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Umsatzsteuer -

Organschaft: Margenbesteuerung bei Reiseleistungen

Welche Grundsätze gelten im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft für die Margenbesteuerung bei Reiseleistungen? Der BFH hat entschieden, dass die von der Organgesellschaft mit eigenen Betriebsmitteln erbrachten Leistungen Eigenleistungen darstellen. Die von Dritten bezogenen Leistungen gelten demgegenüber als Reisevorleistungen, die in die Margenbesteuerung einbezogen werden müssen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, wie in einem Organkreis die Margenbesteuerung nach § 25 UStG zu erfolgen hat.

Zum Organkreis der O gehörten mehrere Organgesellschaften, u.a. die A-GmbH und die Z-GmbH. Die A-GmbH hatte Reiseleistungen erbracht, auf die O die Margenbesteuerung nach § 25 UStG anwandte. Dabei handelte es sich insbesondere um Reiseleistungen mit Flugbeförderungen zu ausländischen Zielorten. Die Flugbeförderungen erwarb die A-GmbH zivilrechtlich von der Z-GmbH.

Diese führte die Flugbeförderungen aus dem In- ins Ausland und wieder zurück (Auslandsflüge) mit eigenen Personal- und Sachmitteln durch, zog aber im Rahmen der inländischen Transfer- und Zubringerflüge (Inlandsflüge) andere Luftfahrtunternehmen hinzu. Die O berücksichtigte bei der Margenbesteuerung jedoch nicht die gesamte Flugbeförderung, da es sich hierbei insgesamt um Eigenleistungen des Organkreises gehandelt habe.

Im Anschluss an eine Außenprüfung sah das Finanzamt dies anders und änderte die Steuerfestsetzungen. Dies führte entsprechend zu einer Minderung der erklärten Eigenleistungen und zu einer Erhöhung der steuerpflichtigen Marge. Einspruch und Klage beim Finanzgericht (FG) hatten keinen Erfolg. Der BFH folgte dem Urteil des FG.

Voraussetzungen der Margenbesteuerung

Nach § 25 Abs. 3 UStG bemisst sich bei der Margenbesteuerung die sonstige Leistung aus dem Unterschied zwischen dem Betrag, den der Leistungsempfänger aufwendet, um die Leistung zu erhalten, und dem Betrag, der dem Unternehmer für die Reisevorleistungen entsteht. Die Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage. Der Unternehmer kann die Bemessungsgrundlage statt für jede einzelne Leistung entweder für Gruppen von Leistungen oder für die gesamten innerhalb des Besteuerungszeitraums erbrachten Leistungen ermitteln.

Leistungen, die bei der Margenbesteuerung berücksichtigt werden müssen

Damit hätte O in die Margenbesteuerung auch jene Leistungen einbeziehen müssen, die ihre Organgesellschaften von Dritten bezogen hatten. Selbst wenn man diese Leistungen als einen innerorganschaftlichen Innenumsatz betrachte, würden diese Fremdleistungsbezüge nicht zu Eigenleistungen im Rahmen der Margenbesteuerung.

Nach Ansicht des BFH beeinflusst die Organschaft die umsatzsteuerrechtliche Einordnung von Leistungen und ist auch nach § 25 UStG zu beachten. Aufgrund der gesetzlich angeordneten Unselbständigkeit der Organgesellschaft war deren Tätigkeit hier eindeutig dem Organträger O zuzurechnen. Dies leitete der BFH zunächst daraus ab, dass sich die Wirkungen der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen des Organkreises, die als ein Unternehmen zu behandeln sind, beschränkten.

Dass § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG Innenleistungen ausdrücklich benenne, ändert laut BFH nichts daran, weil daraus nicht folge, dass die Organschaft im Verhältnis zu Dritten ohne Bedeutung sei. Die in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG ebenso ausdrücklich angeordnete Behandlung der inländischen Unternehmensteile sei hier vorrangig. Die Organschaft bewirke zudem nicht nur eine Zurechnung von Umsätzen, sondern beeinflusse auch die Höhe der für den Organträger entstehenden Steuer.

So komme es z.B. für den Vorsteuerabzug des Organträgers auf die Verhältnisse des gesamten Organkreises an. Beziehe der Organträger eine Leistung, die er an eine Organgesellschaft weitergebe, bestimme sich der Vorsteuerabzug nach der Verwendung der Leistung bei der Organgesellschaft.

Darüber hinaus beeinflusst die Behandlung der Unternehmensteile des Organkreises als ein Unternehmen auch die steuerrechtliche Qualifikation der Umsätze, die durch den Organkreis erbracht werden. Liefere der Organträger z.B. ein Grundstück, das durch die Organgesellschaft bebaut werde, führe die Behandlung als ein Unternehmen zu einer einheitlichen Leistung, auch wenn Lieferung und Bebauung durch unterschiedliche Unternehmen des Organkreises ausgeführt würden.

Bei den von Organgesellschaften mit eigenen Betriebsmitteln erbrachten Leistungen handelt es sich im vorliegenden Fall somit um Eigenleistungen, während die durch Organgesellschaften von Dritten bezogenen Leistungen Reisevorleistungen darstellen, die in die Margenbesteuerung einbezogen werden müssen. Durch die innerorganschaftliche Weitergabe dieser Fremdleistungen kommt es nicht zu einer Umqualifizierung von Reisevorleistungen in Eigenleistungen.

Dies gilt auch für die Fremdleistungen, die die Z-GmbH von Dritten bezogen und innerorganschaftlich an die A-GmbH weitergegeben hat. Bei einer solchen Einbeziehung müsste in die Margenermittlung bei zivilrechtlicher Betrachtungsweise auch die von der Z-GmbH innerorganschaftlich „eingekaufte“ Flugbeförderung einbezogen werden, soweit keine Steuerfreiheit nach § 25 Abs. 2 UStG besteht. Dies ist hier aber nicht zutreffend.

Einordnung von Zubringerflügen durch Dritte

Die von Dritten bezogenen Zubringerflüge stuft der BFH als personenbezogene Reisevorleistungen ein, die der Erbringung einer einheitlichen Gesamtleistung vom ersten inländischen Abflugort bis zum ausländischen Zielort und zurück dienten. Auf sogenannte Gestellungsverträge (Gestellung von Flugkapazitäten) kommt es dabei nicht an.

Zudem folgt aus der durch § 25 Abs. 1 Satz 3 UStG angeordneten Einheitlichkeit der Leistung auch, dass der Auslandsflug nicht als Hauptleistung anzusehen ist, zu der der Inlandsflug als Nebenleistung hinzutritt. Die Abgrenzung zwischen Eigenleistung einerseits und in die Margenbesteuerung einzubeziehende Reisevorleistung andererseits vollzieht sich nicht aus Sicht der Reisenden, sondern nach den tatsächlichen Umständen der Leistungserbringung.

Schließlich kommt die Anwendung der Billigkeitsregelung nach § 26 Abs. 3 UStG im Festsetzungsverfahren für den BFH nicht in Betracht.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zur Organschaft und zur Margenbesteuerung von Reiseleistungen weiter konkretisiert: Die Margenbesteuerung gilt auch bei Organschaften, allerdings bewirkt diese nach § 25 UStG, dass es sich nur bei den von Organgesellschaften mit eigenen Betriebsmitteln erbrachten Leistungen um Eigenleistungen handelt, während die durch Organgesellschaften von Dritten bezogenen Leistungen als Reisevorleistungen gelten, die in die Margenbesteuerung einzubeziehen sind. Diese Grundsätze sollten bei künftigen Betriebsprüfungen berücksichtigt werden.

BFH, Urt. v. 01.03.2018 - V R 23/17

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht