieser Betrag zur Berechnung der Kirchensteuer wieder zugeschlagen und zählt zu den Bezügen. Sie sind maßgebend bei der Beurteilung, ob bei volljährigen Kindern oder bei unterhaltenen Person steuerliche Vergünstigungen in Anspruch genommen werden können, etwa Kinderfreibeträge oder Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastung.
Der Sparerfreibetrag in Höhe von 1.370 € je Person wird nur von den steuerpflichtigen Einnahmen abgezogen. Damit verdoppelt das Halbeinkünfteverfahren die Steuerbegünstigung aus diesem Freibetrag. Gleichzeitig wird auf den darüber hinausgehenden Betrag statt dem 30-prozentigen Zinsabschlag eine 20-prozentige Kapitalertragsteuer erhoben, dann allerdings auf die komplette und nicht die halbierte Dividende.

Der Auszug ist dem Ratgeber „Kapitalanlage und Steuern“, Seite 88 entnommen


Quelle: Kapitalanlage und Steuern - vom 12.07.06