Immobilien: Aufteilung der Vorsteuer bei Mischnutzung

Wie ist die Vorsteuer bei Immobilien aufzuteilen, die teilweise umsatzsteuerpflichtig und teilweise umsatzsteuerfrei verwendet werden? Nach dem BFH gilt für gemischt genutzte Gebäude: Vorsteuerbeträge sind nach dem objektbezogenen Umsatzschlüssel aufzuteilen, wenn erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der Räume bestehen. Als Maßstab kann somit auch das Mietpreisverhältnis herangezogen werden.

Mit Urteil vom 11.11.2020 (XI R 7/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass für gemischt genutzte Gebäude, bei denen erhebliche Unterschiede in der Ausstattung zwischen den einzelnen Gebäudeteilen bestehen, eine Aufteilung der Vorsteuer nach einem objektbezogenen Schlüssel erforderlich ist.

Sachlage im Streitfall

Die Steuerpflichtige ließ in den Streitjahren 2009 und 2010 ein Gebäude errichten, welches später verschiedenen Verwendungszwecken dienen sollte. Es war vorgesehen, das Gebäude später als Stadteilzentrum zu nutzen, wozu Teile des Gebäudes umsatzsteuerpflichtig an einen Supermarktbetreiber und ein weiterer Teil umsatzsteuerfrei an eine Seniorenwohnanlage verpachtet werden sollte.

Die Vorsteuer teilte die Steuerpflichtige nach dem Flächenschlüssel auf. Dies wurde in einer Außenprüfung beanstandet und der Anteil der abzugsfähigen Vorsteuer von 38 % auf 34 % vermindert. Nach Auffassung der Klägerin handele es sich jedoch um zwei getrennte Gebäude, für welche die Herstellungskosten auch getrennt zu ermitteln seien.

Aufgrund der unterschiedlichen Ausstattung sei daher ein Umsatzschlüssel anzuwenden, wodurch ein Anteil von insgesamt 48 % abziehbar sei. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage der Steuerpflichtigen ab und teilte die Vorsteuer ebenfalls nach dem Flächenschlüssel auf. Der BFH hob die Entscheidung des FG jedoch auf und wies die Klage an das FG zur anderweiten Verhandlung zurück.

Vorsteueraufteilung bei gemischt genutzten Gebäuden

Wird ein Gegenstand lediglich teilweise zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug zulassen, so ist die Vorsteuer gem. § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG nur für den Teil abziehbar, der wirtschaftlich den Umsätzen zuzurechnen ist, die zum Vorsteuerabzug berechtigen.

Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 UStG ist die Aufteilung der Vorsteuer nach einem sachgerechten Schlüssel vorzunehmen. Als Aufteilungsschlüssel bei Gebäuden kann dazu grundsätzlich das Verhältnis der Flächen der verschiedenen Gebäudeteile zueinander herangezogen werden.

Bestehen jedoch erhebliche Unterschiede in der Ausstattung der jeweiligen Gebäudeteile, ist die Aufteilung der Vorsteuer nach der Rechtsprechung des BFH (XI R 31/09) nicht nach den Flächen, sondern nach der Höhe der jeweiligen Umsätze vorzunehmen. Als alternativer Aufteilungsmaßstab kann somit auch das Verhältnis des Mietpreises herangezogen werden.

Aufgrund der erheblichen Unterschiede, die zwischen den Gebäudeteilen Seniorenheim und Supermarkt bestehen, war im Streitfall der Umsatzschlüssel und nicht der Flächenschlüssel heranzuziehen.

Praxishinweis: Steuerpflichtige sollten bei der Anschaffung oder Herstellung von Gebäuden, welche nur teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigen, beachten, dass nach der Auffassung des BFH nicht stets der Flächenschlüssel heranzuziehen ist, sondern bei erheblichen Ausstattungsunterschieden auch der Umsatzschlüssel herangezogen werden kann.

Dies kann dazu führen, dass auf den Teil, welcher zum Vorsteuerabzug berechtigt, ein höherer Anteil der Vorsteuer entfällt und somit diese Aufteilung für den Steuerpflichtigen günstiger ist. Bisher wurde diese Rechtsprechung des BFH insbesondere bei der Errichtung von Photovoltaikanlagen angewendet. Dort kann nicht anteilig die Vorsteuer des gesamten Gebäudes abgezogen werden, da die Dach- und Innenflächen nicht wesensgleich sind. Daher ist in diesen Fällen auf das Verhältnis der Vermietungsumsätze für die Dach- bzw. Innenfläche abzustellen.

BFH, Urt. v. 11.11.2020 - XI R 7/20

Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)

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