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Umsatzsteuer -

Ärztliche Dienste: Wann gilt die Umsatzsteuerbefreiung?

Ärztliche Leistungen sind als Heilbehandlungen grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Aber was gilt für Dienste, die vertretungsweise übernommen werden? Der BFH hat klargestellt, dass auch die entgeltliche Übernahme ärztlicher Notfalldienste durch einen Arzt unabhängig davon, auf wen sich die sonstige Leistung bezieht, umsatzsteuerfrei ist. Der BFH betont damit die tätigkeitsbezogene Betrachtungsweise.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14.05.2025 (XI R 24/23) entschieden, dass die vertretungsweise Übernahme ärztlicher Notfalldienste gegen Entgelt durch einen Arzt als Heilbehandlung i.S.d. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG einzuordnen ist. Die Leistungen sind somit umsatzsteuerfrei.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger war in den Streitjahren als selbständiger Allgemeinmediziner tätig. Er führte jedoch keine eigene Praxis, sondern nahm regelmäßig als Vertreter anderer Ärzte am ärztlichen Notfalldienst teil und übernahm dabei die Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung des Diensts. Zusätzlich führte der Kläger im Auftrag einer Polizeibehörde Blutentnahmen durch.

Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt (FA) fest, dass die Haupttätigkeit des Klägers die Vertretung von zum Notfalldienst verpflichteten Kollegen ist. Diese Vertretungstätigkeit sei - entgegen der bisherigen Auffassung des Klägers - umsatzsteuerpflichtig. 

Das FA argumentierte, dass die Übernahme des Notdiensts eine eigenständige Leistung darstelle, die getrennt von der medizinischen Behandlung der Patienten zu beurteilen sei. 

Es liege keine einheitliche Heilbehandlungsleistung vor, weshalb die Leistungen umsatzsteuerpflichtig sind. Dies gelte ebenfalls für die vom Kläger durchgeführten Blutentnahmen.

Nach erfolglosem Klageverfahren vor dem Finanzgericht (FG) sah der BFH die Revision des Klägers als begründet an und hob das Urteil des FG daher auf.

Umsatzsteuerbefreiung für ärztliche Dienstleistungen

Nach § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG sind Heilbehandlungsleistungen im Bereich der Humanmedizin von der Umsatzsteuer befreit, wenn sie im Rahmen einer ärztlichen oder vergleichbaren heilberuflichen Tätigkeit erbracht werden. 

Der Begriff „Heilbehandlung“ umfasst nicht nur Maßnahmen zur Diagnose, Behandlung und Heilung von Krankheiten, sondern auch vorbeugende und gesundheitsfördernde Leistungen, also alle Maßnahmen mit therapeutischem Zweck oder dem Ziel, die Gesundheit zu schützen, zu erhalten oder wiederherzustellen. Solche Leistungen sind daher ebenfalls steuerfrei.

Nicht als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin einzuordnen sind hingegen ärztliche Leistungen, Maßnahmen oder medizinische Eingriffe, die zu anderen als therapeutischen Zwecken erfolgen.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Der BFH kommt entgegen der Ansicht des FG zu der Auffassung, dass die entgeltliche Übernahme ärztlicher Notfalldienste durch einen Arzt als umsatzsteuerfreie Heilbehandlung i.S.d. § 4 Nr. 14 Buchst. a UStG anzusehen ist. 

Die Vertretung anderer Ärzte im Notfalldienst stellt keine bloße Freistellung von deren Dienstpflicht dar, sondern eine medizinische Leistung mit therapeutischem Zweck. Der Vertreterarzt erbringt während des Bereitschaftsdiensts eigenständig heilberufliche Leistungen, indem er sich zur medizinischen Versorgung in Notfällen bereithält. 

Dies dient dem Schutz und der Wiederherstellung der Gesundheit von Patienten und erfüllt daher die Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbefreiung.

Unabhängig davon, wem gegenüber diese sonstige Leistung erbracht wird, ist die entgeltliche Übernahme ärztlicher Notfalldienste durch einen Arzt als Heilbehandlung umsatzsteuerfrei.

Praxishinweis

Entscheidend für die Anwendung der Umsatzsteuerbefreiung ist somit allein der Inhalt der Leistungen und nicht, wem gegenüber diese erbracht werden. Dies umfasst sowohl den vertretungsweise übernommenen Notfalldienst als auch etwaige Bereitschaftsdienste.

BFH, Urt. v. 14.05.2025 - XI R 24/23

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