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Umsatzsteuer -

Haushaltshilfeleistungen: Wann greift die Umsatzsteuerbefreiung?

Unter welchen Voraussetzungen sind Haushaltshilfeleistungen von der Umsatzsteuer befreit? Nach dem Finanzgericht Münster kommt es dabei nicht allein darauf an, dass Dienstleister sozialversicherungsrechtlich anerkannt sind. Die Leistungen müssen zudem an hilfsbedürftige Personen erbracht worden sein. Für die Unterscheidung zu nicht hilfsbedürftigen Personen sind entsprechende Nachweise wichtig.

Das Finanzgericht Münster (FG) hat mit seinem Urteil vom 25.02.2020 (15 K 2427/17 U) entschieden, dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiungen gem. § 4 Nr. 16 UStG nur vorliegen, wenn die Personen, für welche die Haushaltshilfe erbracht wird, auch selbst hilfsbedürftig sind. Dass die Dienstleisterin von Pflege- und Krankenkasse für Haushaltshilfeleistungen nach dem SGB anerkannt ist, ist nicht ausreichend.

Sachlage im Streitfall

Die Steuerpflichtige erbringt Haushaltshilfeleistungen i.S.d. §§ 38, 24 Buchst. h) und § 132 SGB V für Personen, denen z.B. aufgrund einer Schwangerschaft, Entbindung oder Krankenhausbehandlung die Weiterführung des Haushalts nicht mehr möglich ist. Sie schloss dazu Verträge mit Ersatz- und Pflegekassen.

Neben den Leistungen an o.g. Hilfsbedürftige behandelte die Beklagte auch die Leistungen gem. § 4 Nr. 16 UStG an Personen als steuerfrei, deren Hilfsbedürftigkeit nicht festgestellt war.

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung beanstandete dies das zuständige Finanzamt und korrigierte, die bisher als steuerfrei behandelten Umsätze für nicht offiziell als hilfsbedürftig anerkannte Personen.
Die Steuerpflichtige wendet sich dagegen, da sie eine gem. § 4 Nr. 16 UStG begünstigte Einrichtung ist und auch gegenüber den nicht hilfsbedürftigen Kunden identische Leistungen erbringt.

Der Einspruch gegen die Änderungsbescheide wurde abgelehnt. Das FG wies die Klage ab und ließ eine Revision nicht zu.

Leistungen i.S.d. § 4 Nr. 16 UStG

Umsätze sind gem. § 4 Nr. 16 Satz 1 UStG steuerfrei, wenn diese mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbunden sind.

Zusätzlich müssen gem. § 4 Nr. 16 Satz 2 UStG die Leistungen i.S.d. Satzes 1, die von Einrichtungen gem. § 4 Nr. 16 Satz 1 Buchst. b)–l) erbracht werden, befreit werden, wenn es sich um Leistungen handelt, die nach dem SGB anerkannt sind oder für die mit Ersatz- oder Pflegekassen entsprechende Verträge abgeschlossen wurden.

Die Hilfsbedürftigkeit des Empfängerkreises ist gem. Abschn. 4.16.2 UStAE buch- und belegmäßig für jede Person nachzuweisen, z.B.

  • durch eine Bestätigung der Krankenkasse, Pflegekasse, Sozialhilfeträger;
  • durch Vorlage einer Bescheinigung des Gesundheitsamts oder durch eine ärztliche Verordnung;
  • durch Anerkennung eines Pflegegrads.

Die Steuerbefreiung kann für einen darüber hinausgehenden Personenkreis nach der Auffassung des FG nicht gewährt werden. Für die Erfüllung der o.g. Voraussetzungen reicht es nicht aus, dass die Leistungen von einer Ersatz- und Pflegekasse nach den SGB anerkannten Einrichtungen handelt. Die Leistungen müssen darüber hinaus noch an einen hilfsbedürftigen Personenkreis erbracht werden.

Die Hilfsbedürftigkeit kann ebenfalls nicht pauschal gem. § 53 AO für Personen ab einem Alter von über 75 Jahren angenommen werden, da für die Steuerbefreiung gem. § 4 Nr. 16 UStG strengere Voraussetzungen anzunehmen seien als nach der AO. Das FG verwies dazu auf die in Abschn. 4.16.2 UStAE aufgeführten Nachweise.

Eine Steuerbefreiung kommt für Leistungen an nicht hilfsbedürftige Personen auch nicht in Frage, da anerkannte Einrichtungen gem. § 4 Nr. 16 UStG einen Wettbewerbsvorteil gegenüber reinen Haushaltshilfen oder Putzhilfen hätten, die ausschließlich an nicht hilfsbedürftige Personen Umsätze erbringen.

Praxishinweis

Pflegedienstleister und Haushaltshilfen sollten überprüfen, ob die Möglichkeit besteht, sich bei den entsprechenden Sozialkassen registrieren zu können, um ihre Dienstleistungen umsatzsteuerfrei einem weiteren Personenkreis anzubieten. Bei einer entsprechenden vorliegenden Registrierung ist stets zwischen hilfsbedürftigen und nicht hilfsbedürftigen Personen zu unterscheiden und dieses auch buchmäßig nachzuhalten. Die entsprechenden Nachweise sollten dabei stets eingeholt werden.

FG Münster, Urt. v. 25.02.2020 - 15 K 2427/17 U

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH)