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Vorsteuerabzug auch ohne Gewinnerzielungsabsicht möglich?

Kann auch ohne eine Überschusserzielungsabsicht ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden? Und was gilt, wenn von einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) auszugehen ist? Nach dem Finanzgericht Köln schließt eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht - auch wenn eine vGA vorliegt - nicht zwingend einen Vorsteuerabzug aus. Ob ein Vorsteuerabzug möglich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Das Finanzgericht Köln (FG) hat mit dem Urteil vom 04.07.2019 (10 K 1962/15) dazu Stellung genommen, wie sich die fehlende Gewinnerzielungsabsicht auf die umsatzsteuerliche Behandlung auswirkt.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die A GmbH hat die Vercharterung von Flugzeugen als Unternehmensgegenstand. Je zur Hälfte beteiligt sind A und B, die auch zu Geschäftsführern bestellt sind. Beide verfügen über Flugerfahrung und über einen Pilotenschein. Das Flugzeug wurde für 250.000 € brutto erworben. Zur Finanzierung der Anschaffung hatten A und B jeweils 115.000 € als Darlehen mit einer Laufzeit von 20 Jahren zur Verfügung gestellt, rückzahlbar am Laufzeitende in einer Summe.

Das Flugzeug wurde in den Streitjahren zu einem Nettoentgelt von 3 €/Flugminute zzgl. Lande- und Anfluggebühren abzgl. von den Mietern zu übernehmender Treibstoffkosten verchartert. Die Vercharterung erfolgte fast ausschließlich an die Gesellschafter sowie an die Unternehmen (A-KG und B-KG), an denen die Gesellschafter beteiligt sind.

In den Streitjahren war das Flugzeug 187 Flugstunden in Betrieb, die Nutzung außerhalb des o.g. Personenkreises betrug 6,5 Flugstunden. Das Finanzamt wertete die Vercharterung des Flugzeugs an A und B sowie an die A-KG und B-KG als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) und ermittelte deren Höhe anhand der entstandenen Kosten.

Hinsichtlich der Umsatzsteuer verneinte der Prüfer die Nachhaltigkeit, so dass keine unternehmerische Tätigkeit gegeben sei. Infolgedessen wurde der Vorsteuerabzug sowohl aus der Anschaffung des Flugzeugs als auch aus den laufenden Kosten versagt.

Vercharterung als vGA

Unterhält eine Kapitalgesellschaft im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter ein Wirtschaftsgut und entstehen ihr aus diesem Anlass Verluste, ohne dass sich der oder die Gesellschafter zu einem Verlustausgleich zzgl. der Zahlung eines angemessenen Gewinnaufschlags verpflichtet haben, ist darin eine vGA anzunehmen.

Generell ausgeschlossen ist die Annahme einer vGA nur, wenn die Kapitalgesellschaft das verlustbringende Wirtschaftsgut ausschließlich aus betrieblichem Interesse und nicht auch gleichzeitig im Interesse einzelner oder mehrerer Gesellschafter unterhält.

Die im Einzelfall schwierige Abgrenzung hat in diesem Spannungsverhältnis danach zu erfolgen, ob durch die Verlusttätigkeit in erster Linie private Neigungen und Interessen der Gesellschafter befriedigt werden. Die dazu erforderlichen tatsächlichen Feststellungen decken sich dabei weitgehend mit jenen, die im Rahmen der Prüfung zu treffen sind, ob der Steuerpflichtige mit Gewinnerzielungsabsicht oder aber im Rahmen einer sogenannten Liebhaberei tätig wird.

Eine Flugzeugvercharterung ist nicht typischerweise in der Nähe des Hobbybereichs anzusiedeln. Gleichwohl verneint das FG das Bestehen einer Überschusserzielungsabsicht. Zu berücksichtigen ist dabei auf der einen Seite die steuerrechtlich grundsätzlich zu akzeptierende Entscheidung für die Vercharterung eines Verkehrsmittels als unternehmerische Grundentscheidung dafür, die mit einem solchen Geschäftsgegenstand verbundenen Chancen, zugleich aber auch die Verlustgefahren wahrzunehmen.

Auf der anderen Seite steht das persönliche Interesse der Gesellschafter der A GmbH am Fliegen, die ihre Entscheidung für die verlustbringende Tätigkeit ohne substantiierte Wirtschaftlichkeitsberechnung getroffen haben.

Die Beschränkung auf im Wesentlichen die Gesellschafter als Piloten bei Ansatz eines Vercharterungspreises von nur 3 € je Flugminute würde auch bei einer Gesamtvercharterungsdauer von weit über 100 Stunden angesichts der damit verbundenen Kosten insgesamt selbst dann nicht zu einem Gewinn führen können, wenn die GmbH das Flugzeug unabhängig von der Flugdauer über Jahre ohne Wertverlust nutzen könnte, weil im Rahmen einer Veräußerung der Flugmaschine ein Preis erzielbar wäre, der sich im Wesentlichen mit den Anschaffungskosten deckt.

Dementsprechend war nicht nur von bloßen Anlaufverlusten auszugehen, sondern von Verlusten, die durch persönliche Gründe oder Neigungen der Gesellschafter jedenfalls erheblich mitveranlasst und von dem Wunsch getragen waren, sich über die Einschaltung der A GmbH die erheblichen Anschaffungskosten des Flugzeugs für die betrieblichen Flüge steuerlich nutzbar zu machen und darüber hinaus in ihrer Freizeit ihren fliegerischen Neigungen nachgehen zu können.

Rechtsfolge ist die Annahme einer vGA in Höhe des im jeweiligen Veranlagungszeitraum angefallenen Verlusts zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags, der gemindert wird durch die aus der Verlusttätigkeit erzielten bzw. sonstigen Einnahmen.

Berechtigung zum Vorsteuerabzug

Trotz Annahme einer vGA nimmt das FG die Berechtigung der A GmbH zum Vorsteuerabzug an. Denn die A GmbH hat ihre Vercharterungstätigkeit nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen ausgeübt; die fehlende Gewinnerzielungsabsicht ist ohne Belang für die Unternehmenseigenschaft.

Die Berechtigung der A GmbH zum Vorsteuerabzug für die auf das Flugzeug entfallenden Aufwendungen war auch nicht durch die Sonderregelung gem. § 15 Abs. 1a UStG ausgeschlossen, nach der auch bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug diejenigen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar sind, die auf Aufwendungen entfallen, für die das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 bis 4, 7 oder des § 12 Nr. 1 EStG gilt.

So kommt das FG aufgrund der besonderen Ausstattung des Flugzeugs und seiner Eignung für den Instrumentenflug bei der Abwägung zu dem Ergebnis, dass die Maschine nicht einer Segel- oder Motorjacht ähnlich ist.

Vielmehr ist das Flugzeug aufgrund seiner Eignung für den Instrumentenflug wetterunabhängig für schnelle Beförderungen geeignet und daher eher einem schnellen Sportwagen (Porsche, Ferrari etc.) vergleichbar, für welchen bislang jedenfalls keine Einschränkung der Vorsteuerabzugsberechtigung erfolgt, als mit Segel- oder Motorjachten, für die der Vorsteuerabzug ausdrücklich ausgeschlossen ist.

Offensichtlich privat veranlasst waren lediglich diejenigen Flüge, hinsichtlich derer die Gesellschafter selbst das Flugzeug von der A GmbH gechartert hatten, so dass die betriebliche Veranlassung der im Rahmen der KGs unternommenen Flüge letztlich nicht fraglich ist und damit auch der Vorsteuerausschluss gem. § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG nicht eingreift.

Praxishinweis

Das FG hat eine wichtige Grenze bezüglich des Betriebsausgabenabzugsverbots gezogen: Ein Flugzeug, das für den normalen Güter- und Passagierverkehr geeignet ist und genutzt wird, fällt nicht automatisch unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 EStG. Vielmehr ist im Einzelfall zu untersuchen, ob ein Betriebsausgabenabzug und damit eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug besteht. Diese Entscheidung hat zudem noch einmal klargestellt, dass die Einordnung als vGA nicht automatisch den Vorsteuerabzug ausschließt.

FG Köln, Urt. v. 04.07.2019 - 10 K 1962/15

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht